[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2001/11 | Seite 29
50. Jahrgang | November
Deutscher
Tonkünstler Verband
Überfällige Positionsbestimmung liegt vor
Der Blick über den Zaun · Rock- und Popmusik in Deutschland
Am 24. September 2001 beschloss die Bundesregierung im Kabinett ihre Antwort auf die Große Anfrage der
Bundestagsfraktion der CDU/CSU zu Bestandsaufnahme und Perspektiven der Rock- und Popmusik in Deutschland.
Die unter Federführung von Staatsminister Professor Julian Nida-Rümelin entstandene Antwort unterstreicht
die Bedeutung der Rockmusik für alle Alters- und sozialen Schichten. Sie schildert die wirtschaftlichen,
rechtlichen und sozialen Bedingungen, unter denen die Musik produziert und konsumiert wird.
In diesem Zusammenhang weist die Regierung aber auch auf die im Grundgesetz geregelten, begrenzten Kompetenzen
des Bundes und die vorrangige Zuständigkeit der Länder und der Kommunen für die Kulturpolitik
hin. Die Antwort der Regierung gibt Auskunft über die Situation der Nachwuchskünstler, die Fördermöglichkeiten,
ferner über die demografische Struktur der Konsumentenszene, aber auch über rechtsextremistische Inhalte
dieser Musikrichtung und die Konsequenzen, die daraus zu ziehen sind und bereits gezogen wurden.
Im wirtschaftlichen Teil wird der Anteil ausländischer Produktionen am deutschen Markt geschildert, ferner
die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und der Europäischen Union sowie Auswirkungen
des rasanten technischen Wandels und die Konsequenzen der Tonträgerpiraterie. Der Text der Bundesregierung
ist als Drucksache Nr. 14/6993 auf der Internet-Seite des Deutschen Bundestages (www.bundestag.de)
abzurufen.
Zu dieser Antwort der Bundesregierung geben wir im Folgenden Auszüge aus der Erklärung des Obmanns
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Haushaltsausschuss, Steffen Kampeter MdB, und des kulturpolitischen Sprechers
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Norbert Lammert MdB, wieder.
Die Bundesregierung hat nach einem Jahr Nachdenken die Antwort auf die Große Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
zu Bestandsaufnahme und Perspektiven der Rock- und Popmusik in Deutschland vorgelegt. Damit liegt
endlich die überfällige Positionsbestimmung der Bundesregierung für einen wichtigen Teil der
bundesrepublikanischen Kreativwirtschaft vor. Der Umfang der Beantwortung unterscheidet sich wohltuend von manchen
eher pflichtmäßig und knapp beantworteten Anfragen. Es wurden erstmals eine Reihe von Fakten und
Sachverhalten zusammengetragen, die für die Entscheidungsträger bei Bund, Ländern und Gemeinden
von großem Interesse sind. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt, dass mit der Beantwortung
ihrer Anfrage durch die Bundesregierung sich nun auch die Politik der populären Musik zuwendet, die bislang
zwar in der breiten Öffentlichkeit, nicht aber in der Politik auf besondere Beachtung gestoßen ist.
Für unsere Fraktion sind bei der qualitativen Beurteilung folgende Gesichtspunkte relevant:
1. Die Bundesregierung hat offensichtlich kein plausibles Konzept für diesen Bereich der Kreativwirtschaft.
Ihr wiederholter Verweis auf die Zuständigkeiten der Länder und Kommunen kann nicht darüber hinwegtäuschen,
dass für die rechts- und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen kaum überzeugende Konturen zu erkennen
sind. Dies gilt zum Beispiel für die steuerliche Behandlung des Veranstaltungswesens, aber auch für
Aspekte der außenwirtschaftlichen Förderung der Musikwirtschaft.
2. Die in weiten Teilen offensichtlich löchrige Datenbasis der Beantwortung zeigt die Notwendigkeit für
eine leistungsfähige, umfassende Kulturstatistik und erheblichen wissenschaftlichen Forschungsbedarf.
3. Die in der Antwort deutlich gewordene Konzentration der Musikförderung auf den Deutschen Musikrat steht
in einer gewissen Spannung zu den im Musikrat hauptsächlich organisierten Interessen der E-Musik. Gemeinsam
mit den Bundesländern müssen hier gegebenenfalls neue Instrumente der Unterstützung entwickelt
werden.
4. Die Bundesregierung erkennt den Bedarf an Aus- und Fortbildung im Bereich der Rock- und Popmusik. Gemeinsam
mit den Ländern müssen hier nun auch Taten folgen.
5. Wir begrüßen die Absage der Bundesregierung an die Quotierung von nationaler Musik. Die internationalen
Erfahrungen lassen bezweifeln, dass mit diesem Instrument eine Förderung der deutschsprachigen Musik erreicht
werden könnte.
6. Wir begrüßen nachdrücklich die Festlegung der Bundesregierung, dass sie keine Internetsteuer
anstrebt. Eine entsprechende Abgabe wäre kontraproduktiv und innovationsfeindlich.
7. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion erwartet, dass die Bundesregierung aus der von ihr mit dieser Antwort vorgelegten
Defizitanalyse der urheberrechtlichen Situation nun auch Konsequenzen zieht und entsprechende rechtliche Vorschläge
unterbreitet. Davon unbeschadet unterstützt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Eigeninitiativen der Kreativwirtschaft
wie copy kills music oder das right protection system.
8. Wir vermissen die politische Konsequenz der Bundesregierung aus der von ihr selbst getroffenen Feststellung,
eine strikte Aufteilung in U- und E-Musik sei nicht mehr zeitgemäß, im Bezug auf die Unterschiede
in den Vergütungsstrukturen des Urheberrechtes. Die Bundesregierung bekennt sich zwar klar zu einer Verantwortung
für die rechts- und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen von Kunst und Kultur, lässt die Umsetzung
oder gar den Willen zu einer entsprechenden Umsetzung aber vielfach vermissen. Die Beantwortung bedarf einer
breiten Erörterung. Wir begrüßen es daher, dass die CDU Deutschland ein Dialogforum Musikwirtschaft
gegründet hat, um die anstehenden Aufgaben noch in diesem Herbst gemeinsam zu erläutern. Die Antwort
auf die Anfrage wird einer der Diskussionspunkte sein.