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Ausgabe 2001/11
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nmz 2001/11 | Seite 45
50. Jahrgang | November
Dossier: Popmusik

Pop-Genetik

 

Sie kennen Modedesigner, Autodesigner und Möbel-Avantgardedesigner. Dann wissen Sie viel, aber nicht alles. Pop-Designer kennen Sie nämlich nicht. Wie auch, schließlich ist dieser Beruf gerade erst im Kommen. RTL 2, dieser junge, dynamische Ibiza-Sender, hat jene Profession erfunden. Mit dem Format „Popstars“ rekrutiert RTL 2 die jugendliche, potenzielle Starelite des Staates und anstatt Zivildienst, ein soziales Jahr oder Wehrdienst zu leisten, tummeln sich Tausende von Sternchen in Hotelsälen, um beim Sichten der „No Angels“-Nachfolger vorzusingen, vorzuspringen, vorzutanzen und durchzufallen. Die Fleischbeschau wird durch eine powergeladene, für jeden Spaß zu habende Jury verifiziert, deren Mitglieder allesamt Großartiges im Bereich der Popularmusik vorzuweisen haben, sogar ein Tanzlehrer ist in der neuen Staffel dabei. Ein Kriterium, das in der heutigen und vor allem zukünftigen Popbranche von immenser Bedeutung ist. Nicht mehr singen muss man können, tanzen muss man, um singen zu können. Ausstrahlung muss man haben. Wo Afghanistan liegt, wer die NATO ist oder wieviel Bundesländer zur Bundesrepublik Deutschland gehören, das ist unbedeutend. So sieht die Zukunft der Popmusik aus. Keine Eigeninitiative mehr, keine Sangesfähigkeiten mehr, keine Kompositionen mehr. Nur noch restaurierte Songs und am Reißbrett konstruierte Erlkönige der Popindustrie. In 15 Jahren werden Sie nur noch weibliche Pop-Azubis bestaunen können, die von ihren Eltern als Britney Spears Abbild gezeugt, also geklont wurden. Tolle Aussichten für alle wirklichen Musiker, die als Kinder unter Gewaltandrohung der Eltern in die Klavierstunden der netten, greiselnden Dame von nebenan gezwungen wurden. Diese frühmusikalische Erziehungsnorm ist ab sofort nicht mehr nötig. Musikschulen können schließen, der an Schulen latent vorhandene Musikunterricht kann gestrichen werden. In Zukunft wird geklont. Jeder Künstler, der erfolgreich war, wird gnadenlos multipliziert.

Wie, Sie glauben, die klassische Musik ist davor sicher? Bestimmt lassen sich noch irgendwo verstaubte DNA-Reste der Gebeine Mozarts auftreiben. In spätestens 20 Jahren werden wir den jungen Mozart wieder erleben. Virtuos, vital und virenfrei. Und so mutiert die Musikindustrie vom einstigen Kulturbeschaffer zu einer riesigen Genindustrie. Nichts ist unmöglich. Es wird unvermeidbar sein, dass uns irgendwann, in dreißig oder vierzig Jahren, der coole, stets leicht bedödelte Udo Lindenberg wieder beehrt. Im schlimmsten Fall parallel zum noch lebenden, 100-jährigen Pendant. Leben und Musik endlich dreidimensional. Der ultimative Sound im unendlichen Leben. Mal ehrlich, außer bei Harald Juhnke ist das doch völlig unvorstellbar.

Sven Ferchow

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