[an error occurred while processing this directive]
nmz-news
nmz 2002/06 | Seite 4-8
51. Jahrgang | Juni
Nachrichten
Nachrichten aus Musikwirtschaft,
Kulturpolitik und Musikleben
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet. Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten im Netz. An dieser Stelle können
Fragen gestellt, Informationen verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur Darstellung gebracht
werden.
Nachrichten aus der neuen musikzeitung 2002/06:
Versammlungsstätten-Verordnung
Die Verbände der Veranstaltungswirtschaft, stellvertretend der Verband der deutschen Konzertdirektionen
e.V. (VDKD) und der Bundesverband für Veranstaltungswirtschaft e.V. (idkv), sehen in der neuen Versammlungsstätten-Verordnung
eine Beeinträchtigung des Konzertbetriebs.
Die so genannte Muster-Versammlungsstätten-Verordnung soll bei Bau und Betrieb von Versammlungsstätten
die Sicherheit von Künstlern, Publikum und Personal regeln. Sie wurde in den vergangenen 16 Jahren durch
eine Länderarbeitsgruppe sukzessive erarbeitet und auf ihre Realisierung hin überprüft. Nach
dem Zuschlag für Deutschland für die Fußball-WM 2006 werde die sorgfältige Entwicklung
der grundsätzlich positiv bewerteten Verordnung durch übereiltes Inkraftsetzen gefährdet, lautet
der Vorwurf der Verbände. Die betroffenen Verbände fordern unter anderem eine Nachbesserung der Abschrankungsregelung,
die bei unbestuhlten Veranstaltungen einen Mindestabstand von
22 Metern zwischen Künstlern und Publikum vorsehen kann. Bei einer solchen Distanz bleiben beide,
Künstler wie Publikum, lieber zu Hause, befürchtet Michael Russ, Präsident des VDKD. Zusätzliche
Kritikpunkte sind die unklare Regelung der Verantwortlichkeiten der Konzertbeteiligten und die mangelnde Ausrichtung
auf den internationalen Konzertbetrieb.
Kontrabass Salamanca
Aus Liebe zur Stadt hat Geigenbaumeister Lothar Semmlinger aus Baiersdorf einen Kontrabass gebaut, dem er den
Namen Salamanca gab. Das Gestein von Villamayor, aus dem auch die Gebäude der Stadt errichtet
sind und das eine goldene Tönung, einen bestimmten Glanz und Farbe habe, habe ihn zum Bau des Instrumentes
veranlasst. Um die erwünschte Farbe zu erreichen, hat Semmlinger ein altes lang abgelagertes, mehrfachen
Selektions- und Elaborierungsprozessen unterworfenes italienisches Pappelholz aus der Po-Ebene verwendet. Das
fertige Instrument stiftete er der Stadt Salamanca. Zum Dank wurde er vom Bürgermeister der Stadt zu einem
Empfang im historischen Rathaus eingeladen. Außerdem widmete die Stadt dem Instrumentenbauer eine Ausstellung,
in der Beispiele seines Werkes gezeigt wurden.
Insolvenz für PopOnline
Der Internetdienstleister PopOnline hat vorläufige Insolvenz angemeldet. Geschäftsführer Ralf
Plaschke kündigte jedoch an, ein Sanierungskonzept zu erarbeiten, um die Insolvenz rückgängig
zu machen. Acht der sechzehn Mitarbeiter, vor allem aus den Bereichen Marketing und Redaktion, wurden inzwischen
entlassen. Grund der Insolvenz war die Tatsache, dass zur weiteren Finanzierung keine Investoren gefunden werden
konnten. PopOnline betreibt unter anderem die Webseite www.popkomm.de.
BMG Classics integriert Arte Nova
BMG Classics wird im Zuge einer Konzentration ihres Geschäftes ihre Tochterfirma Arte Nova Musikproduktions
GmbH integrieren. Arte Nova wurde 1995 als Joint Venture von BMG Classics und Dieter Oehms (siehe Foto) für
das Lowprice-Segment gegründet. Zukünftig geht das Label vollständig in BMG Classics auf. Oehms
und BMG haben sich darauf geeinigt, dass BMG Oehms Anteile übernimmt. Herr Oehms scheidet aus der
Geschäftsleitung von Arte Nova aus, bleibt aber weiter als Produzent tätig. Seit der Gründung
von Arte Nova wurden mehrere Veröffentlichungen mit Preisen und Auszeichnungen gewürdigt. Darunter
waren der Deutsche Schallplattenpreis 1999 für die Gesamteinspielung der Beethoven-
Sinfonien mit dem Tonhalle Orchester Zürich unter David Zinman, der Echo Klassik-Preis 2001 für Mirijam
Contzen als Nachwuchskünstlerin des Jahres und der Cannes Classical Award 2002 für die
Gesamteinspielung der Bruckner-Sinfonien mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken unter Skrowaczewski.
