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Ausgabe 2002/06
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nmz 2002/06 | Seite 25
51. Jahrgang | Juni
Pädagogik

Geständnisse
eines Musikschulleiters a. D.

Die Zeit

Ich sitze und warte. Ob demnächst jemand eintreten wird? Ein Junge oder Mädchen, wie in den vielen Jahren zuvor? Mit großen Augen schauen sie dich an, erwartungsvoll, neugierig, etwas ängstlich, denn sie treten ein in eine für sie neue Welt. In den 35 Jahren meiner Tätigkeit habe ich so gut wie nie einen Schüler gehabt, der aus einem Musiker-Elternhaus gekommen wäre, einem Elternhaus, in dem Vater oder Mutter mit ihren Kindern gemeinsam hätten musizieren können. Natürlich waren es fast immer interessierte Eltern, die ihre Kinder in die Musikschule schickten und hofften, dass auch ihr Kind den Sprung in den Kreis der gemeinsam Musizierenden schaffen würde. Wie nützlich war es jetzt, wenn ich nicht allein in meinem Unterrichtszimmer stand, sondern neben einem jungen Cellisten, der voller Stolz seine Fähigkeiten dem Eintretenden vorführen, vielleicht auch schon die Scheu vor dem Neuen, dem Fremden oder dem Lehrer, nehmen konnte. Jetzt musste nur noch ein Instrument herbeigeschafft werden, und der oder die Neue konnten nach Anleitung meines Schülers die ersten Versuche anstellen. Ist es so schwierig, mit drei Fingern ein Lied wie „Bruder Jakob“ auf dem Violoncello zu zupfen? Nein, vorausgesetzt, man kennt das Lied und hat eine Vorstellung davon, wie es klingen soll. Da waren wir also schon beim Singen angelangt. Niemals durften meine Schüler ihre Stücke spielen, bevor sie diese nicht einwandfrei singen konnten. Das ging soweit, dass sogar die Mitglieder eines Streichquartetts ab und zu ihre Stimmen, zum Beispiel einen Kontrapunkt aus Bachs „Kunst der Fuge“, sangen, statt ihn zu spielen. Es ist richtig, durch eine anspruchsvolle Grundausbildung, in der das Singen die Basis des Unterrichts wäre, könnten viel unnötige Arbeit, Zeit und Geld in den Musikschulen eingespart werden. Hier bräuchten wir doch nur auf gute Traditionen zurückzugreifen, um sinnvoller, wahrscheinlich auch besser arbeiten zu können. Und auch das konnten der Neue oder die Neue gleich von meinem Schüler lernen: Alles, was man auf dem Violoncello oder einem anderen Musikinstrument spielt, also gleichermaßen Richtiges wie Falsches, übt man. Und diese Rechnung kannten alle meine Schüler: fünf Minuten falsch üben erfordern fünf Minuten richtiges Üben, um das Falsche auszumerzen. Danach, also nach zehn Minuten, befindet man sich wieder am Punkte Null. Übt man jetzt noch fünf Minuten richtig, so hat man schon fünfzehn Minuten verbraucht, davon zehn Minuten eigentlich sinnlos. Die Rechnung kann ganz schnell völlig andere Dimensionen annehmen, behält aber immer Gültigkeit. Dieses meinen Schülern deutlich zu machen, war für mich Alltagsarbeit. Die Konsequenz, die sich aus dieser Forderung ergab, lautete: Vom Einfachen zum Komplizierten, vom Leichten zum Schwierigen, aber jederzeit richtig, also perfekter Rhythmus, perfekte Intonation, schöner Klang.

Seien es nun einfache Volkslieder, erste leichte Sonaten, große Konzerte oder bedeutende Kammermusikwerke, alles musste mit der gleichen vollen Konzentration und absolutem emotionalen Einsatz gespielt werden. Doch jeder meiner Schüler war und blieb ein Unikat, ein Individuum mit seinen persönlichen Gefühlen, seinen Fähigkeiten und seinen Schwächen, auf die ich Rücksicht zu nehmen hatte. Jeder hatte das Recht, seinen eigenen Weg, ja sein eigenes inneres Wesen zu suchen, zu finden und zu entwickeln in dem zeitlichen Rahmen, der ihm angemessen war. So, wie bei den Pflanzen, die je nach Gattung, aber auch jede einzelne individuell, ihre Zeit zur Entwicklung benötigen. Noch so vieles Gießen oder Düngen kann da nicht helfen, sondern nur schaden. Heute würde ich sagen, ich habe mich immer bemüht, mit meinem wichtigsten und besten Mitarbeiter optimal zusammenzuarbeiten: Der Zeit!

Klaus Matakas

 

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