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nmz-archiv
nmz 2002/06 | Seite 14
51. Jahrgang | Juni
Deutscher Kulturrat
Verfassungsfolklore oder Kulturföderalismus
Die Stiftung Brandenburger Tor der Bankgesellschaft Berlin initiiert ein Gespräch
Die Stiftung Brandenburger Tor der Bankgesellschaft Berlin führte Anfang Mai ein Gespräch zum Thema
Verfassungsfolklore oder Kulturföderalismus durch. Unter der Leitung von Joachim Jauer (Leiter
des ZDF-Landesstudios Berlin) diskutierten Monika Griefahn, MdB (Vorsitzende des Ausschusses für Kultur
und Medien des Deutschen Bundestags), Bundespräsident a.D. Prof. Dr. Roman Herzog, Prof. Dr. Klaus-Dieter
Lehmann (Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz), Dr. Thomas de Maizière (Staatsminister
für Justiz des Freistaats Sachsen) und Olaf Zimmermann (Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates).
Sehr deutlich wurde in dieser Runde einmal mehr, wie inkonsequent die Debatte von den Ländern geführt
wird. De Maizière beklagte auf der einen Seite ein zu starkes Engagement des Bundes in der Hauptstadt
Berlin und der Bundesstadt Bonn, wies auf der anderen Seite die Mischfinanzierungen von Bund und Ländern
zurück.
Bundespräsident a.D. Herzog zeigte deutlich auf, dass es in der derzeitigen Entflechtungsdebatte eigentlich
um etwas ganz anderes geht als die vermeintliche Beschädigung der Kulturhoheit der Länder.
Seines Erachtens steht generell eine Diskussion um den Föderalismus auf der Agenda und eine Debatte um
die Aufgabenteilung von Bund und Ländern.
Klaus-Dieter Lehmann warb wieder einmal engagiert um die weitere Beteiligung der Länder an der Stiftung
Preußischer Kulturbesitz. Seines Erachtens sollten die Chancen zur inhaltlichen Mitgestaltung nicht leichtfertig
von den Ländern vertan werden. Olaf Zimmermann pflichtete dem bei und zeigte auf, dass ein vermehrtes Engagement
des Bundes bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das zwangsläufig erforderlich wäre, wollten
die Länder aus der Stiftung aussteigen, zu Lasten der vom Bund geförderten Kultureinrichtungen in
den Ländern erfolgen müsste. Ob dieses letztlich im Interesse der Länder ist, sei dahingestellt.
Monika Griefahn ordnete die derzeitige Debatte in den Kontext einer veränderten politischen Situation
ein. Sie teilte die Auffassung von Bundespräsident a.D. Roman Herzog, dass angesichts des europäischen
Einigungsprozesses und der Globalisierung die Gewichte von Bund und Ländern neu austariert werden müssen.