Kultur-Service
In Zusammenarbeit mit der Hamburger Kulturbehörde bietet das Institut für Kultur- und Medienmanagement
einen neuen Service: An jedem ersten Dienstag im Monat können sich Kultureinrichtungen und Künstler
kostenlos über Fragen des Kulturmanagements beraten lassen. Dabei geht es vor allem um Fragen aus den Bereichen
Sponsoring, Marketing und Rechtsformen. Die erste Sprechstunde dieser Art sei bereits vielfältig genutzt
worden, so Institutsleiter Friedrich Loock.
Kompositionswettbewerb Hans-Stieber-Preis 2002
Die Hans-Stieber-Stiftung des Landesverbandes Sachsen-Anhalt Deutscher Komponisten e.V. schreibt für das
Jahr 2002 wieder einen Wettbewerb für junge Komponistinnen und Komponisten jeder Nationalität bis
23 Jahre ohne kompositorische Berufsausbildung aus. Erwartet wird eine Duo- bis Quartett-Komposition für
Flöte, Violine, Violoncello und Klavier ab drei Minuten Dauer, die noch nicht verlegt, preisgekrönt
oder honoriert worden ist. Es steht ein Preisgeld von 1.000 Euro zur Verfügung. Die Bedingungen im Einzelnen
können beim Landesverband Sachsen-Anhalt Deutscher Komponisten e.V., Hans-Stieber-Stiftung, Marktplatz
13, 06108 Halle/Saale, Tel. 0345/202 40 22 (Fax 202 40 23) angefordert werden.
Akademie Boulez
Ab Sommer 2004 wird Pierre Boulez jährlich während der Festivalzeit des Lucerne Festivals als künstlerischer
und konzeptioneller Leiter eine neue Akademie für zeitgenössische Musik leiten. Die Akademie Pierre
Boulez ist eine neue, zukunftsorientierte Ausbildungsstätte, an der junge, hoch begabte Musiker in der
Interpretation der Musik unserer Zeit unterrichtet werden. Zur Vorbereitung weltweiter Vorspiele, anhand derer
interessierte und qualifizierte Studenten ausgewählt werden, wird ein internationales Netzwerk von Musik-Institutionen,
Musikern und Dozenten aufgebaut. Pierre Boulez und die Musiker des Ensemble Intercontemporain werden die Studenten
im Solo-, Kammermusik- und Ensemble-Repertoire unterrichten. Zentral wird dabei die Erarbeitung ausgewählter
sinfonischer Werke des 20. und 21. Jahrhunderts mit einem Akademie-Orchester sein sowie die Einstudierung von
Auftragswerken, die an junge, viel versprechende Komponisten vergeben werden. Veranstalter der Akademie Pierre
Boulez ist das Lucerne Festival und die Musikhochschule Luzern.
Bestürzend aktuell: Herbert Wernickes letzte Regie
Händels Oratorium Israel in Egypt als Inszenierungstorso am Basler Theater aufgeführt
Herbert Wernicke führt zum letzten Mal Regie: Auf der Bühne der Oper in Basel gewinnt Händels
Oratorium Israel in Egypt szenische Gestalt. Das Bühnenbild: Ein weißgoldenes klassizistisches
Halbrund, ein Oval Room wie im Weißen Haus. In so einem Hintersinn-stiftenden Raum ließ
der Regisseur schon seine grimmige Polit-Satire mit Offenbachs La Belle Hélène spielen.
Auch Händels Oratorium gewinnt aktuelle politische Dimensionen: Wenn der Chorjubel über die Vernichtung
eines anderen Volkes machtvoll aufklingt, dann denkt Herbert Wernicke an die verschwiegene Kehrseite des Geschehens:
Hier der Siegesjubel, dort sterbende Menschen, die, vielleicht verführt von ihren Herrschern, auch nur
in Frieden würdig leben wollten. Wernickes szenische Interpretationen haben immer wieder solche beziehungsvollen
Perspektivwechsel eingesetzt. Israel in Egypt spielt im ersten Teil auch zur Händelzeit in
Westminster. Perückte Lords debattieren aggressiv über einen Krieg den gegen Spanien
wohl aber die Falken und Tauben könnten ebenso ohne Perücke heute auftreten: Wernicke führt
mit seiner Inszenierung auch eine aktuelle Nahost-Debatte, die wahrscheinlich manchem nicht gefallen haben dürfte,
wenn es Wernicke vergönnt gewesen wäre, seine Arbeit zu vollenden. Nach dem ersten Teil der Proben
ist Herbert Wernicke unerwartet gestorben (nmz 5/02, Seite 2). Das Basler Theater entschloss sich, den ersten
Teil des von Wernicke neu gegliederten Oratoriums szenisch, den zweiten streng konzertant aufzuführen.
