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nmz-news
nmz 2002/04 | Seite 2
51. Jahrgang | April
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet. Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten im Netz. An dieser Stelle können
Fragen gestellt, Informationen verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur Darstellung gebracht
werden.
Helmut Zacharias
Er war der Zaubergeiger der Nation: Helmut Zacharias. Keine TV-Show in den Sechzigern und Siebzigern
kam ohne seine magischen Geigen aus. Angefangen hatte er in den Vierzigern als Jazzgeiger, in einer
Zeit also, als Jazz als entartet galt. Seine größten Erfolge feierte er mit Schnulzen
wie Wenn der weiße Flieder wieder blüht, das 1955 sogar in den USA zum Hit wurde. Am
28. Februar verstarb Zacharias im Alter von 82 Jahren. vr
Peter Ruzicka Als neuer künstlerischer Leiter der Salzburger Festspiele wird sich Peter Ruzicka wohl an die alte
Regel halten, während seiner Amtszeit in Salzburg dort nicht auch noch als Komponist hervorzutreten. Wer
sich für den Komponisten Ruzicka interessiert, findet demnächst im westfälischen Gütersloh
Gelegenheit, Ruzickas Schaffen in konzentrierter Form zu erleben. Am 20. und 21. April 2002 stellt sich Peter
Ruzicka in der verdienstvollen Porträt-Reihe des Gütersloher Kulturamtes als Komponist vor. Ruzicka
dirigiert auch eigene Werke in einem Konzert des SWR-Sinfonieorchesters. Das Arditti Quartett präsentiert
den Kammermusikkomponisten Ruzicka, ein drittes Konzert mit Ruzicka-Kompositionen bestreitet das Stuttgarter
Kammerorchester unter Dennis Russell Davies. Film, Vortrag und Gespräch werden das Komponisten-Porträt
vervollständigen. Vor Ruzicka waren schon, teilweise mehrfach, Komponisten wie Ligeti, Henze, Gubaidulina,
Berio und Kurtág in Gütersloh aufgetreten ein bemerkenswertes Engagement für die Neue
Musik, die, wie das Beispiel Gütersloh zeigt, auch in der so genannten Provinz einen festen Interessentenkreis
um sich zu versammeln vermag, wenn nur jemand, wie in Gütersloh Klaus Klein, da ist, der genügend
Ausdauer und Hartnäckigkeit aufbringt, das, was er für richtig erkannt hat, auch durchzusetzen.
Gubaidulina Der Name Sofia Gubaidulina steht für ein umfangreiches kompositorisches Schaffen, für einhelligen
künstlerischen Erfolg und, damit verbunden, zahlreiche Ehrungen und Preise. Am 27. Mai 2002 wird sie in
Stockholm den nächsten Preis aus der Hand des schwedischen Königs Carl XVI. Gustaf entgegennehmen:
Gubaidulina erhält die Hälfte des mit 220.000 Euro dotierten Polar-Musikpreises (die andere Hälfte
fällt an die südafrikanische Popsängerin Miriam Makeba). Sofia Gubaidulina erhält die Auszeichnung
für ihre intensiv expressive und zutiefst persönliche musikalische Ausdrucksweise. Damit
spreche die Komponistin ein immer größeres Publikum in der ganzen Welt an. Gubaidulina, die einst
in der Sowjetunion schwerer existentieller und künstlerischer Not ausgesetzt war, verdankt ihren Aufstieg
vor allem dem Geiger Gidon Kremer, der sich unermüdlich für ihr Schaffen eingesetzt hat. Der 1989
gegründete Polar-Musikpreis will außergewöhnliche Leistungen zur Überschreitung musikalischer
Grenzen würdigen. Zu den bisherigen Preisträgern gehören unter anderem Karlheinz Stockhausen,
Bob Dylan und Isaac Stern.
Bester Produzent Bei der 44. Grammy-Verleihung in Los Angeles wurde Manfred Eicher, Gründer und Produzent des Münchner
Musikverlags ECM Records, als Bester Produzent des Jahres in der Sparte Klassik ausgezeichnet. Den
so genannten Musik-Oscar erhielt Eicher für fünf herausragende Produktionen; darunter
Morimur, das Bach Projekt des Geigers Christoph Poppen und The Seven Words von Joseph
Haydn, eingespielt vom Rosamunde Quartett. Eicher ist dieses Jahr der einzige deutsche Grammy-Preisträger.
Bereits 1996, 1999 und 2000 war er nominiert. Der Katalog des Labels ECM Records (Edition of Contemporary Music),
das Eicher 1969 gründete, umfasst heute rund 800 Aufnahmen. Von der ersten Stunde an galt ECM als einer
der wichtigsten Schallplattenverlage des modernen Jazz, insbesondere in seinen europäischen Ausprägungen.
Zu den prominentesten ECM-Jazzmusikern zählen Keith Jarrett, Jan Garbarek, Pat Metheny, Ralph Towner, Dave
Holland und Chick Corea.
1984 erschien mit Tabula rasa von Arvo Pärt die erste Veröffentlichung der ECM New Series,
für die Eicher Aufnahmen mit Kompositionen von György Kurtág, Alfred Schnittke, Heinz Holliger,
Giya Kancheli, Heinz Holliger, Meredith Monk, Gavin Bryars, Steve Reich, Heiner Goebbels und anderen produzierte.
