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nmz-archiv
nmz 2002/06 | Seite 32
51. Jahrgang | Juni
Bayerischer Musikrat
Das Bildungsinteresse aufs Chorsingen lenken
Von BMR-Präsidiumsmitglied Alfons Brandl
Als neues Mitglied des BMR-Präsidiums habe ich heute Gelegenheit, mich als Person vorzustellen, aber
auch meine Vorstellungen über meine Arbeit in diesem Gremium darzulegen. Wenn man mit 45 Jahren, also nicht
mehr ganz jung, in ein Spitzengremium der Bayerischen Musikkultur berufen wird, ist das zunächst eine Ehre,
aber nicht minder ein neuer, wichtiger Auftrag.
Als langjähriges Mitglied des Musikausschusses des Bayerischen Sängerbundes und Dirigent von Laienchören
sowie als Leiter vieler Fortbildungen kenne ich das Chorsingen im Laienbereich recht genau. In meiner Funktion
als hauptamtlicher Dozent für Chorleitung an der Hochschule für Musik Nürnberg-Augsburg/Abteilung
Augsburg (seit 1996) bin ich für die dirigentische Ausbildung von angehenden Kirchenmusikern verantwortlich
und leite mit dem Kammerchor der Hochschule ein semiprofessionelles Ensemble. Als Mitglied des seit 20 Jahren
tätigen professionellen Vokalensembles Die Singphoniker bin ich mit zirka 40 bis 50 Konzerten
pro Jahr eingebunden in das internationale Konzertleben. Dieser weit gespannte Umgang mit singenden Menschen
und mein eigenes Tun als konzertierender Sänger fließen nunmehr in meine Aufgabe im Präsidium
ein, die ich im Folgenden spezifizieren will:
Die Aus- und Fortbildung der Chorleiter im Laienbereich ist eine seit langem durchgeführte Aktivität
des BMR. Ihre Qualität zu sichern, zu verbessern und in engerer Zusammenarbeit mit den Musikhochschulen
durchzuführen, scheint mir ein wesentlicher Beitrag zur Erhaltung des Chorsingens.
Richtungsweisende Modelle
Die professionell ausgebildeten Chorleiter im Bereich der Schulmusik und der Kirchenmusik näher an das
Laienchorwesen heranzuführen, entweder selbst als Chorleiter oder aber als Weiterbilder für Chorleiter
zu gewinnen, betrachte ich als Herausforderung. Modelle wie die Chorwoche des Bayerischen Sängerbundes
in Bad Feilnbach, wo erfahrene Praktiker aus den genannten Bereichen in einem vierjährigen Seminar Chorleiter
heranziehen, scheinen mir darin richtungsweisend. Kongresse und Seminare, wie etwa die Veranstaltung Männerchor!
Wohin des Fränkischen Sängerbundes im Mai 2001 wirken hier innovativ. Die Vorbildfunktion der
vom BMR getragenen Singakademie an der Nahtstelle zwischen Schule und professioneller Ausbildung halte ich hierbei
ebenso für bedeutend; für ihr weiteres Gedeihen will ich mich einsetzen. Wichtig ist mir zu betonen,
dass es den Laienchorverbänden in Zeiten des Freizeitüberschusses und der Fun-Gesellschaft,
in Zeiten des Männerchorsterbens und dem nahenden Ende des klassischen Vereinslebens gelingen muss, das
nach wie vor bestehende große Bildungsinteresse auf das Chorsingen zu lenken.
In Pestalozzis Sinn
Mit qualitativ hochwertigen Angeboten, einem gesunden Leistungsdenken und einer weit gespannten, gerade auch
an der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts orientierten Literaturauswahl kann es noch heute jene Werte vermitteln,
die im Sinne Pestalozzis wahre Volksbildung bedeuten. Dazu gehört, schon im Kindergarten und
in der Schule dem Singen wieder breiteren Raum zu gewähren, was sich nicht zuletzt in einer besseren Ausbildung
der dort Lehrenden manifestieren muss. Auch dies wird ein wichtiger Punkt in meiner zukünftigen Arbeit
für den BMR und die Musik in Bayern sein.