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Ausgabe 2002/07-08
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nmz 2002/07-08 | Seite 23
51. Jahrgang | Aug./Sep.
Pädagogik

Geständnisse eines Musikschulleiters a. D.

Individualität I

Ist Ihnen schon einmal durch den Kopf gegangen, welch gefährliches Unternehmen das Essen mit Messer und Gabel sein könnte? Stellen Sie sich die morgendliche Sensationsmeldung in Ihrer Zeitung vor: „Auge beim Essen ausgestochen!“ Vor allem Kinder, die das Essen mit Messer und Gabel erst noch lernen sollen, könnten besonders gefährdet sein. Ich habe aber niemals gehört, dass sich jemand seine Gabel statt in den Mund versehentlich, oder weil er im Dunkeln gegessen hätte, ins Auge steckte. Deshalb machen sich Väter und Mütter bei ihren Kleinen auch wenig Sorgen um Mund oder Augen. Statt dessen wird den Kindern ein Lätzchen umgebunden und zusätzlich ertönt die Mahnung „kleckere nicht!“ Großen Wert legen die Eltern dagegen auf eine qualitativ gute und bewährte Kost für ihr Kind. Und normalerweise essen kleine Kinder bei uns auch die Produkte unseres Landes, selbst wenn die Eltern regelmäßig ins chinesische Restaurant gehen sollten. Coca Cola, Chips und Fritten werden von verantwortlichen Eltern und dem Hausarzt auch später noch als ungeeignete Nahrung betrachtet.

An solche Erfahrungen haben wir uns bei unserem Unterricht mit kleinen Kindern erinnert. Obwohl alle unsere Schüler schon sehr bald zu Beginn eines jeden Unterrichts ihre Tonleitern in den verschiedenen Tonarten mit unterschiedlichsten Bogenstrichen und Artikulationen vorführen mussten, war Technik niemals Selbstzweck. Der Schwerpunkt lag von Anfang an immer auf der Vermittlung von musikalischen Vorstellungen und ihrer adäquaten Wiedergabe. Entsprechend den Ermahnungen der Eltern beim Essen, forderten wir immer wieder: „Spiele rhythmisch, spiele sauber, spiele mit schönem Ton, spiele mit vollem Einsatz von Gefühl und Verstand!“ Diese Reihenfolge ist ganz und gar nicht zufällig! Hätte ich in Ungarn unterrichtet, wäre mir für den Anfangsunterricht vielleicht ein transsilvanisches Volkslied oder Ähnliches in den Sinn gekommen. Da wir jedoch Kinder aus dem Schwarzwald zu unterrichten hatten, lagen uns die eigenen Volkslieder natürlich näher. Ein Lied wie „Der Mond ist aufgegangen“ oder „Abendstille überall“ entspricht der historischen und seelischen Situation unserer Kinder sicherlich mehr als das transsilvanische Volkslied. Und wie schön klingen diese Lieder zu zweit gespielt, ob als Kanon oder mit einfacher Begleitung durch ein zweites Melodieinstrument! Da bot es sich doch geradezu an, die Kinder zusammen spielen zu lassen. Nicht nur, weil Tonleitern in Terzen ansprechender klingen, sondern auch, weil die Gemeinschaft motiviert und verpflichtet. So bekommt das erste Zusammenspiel Sinn und ist zusätzliche Motivation für das tägliche Üben. Es war für mich immer wieder überraschend, von den Eltern meiner Schüler versichert zu bekommen, dass sie sich nach einer kurzen Anfangsperiode um das tägliche Üben nicht mehr kümmern mussten. Es ist ja nicht so schwer, ein Lied wie „Der Mond ist aufgegangen“ auf dem Violoncello oder einem anderen Instrument zu spielen. Das Lied schön und ausdrucksvoll vorzutragen aber, ist auf jedem Instrument ein erster Schritt zu künstlerischer Gestaltung. Glücklicherweise bedarf es dazu noch nicht aller technischen Raffinessen! Später haben unsere Schüler natürlich Werke der verschiedensten Komponisten und Stilarten mit Verständnis und Begeisterung gespielt. Die technischen Ansprüche und Fähigkeiten wachsen nämlich mit der Zeit, sofern wir uns nicht mit dem Anspruchslosen und Simplen begnügen. Sie wuchsen doch bei uns allen unterschiedlich in Zeit und Intensität. Und so, wie jeder von uns das Essen mit Messer und Gabel gelernt hat, lernen wir unter vergleichbaren Bedingungen auch das Spiel eines Musikinstrumentes. Das Laufen erlernt schließlich auch jeder, und bestimmte Leute erkennen wir schon von weitem an ihrem Gang, obwohl doch keiner von ihnen „richtig“ oder „falsch“ läuft, sondern nur seinen eigenen, individuellen Stil gefunden hat. Das gleiche Recht, nämlich den persönlichen Weg zum Umgang mit dem Instrument zu finden, haben wir allen unseren Schülern eingeräumt. Sie haben diesen Weg mit unserer Hilfe, jeder auf seine Weise, gesucht und gefunden!

Klaus Matakas

 

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