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nmz-archiv
nmz 2001/12 | Seite 39
50. Jahrgang | Dez./Jan.
Jazz, Rock, Pop
Hits & Clips
Alizèe: Moi Lolita
Ein junges Mädchen kommt mit der kleinen Schwester vom Land, wo sie in ärmlichen Verhältnissen
lebt, in die Stadt. In der Disco bezaubert sie mit ihrer Natürlichkeit alle Jungs, aber sie tanzt doch
nur fürs Schwesterchen. Soweit das Video. Je harmloser man es zu beschreiben versucht, desto unheimlicher
wird einem diese französische Päderasten-Kompatibilität, für die die 15-jährige Korsin
Alizée benutzt wird. Hier ein Augenaufschlag, da der typische schief gelegte Kopf, dann ein unschuldiges
Tänzchen, und dazu singt sie im weichen Europop-Sound, dass sie Lolita heiße, Wasser des Lebens,
Wasser wie Liebessintflut. Das Ganze beginnt mit Geigen, zu denen ein sanfter Technosound-Rest die übliche
Kadenzhörigkeit unterstreicht, der Beat beginnt im Midtempo zu klopfen, der Rest wird durch das sukzessive
Hinzufügen von Fülle geregelt: unten eine gezupfte akustische Gitarre, mittendrin Verstärkung
des Beats, und obendrüber noch ein paar Discogeigen.
Afroman: Because I Got High
Mit einer einzigen stoisch wiederholten Melodielinie vernebelt der Comedy-Hip-Hopper Joseph Foreman die Charts.
Diese Farce auf der Ebene von Anton aus Tirol oder Who let the dogs out bläst
mit schwerfälligem HipHop-Torkel-Rhythmus einen neuen Duft in die beginnende Weihnachtsstimmung. Der
allgemeine Trend zur Sympathie für Kiffer-Loser hilf mit. Nichts scheint lustiger zu sein als angetörnt
blöde grinsende Typen im Video inklusive der Off-Hollywood-Figuren Jay & Silent Bob
für die Szene-Authentizität. Das Stück lebt von der Imitation der Studio-Liveatmosphäre,
permanent lallt oder kichert jemand dazwischen, was der Angelegenheit einen munteren Anstrich verleiht. Textlich
lässt sich Afroman gar nicht lumpen: Seine Kifferfigur schafft weder den Job, und mit dem Sex klappts
auch nicht. Und somit wird durchs Hintertürchen eben doch ganz brav vor der Nachahmung gewarnt.