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nmz-archiv
nmz 2002/06 | Seite 22
51. Jahrgang | Juni
Bücher
Viel Tiefe, schöne Lichter und Schatten
In gezielten Schritten zum passenden Oboenrohr
Michael Untch: Oboenrohrbau in Bildern. Eine Fotografische Bauanleitung für Anfänger und Fortgeschrittene.
Maria-Thann 2000 (Untch Verlag) 214 Seiten, € 40,
Herstellung, Spielwilligkeit, Farbe und Intonationsverhalten des Oboenrohres sind Gegenstand oft scheinbar
endloser Debatten. Kaum ein Bläser, der nicht irgendwas am Rohr auszusetzen hat. Nun ist wohl bei keinem
Blasinstrument der Tongenerator derart heikel wie bei der Oboe und ihren Nebeninstrumenten. In den letzten Jahren
haben sich etliche Firmen auf den Rohrbau spezialisiert und liefern gutes Material. Zu den führenden Anbietern
in diesem Bereich zählt Michael Untch, der gemeinsam mit seiner Frau Annemarie in dem kleinen Ort Maria-Thann
in der Nähe von Wangen im Allgäu eine Rohrbauwerkstatt betreibt. Als studierter Oboist und Oboenpädagoge
weiß er, wo bei seinen Kunden die Probleme liegen und kann ganz individuell Abhilfe schaffen.
In seiner voll ausgestatteten Werkstatt finden sich vornehmlich Maschinen eigener Konstruktion und Fertigung,
da es seriell hergestellte nicht zu kaufen gibt. Stolz ist Michael Untch auf die von ihm entwickelte computergesteuerte
Mess- und Sortiermaschine für Hölzer, ein absolutes Novum in diesem Bereich. Seine regelmäßig
abgehaltenen Rohrbaukurse brachten ihn auf die Idee, ein Buch herauszubringen, das den Fertigungsvorgang in
vielen Bildern differenziert aufschlüsselt und somit ein Erlernen dieser Kunst ermöglicht.
Das Buch besticht schon äußerlich durch solide Bindung und erstklassigen Druck und bietet sich von
daher als echtes Arbeitsmittel an, dem häufiges Blättern nicht schaden wird. Außer dem Vorwort
und einem Hinweis auf die SÜDOZ, die Süddeutsche Oboenzentrale der Familie
Untch (Oboenverkauf Second-Hand-Shop, Rohrbau, Vermittlung, Beratung) enthält es ausschließlich Fotos.
Und was für Fotos! Schwarzweiß vom Besten mit viel Tiefe, schönen Lichtern und nirgendwo zulaufenden
Schatten allein von daher (auch für Nicht-Oboisten) eine Freude. Entsprechend hoch ist die Informationsdichte,
alles Wesentliche wird erläutert und der technische Aufbau von Vorrichtungen und Maschinen ist nachvollziehbar,
selbst für nicht so Bewanderte.
Die didaktische Konzeption des vorliegenden Buches ist, den Lernwilligen in überschaubaren Schritten zum
Erfolg zu führen. Dieses scheint dem Autor voll und ganz gelungen. Darüber hinaus verrät es großes
Engagement und Hingabe, bedenkt man allein Aufnehmen und Ausarbeiten von über 400 Fotos. Die Beschränkung
auf die Bilddarstellung macht das Buch unabhängig von Sprachunterschieden anwendbar, schließlich
ist es ja für Musiker gedacht, die ohnehin eine Weltsprache sprechen. Jeder ernsthaft an der Oboe Interessierte
sollte es besitzen, denn selbst erfahrene Rohrbauer werden ihm noch den einen oder anderen Kniff entnehmen können.