[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2002/02 | Seite 37
51. Jahrgang | Februar
Weltmusik
Eine Zirkusshow mit Namen Virus
Heavy-Metal-Band Paternoster im Circus Flic Flac
Beim Circus Flic Flac ist alles anders: keine Tiere, kein Conférencier und keine Kapelle, die irgendwelche
Jazz-Standards quäkt und je nach Programm mit einen Tusch oder einer Locke anreichert. Für Flic Flac
spielt eine vierköpfige Rockband in Mönchsgewändern, die sich entsprechend Paternoster
nennt. Krish (Gesang, Gitarre), Sinclair (Keyboards), Sascha (Bass) und Tom (Drums) stehen auf einer eigenen
Bühne über dem Artisteneingang, was das Einzige ist, das sie mit herkömmlichen Zirkusmusikern
gemein haben. Die Kutten tragen dem Umstand Rechnung, dass es da oben manchmal ganz schön warm wird; nicht
zuletzt deswegen erscheint Krish mit seiner Gitarre gelegentlich singend im Publikum und Funktechnik machens
möglich.
Anstelle der Raubtiernummer: Metaller-Band Paternoster. Foto: Paternoster
In dieser Besetzung spielen sie seit Februar 2001. Sinclair etwa kam durch eine Anzeige hinzu: Keyboarder
in Festanstellung gesucht. Bis vor drei Jahren gab es bei Flic Flac Musik ausschließlich von der
Konserve, bis Zirkuschef Benno Kastein auf die Idee mit der Heavy-Metal-Band kam. Zur Urbesetzung gehörte
als Sänger das Multitalent Sam Beck, der auch heute noch für die Stücke verantwortlich ist: er
bekommt Videos neuer Nummern und schreibt dazu neue Stücke, auch mit deutschen oder englischen Texten.
Die Band erhält von ihm ein Demo, der Keyboarder auch Noten und dann wird geprobt.
Die Musik geht genau wie das artistische Programm hart zur Sache, wird aber nicht extrem laut. Mit dem Sound
im Zirkuszelt sind sie nur begrenzt zufrieden; auf der CD Virus (zirka 10 Euro von Circus Flic Flac,
Högerdeich 19, 46419 Isselberg oder bei den Vorstellungen) hört man Paternoster erheblich präziser,
allerdings fehlt der Nervenkitzel der Show, die was Wunder Virus heißt.
Neun Vorstellungen die Woche, etwa tausend Auftritte in zwei Jahren, zwischendurch drei bis vier Umzugstage,
keine Chance zum Krankmachen: man sieht den Musikern beim mittäglichen Gespräch den Stress an. Aber
Routine? Manche Stücke spielen sie seit Jahren, aber Spaß macht es jedes Mal wieder (nur einer, hier
ungenannt, will seinen Vertrag nicht verlängern). Paternoster sind eben auch vom Virus infiziert. Und das
bedeutet: Kurz vor Ende des Programms scheint sich der Artisteneingang zusammenzu- falten und abzusenken. Die
Gruppe ist voll angestrahlt und dann dreht sich ihre Bühne, so dass die Musiker vorübergehend
auf dem Kopf spielen. Sie hängen mit den Füßen in Schlaufen, Gitarre und Bass sind mit Gurten
gesichert, Keyboard und Drums verschraubt. Die krude Idee der Rocky Horror Circus Show stammt natürlich
wieder vom Benno. Der ist auch schuld, dass der schwer Virus-gebeutelte Besucher nach der Show schlecht einschlafen
kann.