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nmz-archiv
nmz 2002/09 | Seite 55
51. Jahrgang | September
Dossier: 50 Jahre VdM & Geschichte
der Kulturverbände
Eine unerhört rasante Entwicklung
Von der Vereinigung der Ost- und Westdeutschen Musikschulen
Wenn ich zum Jahreswechsel 2002, den Euro – wenige Tage
jung – in der Tasche, anlässlich unseres bevorstehenden
Jubiläums an die „heißen“ DDR-Wendezeiten
1989/1990 zurückdenke, so betrachte ich beide Ereignisse im
nur kurzen Abstand von zwölf Jahren trotz aller noch anstehenden
Probleme als Teil einer unerhört rasanten, aber auch logisch
konsequenten Entwicklung, die mich auch für alles Weitere optimistisch
sein lässt.
Als ich in der DDR zur Gründung eines parteien- und staatsunabhängigen
Verbandes der Musikschulen aufrief, ihn mit guten Weggefährten
im März 1990 in Erfurt gründete, gab es noch die eindeutige
Gliederung der DDR nach Bezirken, doch wir etablierten bereits die
Strukturen unserer Landesverbände nach sich abzeichnenden neuen
Landesgebieten.
Als jahrzehntelanges Mitglied des Gemeindekirchenrates einer Ostberliner
Gemeinde, in deren Mauern die Wiedergründung der SPD in der
DDR vorbereitet und diverse Vorläufer des Bündnis 90 gegründet
wurden, bekam ich sehr früh Kontakt mit westdeutschen Partnern,
späteren Freunden, und als Gründungsmitglied sowie gewählter
stellvertretender Vorsitzender des Kulturrates der DDR unter anderem
auch mit Diethard Wucher, damals Vorsitzender des Verbandes deutscher
Musikschulen. Er, sowie der Bundesgeschäftsführer Rainer
Mehlig, aber auch Reinhart von Gutzeit, sowie mancher westdeutsche
Vorstand eines Landesverbandes halfen uns mit Rat und Tat, sowie
auch bei der Bewältigung logistischer Aufgaben. So war uns
auch ein ausgedienter Kopierer aus der Bonner Bundesgeschäftsstelle
eine unschätzbare Hilfe dieser ersten Zeit. Der „Trabant“
brachte uns zu „Kennenlern-Besuchen“ nach Bonn. Die
uns zunächst unbekannten Kurswagen der Deutschen Bundesbahn
lernten wir – im Speisewagen nach Trossingen sitzend –
kennen, nachdem wir unsere Sachen in den inzwischen abgehängten
Wagen nicht wiederfanden, aber glücklicherweise einer von uns
sie bewacht hatte. Ich erinnere mich an die Aufnahme in die EMU
und unseren Antrittsbesuch in Österreich. Ja, es waren spannende
Zeiten.
Auch wenn wir dann in Cottbus auf unserer ersten Generalversammlung
unter Anwesenheit unserer westdeutschen Verbandspartner verbandsrechtlich
unseren DDR-Verband auflösen mussten, um unsere Musikschulen
in einem gesamtdeutschen Verband zu vereinen, war dies vom Inhalt
und der Umsetzung eher ein gleichberechtigter Zusammenschluss. Zwei
Mitglieder unseres Arbeitspräsidiums wurden Mitglieder des
Bundesvorstandes, einer sogar stellvertretender Vorsitzender und
die bereits existenten Landesverbände Ost erhielten Sitz und
Stimme im Erweiterten Bundesvorstand. Auch wenn es heute noch, gerade
auch in Berlin, gewisse Unterschiede zwischen ehemals Ost- und Westberliner
Musikschulen gibt, schätze ich diese inzwischen zwölf
Jahre ein als ein offenes, vertrauensvolles Aufeinander-Zugehen
und ein in der Verschiedenheit Einander-Annehmen.
Der 50. Jahrestag des VdM ist ein Anlass, all den vielen Beteiligten
aus Ost und West an diesem gemeinsamen Prozess trotz aller derzeitiger
Sorgen um die Finanzen des öffentlichen Dienstes und damit
auch vieler Musikschulen herzlich Dank zu sagen.