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nmz-archiv
nmz 2001/12 | Seite 8
50. Jahrgang | Dez./Jan.
Kulturpolitik
Vom Sterben der Musik-Note
Musikdarstellungen auf Geldscheinen eine kleine Retrospektive
Noten auf Noten? Noch gibt es sie nicht: Tönende Banknoten. Aber die Geldmacher etlicher Länder
fanden es immer wieder wert, die Wertpapiere in unseren Brieftaschen mit musikalischen Motiven und Symbolen
zu zieren. Der Euro gibt uns aktuellen Anlass, einen Abschiedsblick in die Spezialsammlung unseres Redaktionsmitgliedes
Eckart Rohlfs zu werfen.
Musikdarstellungen auf Münzen das gab es schon in der Antike. Musikmotive auf Geldscheinen dagegen
sind selten. Unter vielen tausend offiziellen Banknoten europäischer Länder finden sich in den zurückliegenden
hundert Jahren gerade 15 solche mit musikbezogenen Themen: welch große Ehr und Anerkennung für
die Kunstsparte Musik, dass neben oder statt Staatsoberhäuptern und Staatsemblemen Komponisten, Opernhäuser
und Instrumente auf Geldnoten unters Volk gebracht werden. Zweifellos ein bedeutsames Stück Bildungsarbeit
für Jedermann.
Untersucht man darüber hinaus während der Krisenjahre nach dem Ersten Weltkrieg den grauen Geldmarkt,
so trifft man ähnlich auf kunstbewusstes Ansinnen. Auf den kurzlebigen Notgeldscheinen zwischen 1918 und
1923, dem Inflationshöhepunkt, offenbart sich eine enge Verbundenheit der Kommunen gegenüber ihrem
heimischen Musikerbe. Musikpraxis und -tradition im Heimatlied, Volksinstrumente und Aufführungsstätten
wurden zu beliebten Motiven auf dem Ersatzgeld dieser Zeit. Denn Münzen waren rar. So halfen sich die Städte,
ja auch kleine Gemeinden in Deutschland und Österreich, mit mehr oder weniger künstlerisch konzipierten
Papierchen und einer Wertangabe zwischen fünf Pfennig und einigen Milliarden Mark. Solches papierne Notgeld
als begrenzt einlösbare Gutscheine für Echtgeld waren zum Beispiel von örtlichen
Sparkassen zunächst in einfachem Druck hergestellt und wurden nach und nach immer schmuck- und fantasiereicher
ausgestaltet. Da finden sich folkloristische Details, Volkslieder, Wandervogel, Minnesänger, historische
Musikszenen, ja der Abdruck von denkwürdigen Urkunden zweifellos lässt sich die wenig erforschte
Geldscheinsparte der Numismatik noch als ergiebige Quelle musikalischer Lokal- und Sozialgeschichtsforschung
entdecken.
Von all diesen Noten mit dem Hauch von Musik in Mark, Franc, Lire, Schilling, Peseta und dergleichen gilt es
nun mit dem Jahre 2002 Abschied zu nehmen. Dass die nun in unsere Geldtaschen wandernden Euros dereinst auch
mal von Musik sprechen werden, und dass damit gute Musik in unserer europäischen Gesellschaft zum jedem
zugänglichen Maßstab werde, solches wünschen sich kooperierend Europas Musikzeitschriften
eine Initiative, die in gleicher Weise auch für den Europäischen Musikrat eine verdienstvolle Hauptsache
sein könnte?
Eckart Rohlfs
Markneukirchen 1918/19: 50 Pfg., Vogtländer Geige, Pfretschnerbogen und Gitarre
Bayreuth 1918: 50 Pfg., Festspielhaus
Mindelheim 1923: 100 Millionen Mark, Alte Glocke Einklang Wohlklang
Duisburg 1923: 5 Millionen Mark, Stadttheater
Euro-Fragebogen an die Leser der nmz
Die französische Musikzeitung La lettre du musicien hat ihren Lesern zwei musikalische Fragen
zum Thema Europa gestellt. Die nmz schließt sich diesem Projekt an und bitten Sie um Ihre Meinung: