Seit nahezu hundert Jahren spricht man nun von Neuer Musik, andererseits beklagen Kritiker in den
letzten Jahren immer öfter, dass bei vielen Uraufführungen nicht wirklich Neues zu hören gewesen
sei. Was das Neue interessant macht, ist, dass das Neue auf verschiedene Weise und in verschiedenen Varianten
ansetzt und deswegen auch oft nicht als solches anerkannt und erkannt wird. So der Kulturphilosoph Boris
Groys. Das authentisch Neue gab es nie und wird es auch nicht geben, das ist eine Illusion.
Wie alle Kunst- und Kulturbegriffe ist der Begriff des Neuen kontextabhängig. Das Nachdenken über
solche Varianten des Neuen, über verschiedene Kontexte scheint bei Kritikern nicht sehr ausgeprägt.
Trotzdem gibt es Komponisten, die immer wieder im emphatischen Sinne Neues schaffen, sei es im
Kontext ihrer eigenen künstlerischen Entwicklung oder vor dem Hintergrund des Erfahrungsschatzes eines
durchschnittlich gut informierten Musikfreunds. Fünf Vertreter verschiedener Generationen seien in dieser
Hinsicht kurz hervorgehoben: Klaus Huber, Helmut Lachenmann, Georges Aperghis, Helmut Oehring, Iris ter Schiphorst.
Lachenmanns Komponieren war lange Zeit an sein Mädchen mit den Schwefelhölzern gebunden.
In den letzten Jahren kommt nun wieder öfter Neues aus seiner Werkstatt, zuletzt Grido, sein
drittes Streichquartett, das am 2. November in Melbourne uraufgeführt wird. Auch Georges Aperghis machte
zuletzt mit Musiktheater von sich reden: mit Machinations, deren klanglich-szenische Eigenart sicher
den meisten als neu erscheinen wird. Nun steht sein Schaffen im Fokus von Wien Modern (bis 26.11.).
Fünf neue Werke Aperghis erleben hier ihre Uraufführung. Dem beglückend produktiven Klaus
Huber schließlich steht eine wichtige Musiktheaterpremiere bevor: Schwarzerde nach Texten
von Ossip Mandelstam erlebt am 3. November seine Premiere im Rahmen des vor Neuer Musik geradezu berstenden
Europäischen Musikmonats in Basel. Rumgammeln + warten, so der Titel von Helmut Oehrings und
Iris ter Schip-horsts neuer Gemeinschaftskomposition, am 7. November ebenfalls in Basel, wäre da sicher
das falsche Rezept.
bis 26.11.2001: Neue Werke von G. Winkler, A. Lucier, W. Mitterer, F. Nieder, R. González-
Arroyo und M. Feldman u.v.a., Wien Modern
01.11.-30.11.2001: Neue Werke u.a. von F. Zeller, M. Gordon/B. Morrison, M.-A. Turnage, D. Glanert,
M. Jarrell, M. André, D. Ott, R. Wohlhauser, J. Jazylbekova, T. Meadowcroft, M. Pintscher, E. Poppe,
F. Cerha, M. Nagl, O. Neuwirth, P. Eötvös, Y. Pagh-Paan, R. Platz, L. G. Bodin, G. Katzer, J.-C.
Risset, F. Neuhaus/Ch. Marclay, K. Lang, P. Billone, Europäischer Musikmonat Basel
bis 04.11.2001: Neue Werke von H. Oehring, M. Hidalgo, D. Feiler, J.A. Riedl, D. Schnebel (Glossolalie
2001), Klang-Aktionen München
03.11.2001: Bernfried Pröve: Arietta für Flöte, Klarinette, Horn, Schlagzeug und Elektronik,
Braunschweig
04.11.2001: Jens Josef: Musik für Flöten, Viola und Kontrabass, Wiesbaden
04.11.2001: Olga Kroupova: Conversion für Kammerensemble, Minden/Westfalen
08.11.2001: Jan van Vlijmen: Sextett, De Ijsbreker, Amsterdam
08.11.2001: Lars Ekström: A Fantasy over a Bounded String für Violoncello und Orchester,
Stockholm
08.11.2001: Susanne Stelzenbach/Ralf Hoyer: A Taste of 2001. Odyssee für drei Soprane, Sprecher,
acht Instrumente, Video und Klanginstallation, Kulturbrauerei Berlin
10.11.2001: Neue Werke für Orgel und Ensemble von G. Coates, V. Dinescu, St. Hippe, P. Kiesewetter,
L. Morciano u.a., ARTIONALE München.
10.11.2001: Violeta Dinescu: Sleeping Song" und Toy" für Kontrabaß
und Klavier,
Neues Werk für Akkordeon, Weingarten
11.11.2001: Wolfgang Rihm: Bonus für Englischhorn, 2 Trompeten, 1 Posaune, Harfe, Frankfurt
15.11.2001: Brian Ferneyhough: In Nomine à 3 für Streichtrio, Festival dAutomne,
Paris
15.11.-18.11.2001: Neue Werke von Giorgio Netti und James Dillon, Tage für Neue Musik Zürich
17.11.2001: Wilfried Maria Danner: Merlin in Soho, Kammeroper, Deutsche Oper Berlin
19.11.2001: Christoph Staude: Neues Werk für Harfe und Klavier, Neuss
23.11.-25.11.2001: Neue Werke von W. Hoban, N. Brass, I. Mundry, S. Demand, Y.
Kyrikiades; S. Pironkoff, C.-S. Mahnkopf, A. Bancquart, Bludenzer Tage zeitgemäßer Musik:
25.11.2001: Xiaogang Ye: Konzert für Pipa und Orchester, Saarbrücken
30.11.2001: James Wood: Autumn Voices für Ensemble, Huddersfield
30.11.2001: Misato Mochizuki: Noos für Orchester, WDR Köln