Noch einmal durfte man erleben, mit welcher Raffinesse es Wernicke verstand, in seinen Inszenierungen auf verschiedenen
Zeitebenen zu spielen, die Erfahrungen unserer Zeit auf die alten Stoffe zu projizieren, in den alten Stoffen
die brennende Aktualität zu erkennen. Diese Vergegenwärtigung prägte in Basel auch die musikalische
Wiedergabe: Die Gewalt des Chorklangs besaß bei aller Faszination auch etwas Erschreckendes. gr
Edith Kraus in Deutschland
Vom 2. bis 6. Oktober 2002 veranstaltet der Landesverband Jeunesses Musicales Mecklenburg-Vorpommern e.V. in
Schwerin den 2. bundesweiten Wettbewerb Verfemte Musik (Kategorien Klavier solo, Duo Streicher/Klavier
bzw. Bläser/Klavier, Klavierlied) sowie den 4. internationalen Meisterkurs History, Music and Remembrance
(Kategorien Streicherkammermusik, Oboe/Klavier bzw. Bläser-Trio, Klavierlied, Klavier solo). Das Projekt
richtet sich an besonders begabte Jugendliche und Musikstudenten zwischen 15 und 30 Jahren und stellt die Werke
von Künstlern in den Mittelpunkt, die unter der Herrschaft der Nationalsozialisten gelitten haben. Als
Dozenten für den Meisterkurs stehen unter anderem Edith Kraus (Klavier) und Paul Kling (Violine und Streicherkammermusik)
zur Verfügung. Beide waren im Ghetto Theresienstadt inhaftiert und standen in engem Kontakt mit so genannten
Theresienstädter Komponisten wie Viktor Ullmann und Gideon Klein. Edith Kraus wird für den Kurs erstmals
seit dem Zweiten Weltkrieg wieder nach Deutschland kommen.
Informationen: Volker Ahmels oder Ulrike Stern, Jeunesses Musicales, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.
V., c/o Konservatorium Schwerin, Puschkinstr. 6, 19055 Schwerin, Tel. 0385/555 72 90, Fax: 0385/55 57 29 20,
www.jeunessesmusicales-mv.de,
E-Mail: Jemumv@aol.com
50. Orchesterwettbewerb
Der 1. Preis des 50. Internationalen Orchesterwettbewerbs in Brüssel ging an das JUNIOR CHAMBER. Das dirigentenlos
spielende Kammerorchester arbeitet unter der Patronanz der Wiener Philharmoniker und wird von Ernst Smole betreut.
Festival Mitte Europa
Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen, und haben sich, eh man es denkt, gefunden.
Dieses Goethe-Zitat steht Pate für das XI. Festival Mitte Europa Bayern/Böhmen/Sachsen,
welches vom 21. Juli bis zum 8. September 2002 stattfinden wird.
Konzerte, Ausstellungen, Lesungen, Workshops und Meisterkurse auf außergewöhnlichen Naturbühnen,
auf historischen Burgen und Schlössern oder in barocken Dorfkirchen inmitten des malerischen Bäderecks
zwischen Bad Steben, Bad Brambach, Frantikovy Lázne, Karlovy Vary, Mariánské Lázne
und der Klosterstadt Waldsassen werden Klangbilder entstehen lassen, deren Zauber sich kaum ein Kunstfreund
auf beiden Seiten der deutsch-tschechischen Grenze entziehen kann. Die Programmatik Natur und Kunst
zielt zugleich auf die verbindende Wirkung von Kultur ab. Das Festival Mitte Europa hilft
Grenzen zu schmelzen und die Mauern in den Köpfen der Menschen zu überwinden. Mit diesen Worten
beschrieb der 1999 verstorbene Mentor und Künstler des Festspiels, Lord Yehudi Menuhin, sehr treffend das
Credo und die Programminhalte des Festivals Mitte Europa Bayern/Böhmen/Sachsen. Nähere
Informationen im Internet unter www.festival-mitte-europa.com