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nmz-archiv
nmz 2002/02 | Seite 30
51. Jahrgang | Februar
Deutscher
Tonkünstler Verband
Musikermedizin und Musiktherapie
Fachvorträge auf der Tagung des Bundesfachausschusses freie/private Musikschulen im DTKV
Gleich zwei Fachvorträge rundeten die Tagung des Bundesfachausschusses Freie/Private Musikschulen im DTKV
in Mainz ab: zum einen gab Ruth-Iris Frey-Samlowski eine Einführung zum Thema Musikermedizin an Musikschulen
und zum anderen referierte Marjolein Kok über die praktische Umsetzung von Musiktherapie an Musikschulen.
Die Leiterin der Fachgruppe für Musiktherapie an der städtischen Musikschule Mannheim berichtete
über ihre eigene Ausbildung und die sehr gestreuten Ausbildungsmöglichkeiten von autodidaktischem
Lernen über private Institute bis hin zu Musikhochschul- und Universitätsausbildung. Obwohl die Musiktherapie
der Psychologie oder der Medizin zugeordnet ist und im Gesundheitsbereich sehr angesehen und gefragt ist, fehlt
ihr bis heute die Qualifizierung zu einer in der Heilkunde offiziell anerkannten Therapie. Musiktherapie untersucht
die Funktion und Auswirkung von Musik auf menschliche Verhaltens- und Reaktionsweisen hin, um die Erkenntnisse
in Diagnose und Behandlung einzusetzen. Handlungsaktivierende Musiktherapie ist so ein pädagogischer Ansatz,
dessen Zielsetzung sich an der Krankheitslehre orientiert. Mit ihrer Hilfe lässt sich, individuell angewandt,
realitätsbezogenes Verhaltensrepertoire reparieren, kompensieren oder auch entwickeln. Mit zwei Videobeiträgen
aus ihrer Arbeit verdeutlichte Marjolein Kok Möglichkeiten der Umsetzung. Sie erklärte, dass ihre
an die Musikschule angegliederte Arbeit für diese eine wichtige Ergänzung darstelle. Allerdings bleibt
anzumerken, dass dies nur dann zum Erfolg führt, wenn die Musikschulen sich ernsthaft mit den Inhalten
von Musiktherapie, dem Bedarf vor Ort und den Möglichkeiten dieses Fachs auseinander setzen. Selbstverständlich
dürfen nur Absolventen des Studiengangs Musiktherapie zum Einsatz kommen und deren Tätigkeit ist in
das jeweilige Musikschulkonzept zu integrieren. In ihrem Vortrag Musikermedizin brauchen wir das
an Musikschulen? gab Ruth-Iris Frey-Samlowski Begründungen für eine unumgängliche Berücksichtigung
dieser Thematik im Musikschulalltag nach dem Motto: Gesund musizieren auch noch übermorgen das liegt
in der Verantwortung eines jeden Musikpädagogen! Der klaren Definition von und Begründung für
Musikermedizin folgte ein kurzer geschichtlicher Überblick mit dem Stand der Musikermedizin heute, angefangen
bei der Rolle der Musikermedizin im Curriculum der musikpädagogischen Ausbildung an Musikhochschulen über
die Frage nach qualifizierter Fortbildung bis hin zur Hilfe bei spezifischen Problemen. Hierzu gab Ruth-Iris
Frey-Samlowski viele hilfreiche Hinweise, wichtige Adressen, Internet-Links und wesentliche Literatur zur Einführung,
Vertiefung und Aktualisierung. Symptome, Anamnese, Diagnose, Therapie, vor allem aber der Präventionsgedanke
wurden sodann erläutert und anhand einer ausführlichen Beispielsammlung für mögliche Prävention
in der täglichen Arbeit, auch mit Therapieangeboten als Prävention (hier sind etwa Alexandertechnik,
Feldenkrais, Balance-Therapie, nicht aber Musiktherapie im Sinne des Vortrags von Marjolein Kok gemeint), diskutiert.
Der Schlüssel zur Vorbeugung oder Verhinderung von Berufskrankheiten liegt nach Ansicht der Referentin
eindeutig in der Hand der Anfangspädagogik, und freie/private Musikschulen können durch Aus- und Weiterbildung
ihrer Lehrkräfte im musikermedizinischen Bereich, durch besondere Berücksichtigung des Präventionsgedankens,
durch spezielle Angebote von Therapien und durch bestqualifizierte Pädagogen im Anfangsunterricht hier
einen besonderen Beitrag leisten.