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nmz-archiv
nmz 2002/10 | Seite 31
51. Jahrgang | Oktober
Bayerischer Kulturrat
The Penal Colony – die Todesmaschine
Philip Glass’ neue Oper nach Franz Kafka in Nürnberg
Philip Glass’ 2000 in Seattle uraufgeführte Oper setzt
sich mit Franz Kafkas berühmter Erzählung „In der
Strafkolonie“ auseinander. In dieser Erzählung prangert
Kafka Unmenschlichkeit und Mitleidlosigkeit in einer scheinbar rationalen
und geordneten Welt an. Alles erscheint logisch und klar und doch
ist nichts absurder, als dass einer sich aufschwingt, den andern
scheinbar nach Recht und Gesetz zu morden: die Todesmaschine. „Umbringen
müsste man den, einfach hinrichten“ – wie oft hört
man heutzutage diesen Satz. Leichtfertig dahin gesagt, aber dahinter
versteckt sich eine Haltung, die unmenschlich und grausam ist –
und: wie schnell wendet sich eine Situation gegen den Urteilenden
und er wird selbst hingerichtet von der öffentlichen Meinung,
die er vorhin so eloquent vertreten hat! Genau diese Situation begreift
Kafka in seiner zunächst scheinbar abstrusen Erzählung,
die der berühmte amerikanische Komponist Philip Glass für
sein neuestes fulminantes Werk ausgesucht hat. Schon in seinen berühmten
Opern „Satyagraha“ und „Echnaton“ –
grandios an der Stuttgarter Oper inszeniert – hat Glass gezeigt,
wie er kühl und völlig distanziert mit Musik umgehen kann;
keine romantische Gefühlsduselei, sondern eiskalt sezierte
Gefühle.
Nach der deutschen Erstaufführung im März 2002 in Darmstadt
hat die Pocket Opera Company als zweite Bühne in Deutschland
das neueste Werk des renommierten amerikanischen Komponisten in
ihr Repertoire aufgenommen – Premiere war am 26. September
2002 in der Regie von Peter B. Wyrsch mit dem Ensemble Klangkonzepte
Nürnberg unter der musikalischen Leitung von Andrea Molino.
Die Oper kommt am 6. November 2002 im Rahmen der Themenwoche „Live
from Death Row“ in der Galerie Lindig, Nürnberg erneut
zur Aufführung.