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nmz-news
nmz 2002/02 | Seite 2
51. Jahrgang | Februar
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Ernst von Siemens Musikpreis 2002 für Nikolaus Harnoncourt
Der österreichische Dirigent, Cellist und Musikforscher Nikolaus Harnoncourt erhält in diesem Jahr
den internationalen Ernst von Siemens Musikpreis, der nach der neuen europäischen Einheitswährung
jetzt mit 150 000 Euro dotiert ist, also höher als in der Vergangenheit in Mark (250.000 DM). Die Bayerische
Akademie der Schönen Künste wird Harnoncourt die Auszeichnung am 28. Mai 2002 bei einem Festakt im
Münchner Cuvilliéstheater überreichen. Die Laudatio hält der an der Harvard Universität
lehrende Musikwissenschaftler Christoph Wolff. In der Begründung der Jury heißt es unter anderem:
Mit Nikolaus Harnoncourt wird ein Künstler geehrt, dessen Name eng mit der Entwicklung der sogenannten
historischen Aufführungspraxis in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verbunden ist. Den eingeschliffenen,
in der spätromantischen Ästhetik wurzelnden Aufführungsgewohnheiten hat er ein Interpretationsmodell
entgegengesetzt, das auf kritischem Quellenstudium, genauen Kenntnissen der alten Spielpraktiken und der Verwendung
historischer Instrumente beruht. Mit seiner Arbeit hat er wesentlich dazu beigetragen, das Erscheinungsbild
der Musik vergangener Epochen vom Firnis der Jahrhunderte zu befreien. Damit eröffnete er neue Perspektiven
auf die Tradition und ermöglichte einer ganzen Generation von Musikliebhabern, die großen Werke der
Vergangenheit neu zu hören. Nikolaus Harnoncourt, am 6.Dezember 1929 in Berlin geboren, studierte
Musik in Wien, unter anderem Cello bei Paul Grümmer. Von 1952 bis 1969 war er Cellist bei den Wiener Symphonikern.
Seine reformerische Tätigkeit begann 1953, als er zusammen mit seiner Frau, der Geigerin Alice Hoffelner,
den auf alte Musik spezialisierten Concentus Musicus Wien gründete. Der Zürcher Monteverdi-Zyklus
und der sich anschließende Mozart-Zyklus, von ihm dirigiert und von Jean-Pierre Ponnelle inszeniert, errangen
Weltruhm. Später hat sich Harnoncourt, immer weiter ausgreifend, auch das romantische Repertoire erarbeitet.
Seine Auseinandersetzung mit Beethovens Sinfonik, für die er sich mit dem European Chamber Orchestra verbündete,
gehört zu den Großtaten in der modernen Beethoven-Interpretation, auf einer Höhe mit Vorläufern
wie Leibowitz oder Gielen. Die Siemens-Stiftung hat auch wieder Förderpreise in Höhe von 1.150.000
Euro ausgesetzt. Drei Komponistenpreise gehen an Mark André, Charlotte Seither und Jan Müller-Wieland.
Foto: Charlotte Oswald
Gilbert Bécaud
Man nannte ihn Monsieur 100.000 Volt: Gilbert Bécaud. Der stimmgewaltige Sänger, Pianist,
Komponist und Schauspieler gehörte seit den 60er-Jahren auch hierzulande zu den populärsten Entertainern
aus Frankreich. Der Chansonnier starb am 18. Dezember in Paris an Krebs. vr
Miss Fever: Peggy Lee
Sie begann in den frühen Vierzigern als Bandsängerin bei Benny Goodman: Peggy Lee. Ein Vertrag mit
Capitol Records machte sie Ende des Jahrzehnts zu einer der populärsten Sängerinnen Amerikas. Mit
Manana und Bali Hai konnte sie damals ihre größten Hits landen. Unsterblich
wurde sie freilich erst in den Fifties mit einer Adaption des Little-Willie-John-Songs Fever. Sie
verwandelte den RhythmnBlues-Hit in einen unglaublich relaxten Schlager, der zuletzt sogar Klaus
Theweleit zu einem großen Buch über Pocahontas inspirierte. Mustergültig war auch
ihre melancholische Version der Leiber & Stoller-Ballade Is That All There Is. Erst in den letzten
Jahren wurde Miss Peggy Lee auch von den Jazz-Puristen entdeckt, als Schwester von Ella Fitzgerald, Sarah Vaughan
und Billie Holiday. Die Jazzsängerin starb im Alter von 81 Jahren in Los Angeles. vr
Doppeldirigent
Der italienische Dirigent Riccardo Chailly (48) ist Nachfolger des Leipziger Gewandhauskapellmeisters Herbert
Blomstedt. Chailly soll ab 2005 nicht nur das Amt des Gewandhauskapellmeisters übernehmen, sondern gleichzeitig
Generalmusikdirektor der Leipziger Oper sein, die ebenfalls vom Gewandhausorchester bespielt wird. Diese Doppelfunktion
war für den italienischen Stardirigenten sicher ein Anreiz, nach Leipzig zu kommen. Kennt er sich doch
im Genre Oper bestens aus, denn seine Laufbahn begann vor 30 Jahren als Operndirigent. Schon mit 19 Jahren arbeitete
Chailly als Assistent von Claudio Abbado an der Mailänder Scala. Sein Debüt am Scala-Pult gab er 1978.
