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nmz-archiv
nmz 2002/04 | Seite 22
51. Jahrgang | April
Noten
Herausfordernd
Vom Haba-Quartett lektoriert
Erwin Schulhoff: Streichsextett, Bärenreiter
Das beim Bärenreiter-Verlag erschienene Streichsextett von Erwin Schulhoff stellt ein echtes Meisterwerk
für diese Besetzung dar. Begonnen hat Schulhoff seine Arbeit an dieser Komposition schon 1920, seelisch
niedergeschlagen vom 1. Weltkrieg und beeinflusst vom Expressionismus Schönbergs. Dies wird alles hörbar
im 1. Satz (Allegro risoluto), der sehr dramatisch durch harmonisch aufreibende Spannungen wirkt, und sich im
Mittelteil in einer fahlen und traurig resignierten Stimmung verliert (Ostinati in der 1. Violine). Technisch
und musikalisch sehr anspruchsvoll.
Schulhoff unterbrach dann die Arbeit an dem Werk und erst 1924 schrieb er die drei restlichen Sätze. Der
2. Satz (Tranquillo Andante) ist charakteristisch durch traurige, ausdruckslose Melodien (meist von zwei Instrumenten
im unisono gespielt), begleitet durch eine langsame ostinatoartige, chromatische oder zwei bis drei Töne
wiederholende Triolenbewegung, die sich fast durch den ganzen Satz zieht. Das 2. Violoncello hält dazu
über längere Strecken die tiefe Quinte C G. Der Satz verschwindet im vierfachen piano. Folgt
die virtuose, folkloristische Burlesca im 5/8 Takt, die absolute technische Herausforderung für ein Ensemble
darstellt. Verschiedene Bogentechniken, Pizzicati mit der linken und rechten Hand, enorme Zusammenspielschwierigkeiten
im sehr schnellen Tempo entfachen ein wahres Feuerwerk, wie man es im Schulhoffs Werken oft kennt. Abgeschlossen
ist sein Werk durch ein schwermütiges Adagio, unterbrochen durch einige emotionellen Ausbrüche, stirbt
jedoch in unendlich traurigen Solis der 2. Viola und des 1. Violoncello. Das Noten Material ist sehr übersichtlich,
Spieldauer 22 bis 23 Minuten.