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nmz 2002/06 | Seite 33
51. Jahrgang | Juni
Musik-Termine
Musik-Termine
Bilderstürme
Als sich der urzeitliche Mensch des Pleistozäns von allen vieren zum aufrechten Gang emporreckte, um
in den warmzeitlichen Savannen frühzeitig Beute und Feinde erspähen zu können, folgte er seiner
anthropologischen Grundausstattung mit gemessen an seinem Geruchs- und Gehörssinn relativ
guten Augen. Dass auch der spätere Homo erectus sapiens sapiens vorrangig dieses Augenwesen geblieben ist
und sich durch bunte, bewegte Bilder am leichtesten fesseln lässt, belegen im Juni diverse Großereignisse.
Angefangen mit dem Breitleinwand-Spektakel Angriff der Klonkrieger, das als zweite Folgeepisode
der alten Star Wars-Trilogie in den Kinos angelaufen ist; gefolgt von der Fußball-Weltmeisterschaft;
und schließlich die documenta XI in Kassel, auf der ab dem 8. Juni hundert Tage lang zahllose
neue Bilder, Skulpturen, Fotografien, Installationen und Objekte von über hundert Künstlerinnen und
Künstlern aus aller Welt zu sehen sein werden.
Angesichts dieser intergalaktischen Kriegs-, internationalen Wettkampf- und Kunstschauplätze und der von
ihnen entfachten Bilderstürme verhält sich die neue Musik im Juni mit Festivals und Uraufführungen
eher zurückhaltend. Immerhin aber begeben sich mutig mitten in das Auge des Kasseler Sturms
Iris ter Schiphorst und Helmut Oehring am 21.6. mit ihrem neuen Stück ICH.STILLE (aus: Rehnebel/Opfer/Puderfinger)
für Bassflöte, Gitarre, Glasharfe/Vibraphon, und scheint Isabel Mundry mit ihrem am 22.6. ebenfalls
in Kassel (Martinskirche) uraufgeführten neuen Stück Eure Augen für Trompete und
Vokalensemble eigens die erdrückende Dominanz des menschlichen Sehorgans mit musikalischen Mitteln thematisieren
zu wollen.
Einen musikalisch-szenisch-bildlichen Höhepunkt bildet zweifellos Salvatore Sciarrinos neue Oper Macbeth.
Tre atti senza nome (da Shakespeare), die am 6.6. in der Inszenierung von Achim Freyer bei den Schwetzinger
Schlossfestspielen zur Uraufführung gelangt. Eine neue Oper speziell für und mit Kindern ist Dr.
Popels fiese Falle von Moritz Eggert, die neben einem Orchester auch ein Rockensemble und Geräuschorchester
für mindestens vier Kinder vorsieht und am 14.6. in der Oper Frankfurt uraufgeführt wird. Im Rahmen
eines Konzerts der Reihe musica viva werden am 22.6. im Herkules-Saal der Münchner Residenz
die vollständige Fassung von Dieter Schnebels Ekstasis für Sopran, Schlagzeug, Chor und
Orchester und Rolf Riehms Restoring the Death of Orpheus für Akkordeon und Orchester uraufgeführt.
Dem seit Jahren ungebrochenen Boom an neuer Akkordeonliteratur folgen auch Ingomar Grünauer und Martin
Smolka mit Palermo-Musik für Akkordeon und Orchester (6.6. Erfurt) beziehungsweise einem neuen
Werk für den Akkordeonisten Theodoro Anzellotti (7.6. musica nova, Gasteig München).
Rainer Nonnenmann
Weitere Uraufführungen
4.6.: Marco Stroppa: Neues Werk für die Neuen Volkalsolisten Stuttgart, Paris
7.6.: Dimitri Terzakis: Dorischer Blues für Klavier, Goethe-Institut, Paris
10.6.: Hans Ulrich Engelmann: 100. Psalm, Darmstadt-Besungen
12.6.: Aribert Reimann: Vier Lieder nach Gedichten von Paul Celan für Countertenor und Klavier, München
13.6.: Theo Loevendi: Klarinettenkonzert, Concertgebouw, Amsterdam
16.6.: 8. Kazimierz Serocki Kompositionswettbewerb, Warschau
19.6.: Neues Stück von Carola Bauckhold, Luzern
21.6.: Werner Jacob: Gioca a tre für Klarinette (Bassklarinette), Viola und Violoncello, St.
Sebaldus, Nürnberg
28.6.: Walter Feldmann: n´était le froid (géorgiques III). Flächen/Räume
für tiefes Orchester in vier Gruppen; Lars Graugaard: Stücke für Violine und Schlagzeug; Jörg
Widmann: Zwei Etüden für Violine solo; Position für Violine und Schlagzeug, Stuttgart