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nmz-archiv
nmz 2002/09 | Seite 24
51. Jahrgang | September
Rezensionen
Angenehme Abbilder der Welt
Die DVD: „For Promotional Use Only – Musikvideos
aus dem Off“ (bold/connected)
Diese Sammlung mit 17 Musikvideos ist nicht der Aktualität
verpflichtet. Sie schreit nicht „brandneu!“, protzt
nicht mit der „nächsten Nummer Eins!“ oder „Kauft
diese Platte“. Sie versammelt Clips aus den vergangenen vier
Jahren, Videos zu Musik aus deutschen Produktionen zwischen Diskurs-
und Festplatten-Pop. Die Kölner Firma Kommunikation & Musik
stellte mit dieser DVD Clips aus dem eigenen Haus und anderen in
Berlin oder Hamburg vor, „um nach der Vernichtung von viva2
eine alternative Plattform für angenehme Musikvideos zu schaffen“,
so das Info.
„Angenehm“ soll sie also sein, die Alternative „aus
dem Off“. Anstelle kreischbunten Spaßterrors vielleicht
eher „Heiterkeit“. Das gleichnamige Lied von Peter Licht
(der als Meinrad Jungblut mit „Sonnendeck“ einen veritablen
Hit in diesem „Off“-Bereich hatte) scheint ein wenig
das Zentrum zu sein in diesem Reigen. Denn zum einen erklärt
er mit seinem sonnigen Schlager jenes Heitere, Angenehme. Dem Text
nach liebt er alles Mögliche und Unmögliche auf dieser
Welt – unter einer Bedingung: „Nur charmant muss es
sein. Und subtil. Und sexy. Und Witz muss es haben. Und Esprit.
Und Heiterkeit.“
Wer will ihm und damit den Leuten, die diese Bilder und Töne
produzieren, da nicht zustimmen? Zumal das Video dazu, gemacht von
der Produktionsfirma 2Pilots, diese Bedingungen erfüllt. Liebevoll
werden hier Szenarien des Alltags im Liegen nachgestellt, gefilmt
von oben. Gehen ist Kriechen, Springen ist Krabbeln, Gras ist eine
grüne Decke, Wasser blaue Folie. Alles ist in diesem Spiel
mit der Zweidimensionaliät unwirklich und doch sehr nah, und
die selbstgenügsam-melancholische Melodie des Liedes breitet
dazu die Arme aus. Und ein kleines „Making Of“ ist auch
dabei.
Wer vor dieser DVD in einem Rutsch hängen bleibt, spürt
– auch wenn nicht alles brillant ist – einen anderen
Flow, eine andere Geste als vor dem täglichen Clip-TV, weil
diese Szenarien des Alltags die Welt des Pop anders abbilden: Wahrhaftiger,
gleichzeitig lässiger und offener für den politischen
Blick. Ernsthafter wie bei Blumfelds „Graue Wolken“,
gedreht von Jochen Distelmeyer selbst. Amüsanter wie bei „Mouse
on Mars“ oder dem längst berühmten „Ping Pong“
der Computerjockeys, das im Übrigen eine zweite Tonspur für
eine Remixversion nutzt. Und preisverdächtiger, der Film zu
„Lifechange“ von Whirlpool Productions lief eher beim
Filmfest in Cannes als bei MTVIVA.
Und das ist tatsächlich angenehm, auch bei mehrmaligem Abspielen.
Wir hoffen jedenfalls, dass diese Compilation der Start einer regelmäßigen
Reihe ist.
Stefan Raulf
For
Promotional Use Only. Musikvideos aus dem Off (bold/connected)