Unter den Interpreten sind vor allem Kim Kashkashian, das Hilliard Ensemble, Gidon Kremer, das Keller Quarttet,
Herbert Henck oder Dennis Russell Davies zu nennen. Während der vielbeschworenen Krise des Klassik-CD-Marktes
in den vergangenen Jahren orientierten sich einige Labels an Eichers künstlerischen Ideen und seiner erfolgreichen
Marketingstrategie.
Zwei x Cello = 75 Der fünfundsiebzigste Geburtstag ist, nach dem würdevollen Eintritt ins biblische Alter mit Siebzig
und vor dem Erreichen des Weisheitstempels mit Achtzig, zwar nur eine Zwischenstation, doch möchte man
sie wenigstens notieren, wenn zwei erwählte Diener der Musik sie erreichen. Dass es sich bei beiden Jubilaren
um Cello-spielende Meister handelt, dass beide, jeder auf seine Art, ,,Weltruf genießen und daß
beide i n Vergangenheit und Gegenwart unendlich viel für die Zukunft der Musik getan haben, verstärkt
noch die Parallelität des Ereignisses. Also: Mstislaw Rostropowitsch wird am 27. März 2002 fünfundsiebzig
Jahre alt, knapp einen Monat später, am 25. April 2002, folgt Siegfried Palm.
Siegfried Palm kann in seiner Vita zwar nicht mit einer dramatischen Ausbürgerung aus der Sowjetunion wie
Rostropowitsch aufwarten, auch hat er nicht in Berlin beim Mauerfall Bach gespielt. Palms revolutionären
Auftritte blieben eher streng auf die Musik konzentriert: Als er die 1959/60 komponierte Solo-Sonate des Freundes
Bernd Alois Zimmermann aus der Taufe hob, demonstrierte er, gleichsam nebenbei, wie die kompositorische Entwicklung
in den nächsten zwei Jahrzehnten verlaufen würde. Auch Rostropowitsch hat hundert und mehr neue Werke
uraufgeführt, was ihn dabei von Palm unterscheidet, ist die Revolutionierung der Spieltechniken für
das Cello. Viele Komponisten wurden durch Palms technische Souveränität und Erfindungskraft erst zu
neuen Werken angeregt. Als Spieler war Siegfried Palm immer auch Mitschöpfer des Werkes. Das macht seinen
bis heute singulären Rang als Interpret aus. gr
Möwenmacher Vor einiger Zeit war er noch einmal nach München gereist. Im Deutschen Museum wurde eine Ausstellung
über ihn gezeigt, es gab eine würdige Festveranstaltung für ihn, bei der auch Kompositionen von
ihm erklangen. Oskar Sala, zart, klein und zerbrechlich wirkend, schien sichtlich gerührt von der allgemeinen
Aufmerksamkeit. An dieser Aufmerksamkeit hatte es ihm lange Jahre gefehlt. Die stürmische Entwicklung der
elektronischen Musik in allen Bereichen hatte Sala und sein Instrument, das Mixtur-Trautonium, in Vergessenheit
geraten lassen. Es war Friedrich Trautwein, der das Trautonium erfand, damit den Beginn des elektronischen Musik-Zeitalters
einläutend. Oskar Sala entwickelte das Instrument weiter, zum Mixtur-Trautonium. Doch war Sala nicht nur
Techniker und Physiker, sondern fühlte sich auch als Komponist herausgefordert. Bei Paul Hindemith empfing
er viele Anregungen. In zahlreichen Kompositionen kombinierte er sein Instrument mit dem tradierten
Instrumentarium, es entstanden Konzerte für Trautonium und Orchester, Kammermusik, Solostücke.
Berühmt wurde seine Musik für Hitchcocks Film The Birds. Die aggressiven Möwenschreie
bettete er in feine, unheimlich und bedrohlich wirkende Klanggespinste. Auch für Bayreuth synthetisierte
er mit seinem Mixtur-Trautonium die Parsifal-Glocken in Wieland Wagners Inszenierung von 1954. Man
kann sich vorstellen, dass Oskar Salas Grenzgänge zwischen Musik und Technik in einer synästhetischen
Neubewertung wieder aktuell und erlebbar werden könnten. Jetzt ist Oskar Sala im Alter von 91 Jahren in
Berlin plötzlich gestorben. gr
Hoftenor Das sind die Augenblicke eines stummen Erschreckens: Wenn ein Mensch, mit dessen Wirken sich unvergessliche
Erlebnisse verbinden, plötzlich stirbt: Gösta Winbergh ist tot, unerwartet an Herzversagen im Alter
von 58 Jahren in Wien gestorben. Am Abend zuvor sang er noch den Florestan in der Wiener Staatsoper, seinem
Stammhaus neben der Zürcher Oper. Die Spannweite des schwedischen Tenors, dem sein Königshaus den
Titel eines Hofsängers verlieh, war bemerkenswert. Winberghs Repertoire umfasste Mozart-Partien ebenso
wie große Wagner-Rollen. Intelligenz, blendende Technik, klare Artikulation und hohe Musikalität
prägten seine Bühnenfiguren. gr
Schlesischer Kulturpreis Dem Komponisten Dietrich Erdmann wurde der Schlesische Kulturpreis des Landes Niedersachsen
verliehen, der ihm am 1. Juni 2002 in der Breslauer Universität überreicht wird. Werke des Komponisten
stehen beim diesjährigen Bonner Beethovenfest in einer Matinee am 29. September auf dem Programm.