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Ausgabe 2001/11
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nmz 2001/11 | Seite 4
50. Jahrgang | November
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Karfreitagszauber

 

Es war da ein Hammer, und der war aus Holz. Es war da ein Rebell in Leder, dem rechts und links wurst und oben und unten schnuppe ist. Es war da, 150 Jahre ist es her, ein Rebell in Samt, der einst Barrikaden stürmte und endlich dem König lieb zu Diensten und vielleicht lieb zu Liebesdiensten war. Die müssen zusammen, hatte der Computer mit charakterphysiognomischer Rasterfahndung ausgespuckt. Der Rebell in Leder wusste vom Rebell in Samt, dass dieser fress-, geld- und sexgeil gewesen sei. So sei es in glücklicher Fügung gekommen, dass er die Frau seines Geldgebers nach opulentem Mahl gleich zwischen dem Restgeschirr vergewaltigte – oder wenigstens fast. Danach war er auf der Flucht, wo ihm die Sturmszenarien zum „Fliegenden Holländer“ wie von selbst zuflogen. Heissa! War das ein Künstlerleben, träumt Christoph Schlingensief von Richard Wagner. Und so kamen das exquisite Label mit dem goldgelben Edeletikett, also die Marke des guten Tons und der Randale- und Exzess-suchende Kultur-Pöbler zusammen. Nichts, was es nicht schon gegeben hätte!

Dem Andienern Richards an Märchen-Ludwig (oder Ludwigs an Richard?) mochten ähnliche Präliminarien vorausgegangen sein. Leider kam im zweiten Fall kein Holländer heraus, und ob es mit dem projektierten Rheingold, heute müsste es so ähnlich wie Alpeneuro heißen, einst stimmen wird, ist fraglich. Schlingensief ist nämlich brav geworden. In antiödipaler Rückdrängung erzählt er immer von seinem Papa und wie lieb der den alten Richard gehabt hätte. Schon als Kind durfte Christoph am Sonntag nach Frühstück und Frühmesse (kein schlechter Beginn!) in der Badewanne den Klängen des Meisters lauschen. Wenn man bedenkt, was Jungens sonst noch alles in der Badewanne anstellen, dann kann man ermessen, wie eng die Bindungen zu Liebestod und zum Neidlichen Schwert geworden sein müssen.

Und jetzt kommt der Hammer aus Holz: Ein Potpourrie von Wagner-Hits, das Schlingensief einst vom Papa ins gebadete Ohr geflüstert bekommen hat. Heute freilich geht nichts mehr ohne Test. Schlingensief beschallte Salamis mit Klängen von Wagner – und siehe, sie schmeckten und verkauften sich besser. Das ist ja fast ein Karfreitagszauber, dachte sich da die Deutsche Grammophon. Den hat sie wohl nötig. Leider darf man aber an Karfreitag keine Wurst essen. Es ist nicht der einzige Irrtum.

Reinhard Schulz

 

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