Seit 1988 ist er Chef des Amsterdamer Concertgebouw Orchester. Bekannt machten den Italiener seine Auftritte
mit Opern-Stars wie Pavarotti, Caballé, Bartoli oder Te Kanawa.
Max Bignens
Sein Name steht auf dem Besetzungszettel einer der wichtigsten Premieren der neueren Musikgeschichte: Max Bignens
schuf die eindrucksvolle, unvergessene Ausstattung für die Uraufführung von Bernd Alois Zimmermanns
Soldaten an der Kölner Oper im Jahre 1965. Der Schweizer Bühnenbildner, der noch bei Emil
Preetorius in die Lehre ging, war bis 1970 Ausstattungschef an den Kölner Bühnen, davor in München
am Gärtnerplatztheater und in Darmstadt. Max Bignens hatte zunächst, auch an Schweizer Theatern, vornehmlich
für das Schauspiel gearbeitet. Seine Bühnenbilder boten oft das, was man Augenfutter nennen
darf, dabei waren sie aber immer auch dramaturgisch schlüssig. Eine griffige moderne Handschrift, die Bühnenräume
öffnend, entwickelte Bignens dann nach seiner Kölner Zeit in der Zusammenarbeit mit dem argentinischen
Regisseur Jorge Lavelli. Ihre Inszenierungen, in Brüssel, Genf, Paris, an der Mailänder Scala, in
Venedig, Wien und bei den Festspielen von Aix-en-Provence zu erleben, dürfen als markante Beiträge
zu einem modernen Musiktheater gezählt werden. Jetzt ist der 1912 in Zürich geborene Max Bignens in
seiner Geburtsstadt im Alter von 89 Jahren gestorben. gr
Weingarten sechzig
Seit einem knappen halben Jahr ist der ehemalige Intendant des Berliner Philharmonischen Orchesters, Elmar Weingarten,
Geschäftsführer des prominentesten Orchesters für zeitgenössische Musik, dem Ensemble Modern
(EM). Der erfolgreiche Musikmanager wird am 20. Februar 2002 sechzig. Die ersten vier Zahlen ergeben gespiegelt
genau die Jahreszahl 2002. Ein zufälliges Zahlen-spiel, das aber dem Orchester vielleicht das Stichwort
gab, am 20. Februar im Konzertsaal der Schirn Kunsthalle Frankfurt unter anderem John Cages Zahlenspiele
aufzu-führen. Mehr darüber auf Seite 48. Von der Anstellung Weingartens erhofft sich das EM den Ausbau
des Frankfurter Probenzentrums zu einer umfassenden Akademie für neue Musik. Gleichzeitig mit dem Orchestermanagement
übernahm Weingarten auch die Leitung der Deutschen Ensemble Akademie (DEA).
Schneider verärgert
Der Intendant des Berliner Konzerthauses, Frank Schneider, sieht durch zusätzliche Sparauflagen des Berliner
Senats das künstlerische Profil seines Hauses gefährdet. Er werde notfalls über einen Rücktritt
nachdenken, sagte Schneider. Nach einer zusätzlichen Sperrung von drei Prozent der Zuwendungen für
das laufende Haushaltsjahr stünden im Jahr 2002 noch einmal 650.000 Euro weniger zur Verfügung. Er
werde jetzt das Gespräch mit Kultursenator Thomas Flierl (PDS) suchen, weil er nicht bereit sei, das schleichende
Ende des
Konzerthauses zu verwalten, sagte Schneider.