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nmz-archiv
nmz 2002/07-08 | Seite II
51. Jahrgang | Aug./Sep.
Beilage:
Bücher für den Sommer
Vorliebe für Eierpunsch
Johannes Brahms einmal anders betrachtet
Renate
und Kurt Hofmann: Johannes Brahms privat Tafelfreuden und Geselligkeit, Westholsteinische Verlagsanstalt,
88 Seiten, ISBN 3-8042-1091-0, € 12,80
Scheint einem bei anfänglicher Lektüre dieses Buches eine Auflistung von Brahms Lieblingsspeisen
etwas befremdlich, so gerät man bei weiterem Lesen von Brahms Begeisterungsfähigkeit für
lukullische Genüsse ins Staunen. Die Bandbreite an Brahms bevorzugten Speisen und Getränken
ist durchaus beachtlich, ebenso wie die von ihm konsumierten Mengen. Dies wird anhand zahlreicher Zitate von
Freunden und Bekannten, von Brahms selbst sowie anhand schriftlicher Dokumente belegt. Den Autoren gelang es,
auch schwer zugängliches und teilweise unveröffentlichtes Quellenmaterial ausfindig zu machen.
Jedoch bleibt daneben die Frage offen, weshalb die Tafelfreuden so ausführlich und die Geselligkeit
Brahms so knapp behandelt werden. Auch wartet man als Leser auf die Darstellung von Zusammenhängen
zwischen der Arbeitswelt und Lebensart des Komponisten, scheint es doch verwunderlich, dass Brahms hier nicht
mehr als Komponist, sondern ausschließlich als Speisender Beachtung findet. Doch die Autoren beschränken
sich darauf, bis ins Detail auf dessen Vorlieben für Eierpunsch, Tabak, Schokolade, Johannisbeergrütze
und anderes einzugehen.
Wesentlich interessanter dagegen sind die Informationen, die nebenbei über Brahms durchscheinen: in einigen
Briefen bevorzugt an seinen Verleger Simrock gerichtet bittet er in charmantester Weise um Tabakpapier,
geräucherten Aal, und verschiedenste Weinsorten. Die Formulierungskunst, derer sich Brahms bedient, ist
äußerst elegant und bietet eine willkommene Abwechslung zum Text der Autoren.
Wenn sich auch der rein wissenschaftliche Wert in Grenzen hält, so ist dieses unterhaltsame Büchlein
in Verbindung mit den bekannten Brahms-Biografien eine bereichernde Ergänzung. Um es kulinarisch auszudrücken:
Die Verfasser haben sich mit ihrer Aufgabe ein Süppchen eingebrockt, dessen Auslöffeln dank des erfreulicherweise
hohen Gehaltes an Originalz(i/u)taten doch noch zum Genuss gereicht.