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nmz-archiv
nmz 2002/10 | Seite 53
51. Jahrgang | Oktober
Dossier: Kulturstiftungen
Eine Reform + ein Reförmchen = Neues Stiftungsrecht
Was bringen die Änderungen bei Stiftungssteuerrecht und
Stiftungszivilrecht der Kultur?
In der vergangenen Legislaturperiode waren Stiftungen ein Topthema
im Deutschen Bundestag, im Bundesrat und in den Medien. Angefangen
hatte das Interesse an Stiftungen bereits in der vorletzten Legislaturperiode.
Bundestagsvizepräsidentin Antje Volmer (Bündnis90/Die
Grünen) forderte 1997 ein neues modernes Stiftungsrecht, um
die Stiftungskultur in Deutschland zu entwickeln. Dass gerade eine
Politikerin der Grünen diese Forderung aufstellte, war ungewöhnlich,
waren es doch gerade die Linken, die Stiftungen und besonders Stiftern
bis zu diesen Zeitpunkt eher kritisch gegenüberstanden.
Sicherlich hat auch dieser Umstand dazu beigetragen, dass die CDU/CSU
den Aktivitäten der Grünen nicht nachstehen wollten und
ihrerseits Vorschläge für eine Stiftungsreform vorlegten.
Bei der CDU/CSU war der Kulturpolitiker Norbert Lammert der Wortführer,
der gemeinsam mit der Kulturpolitikerin Antje Volmer die Idee einer
Stiftungsreform im Bundestag populär machte. Nach der Berufung
des ersten Kulturstaatsministers, Michael Naumann (SPD), kurz nach
der Bundestagswahl 1998 wurde die Stiftungsreform endgültig
zu einem kulturpolitischen Thema. Der ebenfalls 1998 eingerichtete
neue Bundestagsausschuss für Kultur und Medien übernahm
unter seiner Vorsitzenden Elke Leonhard (SPD) sogar gegen alle Gepflogenheiten
im Deutschen Bundestag die Federführung für die Stiftungssteuerrechtsreform,
die eigentlich dem Finanzausschuss zugestanden hätte.
Stiftungssteuerrecht – Eine Reform
Bei der Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung erwarten
den Stifter steuerliche Vorteile. Mit den steuerlichen Vorteilen
will der Staat Anreize zum Stiften schaffen. Dennoch gilt: Stiftungen
sind kein Steuersparmodell. Wer stiftet, gibt einen Teil oder auch
sein ganzes Vermögen ewiglich weg. Es ist daher richtig, dass
dieses Engagement für die Gesellschaft steuerlich berücksichtigt
wird. Die Ausstattung einer gemeinnützigen Stiftung mit Vermögen
wie auch durch Spenden ist steuerlich als Sonderausgabe abzugsfähig.
Dabei gilt, dass bis zu einer Höhe von fünf Prozent des
steuerpflichtigen Einkommens geltend gemacht werden können.
Für Unternehmer oder Unternehmen sind bis zu einer Höhe
von 0,2 Prozent der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr
aufgewendeten Löhne und Gehälter steuerlich abzugsfähig.
Bei Zuwendungen an eine Stiftung mit wissenschaftlichen, mildtätigen
und als besonders förderungswürdig anerkannten kulturellen
Zwecken erhöht sich der Satz auf zehn Prozent.
Nach den Verbesserungen durch die Stiftungssteuerreform in der
letzten Legislaturperiode können bis zu 20.450 Euro gemeinnützigen
Stiftungen des privaten Rechts und des öffentlichen Rechts
über die bisherigen Abzugsgrenzen hinaus zusätzlich steuerfrei
zugewendet werden. Diese Regelung ist ein Signal für Stifter
mit kleinerem Einkommen und hilft vor allem den Stiftungen mit vielen
Stiftern, zum Beispiel den Bürger- und Gemeinschaftsstiftungen.
Aber auch Stifter, die ein großes Vermögen in eine gemeinnützige
Stiftung einbringen können, werden zum Stiften angeregt. Sie
können einen zusätzlichen Abzugsbetrag von 307.000 Euro
für Erstdotationen an eine gemeinnützige Stiftung über
einen Zeitraum von zehn Jahren geltend machen.
Weiterhin gilt für Stifterinnen und Stifter die sogenannte
Großspendenregelung. Danach ist bei Stiftungsdotationen, die
die genannten Höchstgrenzen der einkommensteuerlichen Abzugsfähigkeit
überschreiten, eine Verteilung auf einen Zeitraum von bis zu
acht Jahren möglich. Bei Nutzung aller steuerlichen Möglichkeiten,
kann beim privaten Stifter eine Steuerentlastung von fast der Hälfte
der Dotationssumme erreicht werden. Neben diesen steuerlichen Möglichkeiten
für Stifterinnen und Stifter sind noch eine Reihe weiterer
steuerlicher Vorteile von Bedeutung. Zum Beispiel ist die Errichtung
einer Stiftung oder Zuwendungen an eine bereits bestehende Stiftung
(so genannte Zustiftung) schenkungsteuer- beziehungsweise erbschaftsteuerfrei.
Dieser Vorteil kann unter Umständen auch noch vom Erben geltend
gemacht werden, wenn er aus dem Erbe eine Stiftung errichtet. Oder
bei der Übertragung inländischen Grundvermögens auf
eine gemeinnützige Stiftung wird keine Grunderwerbsteuer fällig.
