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nmz-archiv
nmz 2001/10 | Seite 27
50. Jahrgang | Oktober
Jeunesses Musicales Deutschland
Jeunesses Moderne Abenteuer Neue Musik
Erste deutsch-französische Sommerakademie für zeitgenössische Musik in Weikersheim 2001
38 neugierige junge Instrumentalisten aus Deutschland (Preisträger von Jugend musiziert) und
Frankreich (Studenten des Konservatoriums von Lyon) haben sich in diesem Sommer zum ersten Mal auf das Abenteuer
Neue Musik eingelassen. Begleitet von einem hochkarätigen Dozententeam begaben sie sich auf Entdeckungsreise
in neue Klang- und Hörwelten, probierten neue Spieltechniken aus und improvisierten ganze Nächte hindurch.
Schloss Weikersheim bot den passenden Rahmen für die vielseitigen musikalischen Abenteuer.
Kaum einen stimmungsvolleren Ort hätten die Veranstalter der ersten Sommerakademie Jeunesses Moderne,
das Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse (CNSMD) und die Jeunesses Musicales Deutschland
(JMD) wählen können: Das geschichtsträchtige im lieblichen Taubertal gelegene Schloss Weikersheim
aus der Renaissancezeit und sein prächtiger Barockgarten bildeten einen angenehm kontrastierenden Rahmen
zu dem zeitgenössischen Programm des Projektes. Dem Abenteuer Neue Musik waren Tür und
Tor geöffnet.
Das künstlerische Direktorium (Henry Fourès, Direktor des CNSMD, Prof. Martin Christoph Redel und
Prof. Dr. Reinhard Flender) hatte sich zum Ziel gesetzt, den jungen Musikern unterschiedliche Wege in die Welt
der Neuen Musik aufzuzeigen: Jeder Tag begann mit Improvisation. Fehler gibt es nicht und Alles
ist erlaubt lautete hier das Motto. Es galt, sich ganz auf die anderen zu konzentrieren und sich selbst
in das akustische Geschehen einzubringen.
Das befreit den Esprit, erklärte Fourès. Anschließend standen die jüngsten
Werke aus dem Repertoire auf dem Programm. Die Komponisten leiteten selbst die Proben ihrer Stücke, die
sie eigens für Jeunesses Moderne geschrieben hatten und die zum Abschluss des Projektes uraufgeführt
wurden. In den Ateliers zu neuen Spieltechniken war Experimentierfreudigkeit gefragt. Alles wurde ausprobiert:
wie man Holzblasinstrumenten Multi-Phonics und Whistle-Töne entlockt, wie man Streichinstrumente
außer mit dem Bogen auch mit Bleistiften, Stricknadeln oder Taschentüchern spielen kann oder wie
man ein Klavier präpariert. Aber auch die traditionelle Kammermusik sollte nicht zu kurz kommen:
In binationalen Ensembles wurden Klassiker wie das Quartett auf das Ende der Zeit von Olivier Messiaen
oder Kontraste von Béla Bartók einstudiert, aber auch Werke jüngerer französischer
und deutscher Komponisten. Musikwissenschaftliche Seminare rundeten das Angebot ab.
Alle Beteiligten hatten sich ausgiebig vorbereitet und so deckten sich die großen Anforderungen des
Programms mit den hohen Erwartungen der Abenteurer. Große Neugierde und offener Esprit machten
sich überall bemerkbar und die Begeisterung war schnell entfacht. Unter den elf Dozenten entstand sofort
ein ausgeprägter Teamgeist und man war voll des Lobes über das hohe musikalische Niveau der Teilnehmer.
Sprachbarrieren spielten aufgrund der durchgehend deutsch-französischen Gruppen bald keine Rolle mehr und
die wichtigsten Vokabeln der anderen Sprache waren im Nu gelernt. Zur Not half man sich mit Händen und
Füßen! Gemeinsame Feiern, Ausflüge, nächtliches Proben und Improvisieren sowie interne
Vorspiele und öffentliche Konzerte taten ein Übriges fürs Gruppenfeeling.
Nach einer Woche intensiver und fruchtbarer Arbeit bildeten eine Lange Nacht der Neuen Musik in
Weikersheim und ein Werkstattkonzert in der Wöhler Schule in Frankfurt den Abschluss von Jeunesses
Moderne. In beiden Konzerten, die der renommierte Komponist Peter Michael Hamel temperamentvoll und einfühlsam
moderierte, sprang die hohe Konzentration der Ausführenden, ihr Spaß an der Darbietung und ihre Begeisterung
für Neue Musik auf das Publikum über. Jeunesses Moderne wäre ohne die Zusammenarbeit
mit der SACEM, der Allianz Kulturstiftung und dem Deutsch-Französischen Jugendwerk nicht möglich gewesen.
Dankbar haben alle Teilnehmer das Abenteuer Neue Musik genutzt, um zu experimentieren und neue Erfahrungen
zu sammeln. Und alle, die im nächsten Jahr wieder dabei sein dürfen, sind schon gespannt, welche musikalischen
Abenteuer sie in Lyon erwarten.