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nmz-archiv
nmz 2002/07-08 | Seite 7
51. Jahrgang | Aug./Sep.
Musikwirtschaft
Ohne Ausbildung droht die kulturelle Öde
Ein Bericht zur GEMA-Generalversammlung 2002 in Berlin
Die Erträge konnten erneut gesteigert werden. Mit seiner regelmäßig wiederkehrenden
Botschaft beglückte Vorstandschef Reinhold Kreile auch bei der diesjährigen GEMA-Generalversammlung
in Berlin Komponisten, Textdichter und Verleger.
Ein solches Ergebnis im Jahr 2001 ist in einer Zeit, in der der deutsche Tonträgermarkt über gravierende
Umsatzeinbrüche jammert, angesichts einer, so Kreile, hinter dem Stichwort Globalisierung sich versteckenden
Kulturfeindlichkeit alles andere als selbstverständlich. Die Rückgänge im deutschen Markt
konnten durch Steigerung der Lizenzierungen im Ausland kompensiert werden. Im Bereich der öffentlichen
Aufführungen wurde zudem eine Steigerung der Einnahmen von über fünf Prozent verbucht. Bemerkenswert,
dass Kreile hinsichtlich der Tonträgermisere in seinem Geschäftsbericht Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff
zitierte, der den Umsatz-Rückgang nicht in erster Linie auf die CD-Piraterie zurückführt. Die
Plattenfirmen haben schlicht geschlafen und sich nur auf ihre Oldies verlassen, hatte Middelhoff in der
Süddeutschen Zeitung verlauten lassen. Eine lange Zeit ignorierte die Industrie die veränderten
Wünsche der Kunden jetzt ist die Branche aufgewacht. Kreile ergänzte dies durch die Aufforderung
an alle Marktteilnehmer, die neuen richtigen Käufer zu finden. Gleichzeitig setzte er sich
jedoch vehement dafür ein, dass die neuen Richtlinien der Europäischen Union zum Urheberrecht in der
Informationsgesellschaft noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden müsse. Dies hätte zur Folge,
dass Software zum Knacken von Kopierschutzmaßnahmen, die heute in jeder Computerzeitschrift in Hülle
und Fülle angepriesen wird, zukünftig illegal ist.
Mit Stolz verwies Kreile auf den jüngsten Erfolg der GEMA: In die Verhandlungen mit der Bitkom über
die Urheberrechtsabgabe auf digitale Vervielfältigungsmedien (vor allem CD-Brenner und -Rohlinge) ist wieder
Bewegung gekommen, nachdem deren Vertreter zuvor auf stur geschaltet hatten. Zu einem von der Bundesjustizministerin
anberaumten Verhandlungstermin waren sie erst gar nicht erschienen. Jetzt aber haben sie Zahlungsbereitschaft
bekundet und folgen dem Vorschlag des Ministeriums (sechs Euro pro Brenner ab dem 1. Juli 2001 rückwirkend
auf drei Jahre).
Eher unter die Rubrik Sonstiges fiel die Erwähnung musikpädagogischer Erfordernisse in
Kreiles Geschäftsbericht. Wohl kein Politiker-Ausspruch der letzten Jahre zum Thema Kultur wurde inzwischen
so oft zitiert wie die Worte Otto Schilys über den Zusammenhang zwischen Musikschulschließungen und
der inneren Sicherheit unseres Landes. Auch Reinhold Kreile kam an diesem Satz nicht vorbei. Der Verlust von
Ausbildungsmöglichkeiten in der Musik bringe eine kulturelle Öde hervor, sagte Kreile, um dann sehr
schnell auf ein Thema umzuschwenken, das ihm offenbar mehr am Herzen liegt als die Musikpädagogik: die
Einrichtung eines Musikexportbüros. Nach dem Muster anderer europäischer Länder gehöre es
zu den umfassenden kulturell-wirtschaft-lichen Aufgaben des Staates, sich für die Verbreitung
deutscher Musik im Ausland stark zu machen. Hier wird in den kommenden Jahren viel zu tun sein.