Auch löst die Errichtung einer Stiftung grundsätzlich
keine Umsatzsteuer aus.
Gemeinnützige Stiftungen sind außerdem von den meisten
Steuern, insbesondere von Ertrag- und Vermögenssteuern befreit.
Damit erkennt der Staat an, dass die Stiftungen im Dienste des Allgemeinwohls
stehen und Aufgaben erfüllen, die andernfalls vollständig
aus dem Steueraufkommen erfüllt werden müssten.
Durch die Reform des Stiftungssteuerrechtes wurde das Stiften
deutlich erleichtert. Der Erfolg machte den Abgeordneten Mut auch
den nächsten Schritt, die Reform des Stiftungszivilrechtes
zu wagen.
Stiftungszivilrecht – ein Reförmchen
Bei den Parteien im Deutschen Bundestag herrschte Übereinstimmung,
dass eine Reform des Stiftungsrechts ohne zivilrechtlichen Teil
eine Dame ohne Unterleib ist. Erst mit der Reform des Stiftungszivilrechts
ist der Reformkomplex Stiftungssteuer- und Stiftungszivilrecht abgeschlossen.
Doch im Gegensatz zum Steuerrecht, das eindeutig in den Kompetenzbereich
des Bundes fällt, ist das Stiftungszivilrecht hauptsächlich
Ländersache.
In allen sechzehn Bundesländern sind Stiftungsgesetze in Kraft,
die zwar in mancherlei Hinsicht voneinander abweichen, in den Grundzügen
jedoch übereinstimmen. Die Landesgesetze regeln die staatlichen
Zuständigkeiten (Geltungsbereich, Stiftungsaufsichtsbehörden)
und ent- halten Vorschriften für den Inhalt der Stiftungssatzung,
vor allem hinsichtlich des Namens der Stiftung, des Sitzes, des
Zwecks und des Vermögens sowie der Stiftungsorgane und der
Verwendung der Stiftungserträge. Schließlich werden in
den Landesgesetzen auch die Rechte und Pflichten der Stiftungsaufsicht
geklärt.
Um Ärger mit den Ländern im Vorfeld zu vermeiden, setzte
Bundesjustizministerin Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) eine
Bund-Länder-Arbeitsgruppe ein, die Vorschläge zur Reform
des Stiftungszivilrechts erarbeiten sollte. Nach über einjährigen
Beratungen kam diese Arbeitsgruppe schließlich Anfang November
2001 zum Schluss, dass eigentlich alles bestens sei und nur geringfügige
Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) oder anders
gesagt, Anpassungen an die Rechtspraxis erforderlich seien. So legte
Anfang dieses Jahres das Bundesministerium der Justiz einen Referentenentwurf
zur Reform des Stiftungszivilrechts vor und am 20. Februar 2002
folgten die SPD-Fraktion und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
mit ihrem gemeinsamen Gesetzesentwurf „Entwurf eines Gesetzes
zur Modernisierung des Stiftungsrechts”. Sie lieferten damit
das nach, was die FDP-Bundestagsfraktion mit ihrem Gesetzesentwurf
„Entwurf eines Gesetzes für eine Reform des Stiftungszivilrechts”
bereits am 4. April 2001 vorgelegt hatte.
Nicht der Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestags,
der bei der Reform des Stiftungssteuerrechts noch die Federführung
innehatte, sondern der federführende Rechtsausschuss des Deutschen
Bundestags führte am 20. März 2002 eine Anhörung
zu den vorliegenden Gesetzesentwürfen der genannten Fraktionen
durch. Das Gesetz trat am 1. September 2002 in Kraft.
Die wichtigste Neuerung in dem Gesetz ist, das Stiftungen künftig
„anerkannt” und nicht mehr „genehmigt” werden.
Die Stiftung muss anerkannt werden, wenn das Stiftungsgeschäft
den Anforderungen nach § 81 BGB genügt.
Das Recht auf Stiftungen wird damit verankert. Leider wurde in
dem Gesetz versäumt zu klären, was eine Stiftung eigentlich
ist. Wenn man die Stiftungsidee wirklich fördern will, dann
muss man Stiftungen in der Zukunft eindeutig definieren. Nur damit
kann erreicht werden, dass die „Mogelpackungen” und
die „Unechten Stiftungen” den guten Ruf der Stiftungen
nicht gefährden können.
Fazit
Abschließend kann man sagen: Die letzte Legislaturperiode
hat eine deutliche Verbesserung für Stiftungen im steuerlichen
Bereich gebracht. Leider wurde nicht mit dem selben Erfolg auch
das Stiftungszivilrecht reformiert.
Hier wird in der neuen Legislaturperiode noch einmal nachzubessern
sein. Unbestritten haben aber die steuerrechtliche Reform des Stiftungsrechtes
und das zivilrechtliche Reförmchen die Aufmerksamkeit der Bevölkerung
auf die Stiftungen gelenkt. In den letzten zehn Jahren hat sich
die Anzahl jährlicher Neuerrichtungen von Stiftungen von 181
(1990) auf 829 (2001) mehr als verfünffacht. Deutschland erlebt
einen Stiftungsboom. Gerade die Kultur wird davon profitieren.