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nmz-archiv
nmz 2002/06 | Seite 38
51. Jahrgang | Juni
Jazz, Rock, Pop
Hits & Clips
Mia: Alles Neu
Gerade dachte man noch, der Trend zur Neuen Deutschen Welle klänge wieder ab. Da prescht dieses sich
so wild gebärdende Quintett aus den von der Industrie gut observierten Berliner Hinterhöfen hervor.
Mia klonen den Sound der Band Ideal eins zu eins, vom stampfenden Uptempo-Beat bis zur Rhythmus-Gitarre, die
die unbetonten Zählzeiten als Ska-Referenz markiert. Und die Sängerin, die sich Mieze nennt, krakeelt
sich ihrem Namen entsprechend kratzbürstig und rotzig durch die simple Hauruck-Nummer, die aus Versatzstücken
wie Keine Zeit zu verliern, Du weißt es wird passiern doch nur eine
diffuse Mahnung an den trägen Lover vom Stapel lässt. Wer den kurzen Texteinlassungen Achtung:
Ehrlich! glaubt, der wird in diesem Lied auch ein authentisches Berlin-Feeling nachvollziehen
wollen. Alle anderen erkennen, dass jede Berliner Straßenkreuzung mittlerweile ihre eigene Klischeekultur
in sich birgt.
Sophie Ellis-Bextor: Murder On The Dancefloor
Pures Entertainment, die junge Britin mit dem Charme einer Geena Davis oder Meret Becker (zwischen
staksig-robust und elegant-mondän) hat begriffen, dass es nur augenzwinkernden Kontrast braucht, um zeitgenössischen
Pop angenehm zu machen. Ihre zweite Single entlehnt den entspannt swingenden Beat zwar von ihrem Kooperationshit
Groovejet mit Spiller. Darüber machen sich aber zum einen die Streicher wieder einmal ganz
gut, der leicht blasierte und überhaupt nicht hysterische Gesang gibt mit der Melodieführung dem Groove
einfach nur ein wenig Schub und das Video dazu ist eine ebenso angenehme Freude im selbstdarstellerischen
Einerlei dieser Tage. Denn mit kleinen amüsanten Attentaten im Tanz-Wettbewerb schaltet Miss Ellis-Bextor
nicht nur ihre Mitbewerber, sondern auch jene Überambitioniertheit aus, die Pop oft so nervtötend
als Leistungssport anpreist.