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nmz-archiv
nmz 2002/06 | Seite 7
51. Jahrgang | Juni
Musikwirtschaft
Stiftung mit hohen Ansprüchen
Die Allianz Kulturstiftung ein Jahr nach ihrer Gründung
Seit einem Jahr tut sie Gutes für die Kultur: die Allianz Kulturstiftung, die ihren Sitz in München
hat. Etwa fünf Jahre seien nötig, um einer solchen Stiftung ein eigenes Profil zu geben, so Stiftungs-Geschäftsführer
Ludger Hünnekens, vormals Geschäftsführer des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft im BDI.
Das Profil der Stiftung gehört tatsächlich noch ein wenig geschärft. Mit dem Stiftungsmotto Jugend
Kultur Europa hat man allerdings auch hohe Ansprüche an sich selbst gesetzt, die erst
einmal mit Inhalt gefüllt werden wollen.
Man habe sich das Ziel gesetzt, etwas für Europa zu tun, so Hünnekens. Wir wissen zu wenig
voneinander. Kultur solle als Medium dienen, die junge Generation ins europäische Haus zu holen,
sie für die Idee eines wirklich gemeinsamen Europas zu begeistern. Entsprechend der Stiftungs-Idee werden
vor allem Programme gefördert, die sich mit Gegenwartsfragen beschäftigen und den internationalen
Austausch befördern.
Kooperiert seit Jahren mit der Allianz AG: die Junge Deutsche Philharmonie.
Foto: Anna Meuer
Warum unter diesen Gesichtspunkten ausgerechnet die Junge Deutsche Philharmonie, die seit Jahren mit der Allianz
AG kooperiert, zu den Förderprojekten der Kulturstiftung gehört, ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich.
Zwar ist das Bundesstudenten-orchester für seine Hinwendung zur Avantgarde bekannt, aber vertritt es auch
den europäischen Gedanken? Die Antwort ist simpel: Die Besetzung des Ensembles ist so international, wie
man es sich nur wünschen kann und spiegelt damit die Internationalität der deutschen Musikhochschulen.
Europa wird hier allerdings zur ganzen Welt, denn natürlich sind auch Angehörige anderer Kontinente
gut vertreten.
Mit einem Sonderprojekt im März wurde die Zusammenarbeit zwischen Orchester und Stiftung zusätzlich
untermauert: Unter dem Titel Dialoge förderte die Allianz Stiftung ein Konzertprojekt, in dem
neue Kompositionen von Wolfgang Rihm und Hans Zender zur Aufführung kamen (die nmz berichtete in der Ausgabe
04/02). Hans Zender, gleichzeitig auch Dirigent des Konzertes, äußerte seine Zufriedenheit darüber,
dass eine Stiftung wie die der Allianz dieses Projekt unterstütze. Dass man solche Orchester fördere,
sei ein wichtiger Aspekt für die Jugendbildung.
Mit dem Konzertprojekt, das unter anderem im Prinzregententheater gespielt wurde, verfolgt Ludger Hünnekens
ein weiteres Ziel: in München präsent zu sein, der Stadt, die immerhin Stiftungssitz ist, die aber
bisher noch nicht genügend Notiz davon genommen hat, was sich da in ihren Mauern tut. Ganz wichtig war
außerdem der Effekt, dass auch Mitarbeiter der Allianz die Aktivitäten ihrer Stiftung
hautnah erleben durften. Zu einem Sonderpreis konnten sie Karten erwerben, der Zuspruch war groß. Damit
soll eine Einbindung der Stiftung in das Unternehmen befördert werden. Allerdings arbeitet Hünnekens
ansonsten sehr eigenständig, ohne Einmischung aus dem Konzern. Das ist beachtlich, wenn man bedenkt, dass
das Stiftungskapital immerhin 51 Millionen Euro beträgt, er also jährlich einen hübschen Batzen
Geld ausgeben kann.
Wie soll es nun weitergehen mit der Stiftung, die im ersten Jahr fast ausschließlich Projekte gefördert
hat, die von außen an sie herangetragen wurden? Was wird getan, um ihr tatsächlich ein eigenes und
unverwechselbares Gesicht zu geben und sie nicht zur Melkmaschine für Kulturorganisationen
zu machen? Zukünftig will Hünnekens mehr selbst initiierte Projekte realisieren, also die Förderungs-Inhalte
noch bewusster mitgestalten. Dabei setzt er eher auf Nischen als auf große Kulturevents, eher auf Gemeinschaftsprojekte
als auf künstlerische Einzelförderung, eher auf den Avantgardebereich als auf Etabliertes. Er strebt
Projektpartnerschaften an, will also zumindest mittelfristig fördern. Allerdings müssen
sich solche Partnerschaften auch bewähren, damit sie fortgesetzt werden. Und irgendwann muss es den Geförderten
gelingen, sich auf eigene Füße zu stellen, muss sich der Allianz-Anschub selber tragen.
Unterstützt wird Hünnekens in seiner Arbeit von einem hochkarätig besetzten Kuratorium, in dem
Karsten Witt die Sparte Musik vertritt. Diesem Gremium ist zu wünschen, dass es gelingt, der Allianz Kulturstiftung
tatsächlich ein Profil zu geben. In spätestens vier Jahren sollte die kulturelle Öffentlichkeit
dann von den Zielen und der Zielerreichung der Stiftung überzeugt sein.