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Ausgabe 2002/09
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nmz 2002/09 | Seite 29
51. Jahrgang | September
Pädagogik

Geständnisse
eines Musikschulleiters a. D.

Individualität II

Es war eine lange Zeit, die unsere Schüler an der Lahrer Musikschule verbringen durften. Mag sein, dass dies arrogant klingt, aber ich weiß von vielen Eltern, dass sie noch heute so denken. Unsere Schüler, aber auch deren Eltern spürten sehr schnell, dass wir eine echte Schule waren, also eine auf Kontinuität und langfristige Ausbildung angelegte Einrichtung. Andererseits wiederum keine Schule im üblichen Sinne, denn es fehlte jede Form der Katalogisierung oder des persönlichen Ausschlusses. Die wichtigsten Lehrer waren auch nicht wir, sondern die großen Komponisten der Vergangenheit und Gegenwart und unser aller Aufgabe war es, die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen Zug um Zug, entsprechend Alter und Begabung, an die gemeinsamen Vorbilder heranzuführen und ihnen das dazu erforderliche Handwerk zu vermitteln. Niemand kann sich mit den großen Geistern und Meistern intensiv beschäftigen, ohne nicht dadurch in seiner Persönlichkeitsstruktur verändert zu werden. Angesichts unseres Hanges zu Bequemlichkeit und Ängstlichkeit, bedarf es schon starker Kräfte, um uns zu Ausbruch und Aufbruch zu bewegen. Wir waren mit der Auswahl unserer Vorbilder also gut beraten und haben uns damit unsere Arbeit im Sinne der musikalischen Hausregeln von Robert Schumann, dass das Beste gerade gut genug sei, leicht gemacht. Die Eltern unserer Schüler erkannten schnell, dass der Unterricht ihrer Kinder an der Musikschule nicht nur zu instrumentalen und musikalischen Fähigkeiten führte, sondern darüber hinaus zu einer persönlichen intellektuellen Entwicklung, die sie überraschte, die ihnen aber ganz besonders am Herzen lag. Eine Ausbildung gleichermaßen von Verstand und Emotionen, eine Erziehung zu Selbstständigkeit und Verantwortung. Das Musizieren in Kammermusikgruppen war dabei eine Hilfe, die gar nicht hoch genug bewertet werden kann, denn die Zusammensetzung erfolgte nach Leistungsstand, nicht nach Alter oder Unterrichtsdauer. Die Jüngeren waren stolz, mit Älteren zusammenspielen zu dürfen und genossen deren Hochachtung und Fürsorge. Auf diesem Weg haben die Eltern, unterstützt von ihren Kindern, mitlernen müssen: Fort von der Klassifizierung nach “Jugend-Musiziert“-Preisen und hin zur Persönlichkeitsbewertung. Unvergessen bleibt mir der Ausspruch eines Vaters, der, nachdem sein Sohn mit den anderen Schuberts Rosamunde-Quartett aufgeführt hatte, meinte: „Schubert hat ja tatsächlich richtige Musik geschrieben!“ Ich denke gerne an diesen freundlichen Vater zurück, der die persönliche Entwicklung seines Sohnes mit so viel Anteilnahme begleitet hat. Heute ist Hilmar stellvertretender Solocellist in einem bedeutenden Genfer Sinfonieorchester. Ich denke auch oft an eine Oboenschülerin, die mir erzählte, sie hätte weinen müssen, als sie zum ersten Mal das Solo des Englischhorn im langsamen Satz von Dvoráks 9. Sinfonie hörte. Iris spielt heute in einem Sinfonieorchester im Ruhrgebiet und sie spielt gerne im Orchester. Erstaunlich viele Schüler der Lahrer Musikschule haben die Musik zu ihrem Beruf erkoren. Obwohl wir niemals jemandem zum Musikstudium geraten haben – wir haben allerdings auch niemals abgeraten – waren wir immer stolz auf diejenigen unserer Schüler, die ihren Weg als Berufsmusiker gegangen sind. Genau so stolz waren wir aber auch auf diejenigen, die, ohne jemals Musik an einer Hochschule studiert zu haben, in Laienorchestern als begehrte und fähige Instrumentalisten aufgenommen wurden. Allen gemein war die Erfahrung, dass auch Musik nicht katalogisiert werden kann.

Gleich welches Instrument, gleich welcher Art die Musik, entscheidend bleiben letztendlich nur Qualität und persönlicher Einsatz. Auf einem Foto, das aus frühen Jahren stammen muss, sehe ich Beate, Martin, Tabea und Maria Quartett spielen. Das Foto entstand in Innsbruck anlässlich einer Tagung, bei der die vier spielen durften. Sie waren damals nicht älter als höchstens neun bis zwölf Jahre. Martin, mit dem ich jetzt ab und zu gemeinsame Konzerte veranstalte, meinte neulich: „Sehen Sie sich das Bild doch einmal genauer an. Wir hatten damals, ohne Sie zu fragen, beschlossen, einfach einmal die Instrumente zu tauschen: Beate und Tabea spielten Violine, ich Viola und Maria Violoncello.“ Nur Maria ist immer bei ihrem Violoncello geblieben. Aber die ist inzwischen ja auch angesehene, Cello spielende Amtsrichterin geworden, die anderen wurden Berufsmusiker.

Klaus Matakas

 

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