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nmz-archiv
nmz 2002/09 | Seite 57
51. Jahrgang | September
Dossier: 50 Jahre VdM & Geschichte
der Kulturverbände
Erfolgsgeschichten von Mombotz, Motz und Strubbeltatz
Kindermusicalautoren Veronika te Reh und Wolfgang König
bekommen ein eigenes Haus für Musiktheater
„Der Kleine Mombotz“, „Mtoto Bogo“, „Motz
und Arti“, „Magic Drum“ – in Beckum-Warendorf
sind diese Musicals von Wolfgang König und Veronika te Reh
populärer als Andrew Lloyd Webbers „Cats“ oder
„Die Schöne und das Biest“. Längst reicht
der Bekanntheitsgrad dieser Musicals für Kinder ab vier Jahren
über den engeren Kreis der emsländischen Gemeinde hinaus:
Musikschullehrer und Schulmusiker, die sich einmal ernsthaft mit
Musicals für Kinder befasst haben, kennen die Klassiker des
Komponisten König und der Autorin te Reh. In diesem Jahr blicken
die beiden auf 20 Jahre erfolgreiche Musicalarbeit zurück.
In dieser Zeit gelang es König und te Reh, ihr Hobby oder ihre
Leidenschaft fürs Musiktheater und Schauspiel zur Profession
zu machen. Noch heute reisen sie durch die Welt, schauen in London
Shakespeare und in Bali Tanztheater. Damit veränderten sie
die Musikschule Beckum-Warendorf, an der Wolfgang König als
Leiter und Veronika te Reh als Lehrerin tätig sind, völlig
und machten sie zu einem bundesweiten Zentrum für Kindermusicals.
Doch zurück zu den Anfängen: Mit der ersten deutschen
Schulinszenierung von Hans Werner Henzes „Pollicino“
(die deutsche Erstaufführung durch Profis fand 1981 in Schwetzingen
statt), leisteten König und te Reh Pionierarbeit. Dazu König:
„Radio Bremen übertrug die Premiere aus der Ahlener Stadthalle
und produzierte aus der Probenarbeit heraus mehrere Schulfunksendungen
und der Verband deutscher Musikschulen (VdM) lud uns ein, „Pollicino“
auf dem Bundesmusikschulkongress 1983 in Osnabrück als Musterprojekt
für Musiktheaterarbeit vorzustellen.“
Bei diesem ersten Kontakt mit dem VdM sollte es nicht bleiben:
17 Jahre später klatschten die Besucher des VdM-Musikschulkongresses
2001 in Leipzig begeistert Beifall für „Magic Drum“,
ein neues Stück von König und te Reh. Noch heute sind
die beiden Avantgarde, was Musicalprojekte für Kinder angeht.
Wie kam es zu dieser inzwischen zwanzigjährigen Erfolgsgeschichte?
Ganz einfach: Nach „Pollicino“ und dem Folgeprojekt
„Hänsel und Gretel“ von Humperdinck fanden die
beiden keine adäquate Literatur mehr. Wollten sie weitermachen,
dann mussten sie selbst schreiben. Mit dem Stück “Strubbeltatz“
stellten sie 1986/87 die Weichen für ihre gesamte spätere
Arbeit.
Bis 1997 waren zahlreiche Stücke entstanden, und Nachwuchsarbeit
im großen Stil bewältigt. Die Musicalprojekte Königs
sind durch einige Besonderheiten gekennzeichnet: Sie sind maßgeschneidert,
bei Bedarf für Kinder von vier bis siebzehn Jahren. Sie stellen
die Arbeit des Chores in den Mittelpunkt, und ermöglichen es
dadurch die gesamte Musikschule einzubeziehen. Zum Teil erreicht
die Zahl der Akteure Ausmaße einer Meistersinger-Inszenierung
oder der Passionsspiele in Oberammergau.
Die Teilnehmer machen alles selbst, es wird sozusagen nichts zugekauft.
Auch ehrenamtliche Elternarbeit wird großgeschrieben: Dadurch
entsteht ein starke Identifikation mit der Musikschule Beckum-Warendorf,
die zum Teil noch bis ins Erwachsenenalter reicht.
Es können junge Musiker fast aller Levels, vom Anfänger
bis hin zum „Jugend musiziert“-Teilnehmer mitmachen
und – das ist eine wichtige pädagogische Maßgabe
– bei jedem Projekt geht es um etwas. Theater spielen ist
hier kein Spiel in einer beschützten Schulwirklichkeit, kein
Spiel im Sandkasten, sondern echte Projektarbeit.
Seit Anfang der neunziger Jahre kam eine weitere Komponente in
die Arbeit der Beckumer: die Interkulturelle. Über Rudolf Blauth
hatte sich ein Kontakt zwischen Institutionen im Kreis Warendorf
und dem „Bagamoyo College of Art“ in Tansania ergeben.
Das war die Initialzündung zu Stücken wie „Mwanzo
wa Makonde“, „Mtoto Boga“ (siehe auch nmz Juli/August
1997) und „Magic Drum“ (siehe nmz Juni 2001)
Jetzt im zwanzigsten Jahr nach der ersten Pollicino-Inszenierung
bekommt die Arbeit wieder eine neue Qualität. Das Musiktheater
der Musikschule Beckum-Warendorf bezieht ein eigenes Gebäude:
das Haus Nottbeck.
Als Wolfgang König vor einigen Jahren das erste Konzept für
den Umbau des alten Gutshauses Nottbeck in ein Haus für Musiktheater
der Öffentlichkeit vorstellte, titelte die örtliche Tageszeitung:
„Der König will sich ein Schloss bauen“. Immerhin
einen Zehn-Millionen-Mark-Etat veranschlagte der Musikschulleiter,
Komponist und Musicalmacher für sein ehrgeiziges Projekt.
Im zweiten Anlauf, ist ihm die Realisierung nun gelungen: Anfang
Juli 2002 wurde der Start der Umbauphase mit einer zweitägigen
Großveranstaltung „Wer verflixt ist Notti?“ eröffnet.
Mit Mitteln aus Kreistag, Landesmitteln für die Emsregionale
im Jahr 2004, mit Sachmitteln des im gleichen Areal untergebrachten
Museums für Westfälische Literatur, der Nordrhein-Westfalen
Stiftung sowie Mitteln aus einem Förderverein wird es nun gelingen,
das Rittergut in ein Zentrum für Musiktheater mit Probebühne
und Übernachtungsmöglichkeiten für die Chormitglieder
umzubauen. Wir sind gespannt auf das erste Musical aus dem Haus
Nottbeck!