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nmz-archiv
nmz 2002/04 | Seite 23
51. Jahrgang | April
Hochschule
Eine für die Zukunft abgesicherte Institution
Bruno Ernst und sein Abschied von der Landesakademie Ochsenhausen
Neben Werken von Hans Zender und Wolfgang Rihm stand beim Konzert der Jungen Deutschen Philharmonie am 22.
März in der Landesakademie für die musizierende Jugend in Baden-Württemberg auch
Franz Schuberts Unvollendete auf dem Programm. Das war kein Zufall: Mit dem Sinfoniekonzert verabschiedete
die Landesakademie Ochsenhausen ihren langjährigen Direktor Bruno Ernst in den Ruhestand. Zu seinem Abschied
hatte sich Ernst dieses Werk gewünscht: Das Beamtenleben geht zu Ende, aber nicht das Leben für
die Musik. Ganz oben auf seiner Agenda steht die Weiterführung seiner wissenschaftlichen Arbeit,
dann das Orgelspielen sowie der Gesangsunterricht.
Abschied nach 15 Jahren: Bruno Ernst. Foto: Landesakademie Ochsenhausen
Der scheidende Akademieleiter hat im Laufe seiner Karriere schon einige Berufe ausgeübt: Sänger,
Grund- und Hauptschullehrer, Musikdozent, Wissenschaftler, Organist, Professor oder Studiendirektor. Dazu Bruno
Ernst: Für den Beruf eines Musikakademiedirektors kann man gar nicht genug können. Seine
Biografie schritt dabei in Sieben-Jahres-Zyklen voran: Mit 21 Jahren kam er 1962 als Solist an die
Bayerische Staatsoper. Gegen den Rat seiner Kollegen ging er 1969 in den Schuldienst (Grund- und Hauptschule).
Nur um weitere sieben Jahre später als Dozent und Referatsleiter für Musik an der Akademie für
Lehrerfortbildung Dillingen tätig zu werden. Daran schlossen sich sieben Jahre als Studiendirektor für
den vokalen Bereich an der Katholischen Universität Eichstätt an. Daneben promovierte Ernst an der
Universität Regensburg in Musikwissenschaft, um dann ab 1987 Leiter der Baden-Württembergischen Landesmusikakademie
Ochsenhausen zu werden. Hier blieb er bis heute: volle 15 Jahre. In Ochsenhausen musste Ernst mehr oder weniger
bei Null beginnen: Noch gab es nicht die prächtigen Räume der Benediktiner-Abtei, noch keine personelle
Infrastruktur. 15 Jahre später ist die Akademie eine funktionierende, voll ausgelastete und für die
Zukunft abgesicherte Institution (im Musik- und Kulturbereich heute keine Selbstverständlichkeit). Ich
brauchte doch zwei, drei Jahre Anlauf erinnert sich der erste Akademiedirektor. Ich dachte, ich
könnte sofort lehren, saß dann aber in unendlich vielen Bausitzungen.
Einige Fakten mögen belegen, was in 15 Jahren erreicht wurde: Pro Jahr werden bis zu 180 Kurse durchgeführt,
beinahe 50 Konzerte finden jährlich statt. Die angepeilte Maximalzahl von 18.000 Teilnehmertagen wurde
auf über 32.000 gesteigert. Weiter erhöhte Ernst im Laufe der Jahre den Stellenplan auf heute 34 Mitarbeiter.
Davon sind neben dem Direktor zwei Dozenten und ein Musikbibliothekar als fachliche Mitarbeiter tätig.
Im Zeitalter von Outsourcing und Catering ist es sicher bemerkenswert, dass die Akademie in Verwaltung, Küche
und Übernachtungsbetrieb alles aus eigener Kraft schafft und daher ein Arbeitgeber von der Größe
eines mittelständischen Betriebs ist.
Bei allen Mühen des Anfangs, damals flossen öffentliche Gelder besser als heute. Baden-Württemberg
lebte gut im Späth-Kapitalismus und die Teufel-ischen Jahre, in denen die Mittel
nicht mehr so großzügig bemessen waren, lagen noch in ferner Zukunft Dennoch gibt es keinen Grund
zur Klage. Heute finanziert sich die Akademie zu fast 50 Prozent aus Eigenmitteln, für eine kulturelle
Institution eine außergewöhnliche Leistung. Im Gespräch nennt Ernst viele Highlights
aus seiner Amtszeit. Darunter das Gottlob-Frick-Projekt, das Interregionale Orchester (IRO), das mit Partnern
aus Katalanien, der Lombardei oder der Russischen Föderation arbeitet, das Chorprojekt C.H.O.I.R. und,
und, und.
Trotz vieler Erfolge, Ernst spricht auch offen von Defiziten seiner Amtszeit. Gern hätte er mehr getan
für die Lehrer an Grund- und Hauptschulen, die sich heute weniger denn je qualifiziert für den Musikunterricht
fühlen würden.