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nmz-archiv
nmz 2002/10 | Seite 32
51. Jahrgang | Oktober
Laienmusik
Stuttgarter Innenstadt im Klangrausch
Laienmusiker gratulieren zum Landesgeburtstag
„Das Musizieren ist eine wahre Volksbewegung in diesem Land“
betont Ministerpräsident Erwin Teufel bei der Eröffnung
des Landesmusikfestivals im Weißen Saal des Neuen Schlosses
in Stuttgart vor den Ehrengästen und den Vertretern der beteiligten
Landesverbände. Startschuss zu einem Fest der Superlative.
Die Vielseitigkeit der Möglichkeiten erklingt gleich nach der
Motiv-Fanfare „Wir machen die Musik“, extra von Jochen
Wehner komponiert vom Landesblasorchester Baden Württemberg
und Sängern aus Baden und Württemberg in Szene gesetzt.
Unser Leben spricht tausend Sprachen“ stimmen die Sängerinnen
und Sänger an, und die Akkordeonisten intonieren mit Paul Kühmstedts
Habanera ein Werk des einheimischen Komponisten. „Musik ist
die beste Schule das Leben zu erlernen und zugleich das wirkungsvollste
Instrument, ihm zu entfliehen“ zitiert der Ministerpräsident
und er fügt hinzu, dass Kinder und Jugendliche dies nicht nur,
aber auch in besonderer Weise beim Musizieren erfahren würden.
Grundsätzlich jeder Mensch könne von Musik berührt
werden und sich damit den Reichtum dieser Welt erschließen.
Da regnete es Sterntaler an diesem Tag des Landesmusikfestivals
in Stuttgart. Die Innenstadt war proppenvoll, denn an zirka 20 Standorten
vom Hauptbahnhof bis zur Marienstraße wechselten stündlich
die Musikgruppen. Zahlenmäßig hatten die Blasmusiker
bei den beteiligten 12.000 Musikerinnen und Musikern eindeutig die
Nase vorn. Das klingende Geburtstagsständchen kam aus den verschiedensten
Bereichen der Laienmusik, Chöre, Zupfer und Akkordeonspieler
im bunten Miteinander.
„Es macht Spaß, dort zu sein wo die Musik spielt“
meinte der Präsident des Blasmusikverbandes Minister Rudolf
Köberle. Mit strahlendem Lächeln überreichte er zusammen
mit dem Ministerpräsidenten 33 Musikvereinen die Conradin Kreutzer
Tafel für langjähriges Vereinsbestehen.
Wenn der Himmel in diesem Moment auch Freudentränen vergießt
tut das der Begeisterung der aktiven Musiker keinen Abbruch. Die
zweifelnden Blicke zum Himmel, ob das Wetter denn halten wird bis
zum großen Festumzug sind unbegründet, denn die 80 Teilnehmergruppen
am Festumzug werden von der Sonne wieder so verwöhnt , dass
der Schweiß im Marschrhythmus von der Stirne tropft. Wasser
marsch, heißt es derweil am Eckensee, wenn die Jüngsten
ihre Erfahrungen mit Wasserorgeln, Tauchgong und Topfschlagzeug
machen. Eine beachtenswerte Initiative der Musikjugend für
den Nachwuchs. Grundschulkinder singen auf der Operntreppe Lieder
und die Jugendchöre stimmen voller Freude ein, da wird jedem
klar: Musik macht Spaß!
Auf dem Eckensee hält die Entenmutter schnatternd ihre Küken
beieinander und die vorwitzigen Musikerkinder werden reihenweise
vom interessanten aber gefährlichen Nass in Sicherheit gebracht.
Bobbycar-Rennen, Kinderschminken oder allerlei Basteleien trocknen
rasch die Tränen.
Zeit für die Eltern in aller Ruhe (die Kinder können
in der Obhut von Erzieherinnen gelassen werden) in der nahen Hochschule
dem Konzert des Landesblasorchesters Baden Württemberg (LBO)
zu lauschen. Am Pult ist heuer mit Isabelle Ruf Weber eine der etabliertesten
Dirigentinnen. Sie breitet einen erfrischenden Klangteppich aus,
mal kraftvoll dynamisch, dann wieder luftig verspielt. Hier sind
sie zu hören, die Bläserklänge fernab des Klischees
und die Zuhörer halten den Atem an, sind dankbar für die
willkommene Anstrengung des Zuhörens.
Einer der offiziellen Programmhöhepunkte ist erst am Abend.
Chris de Burgh gibt ein Solokonzert im Neuen Schloss. Wer mag den
irischen Barden nicht? Wenn er seine „lady in red“ anstimmt,
dann summt und singt man automatisch mit.
Vielen der knapp 4.000 Fans war das nicht genug, sie stürmten
nach vorn zum Tanzen und Klatschen. Wer keine Karten mehr bekam
hat es sich auf dem Rasen vor dem Schloss bequem gemacht. Lieber
einen „Hörplatz“ als gar keinen Platz. Auf dem
Heimweg trifft man noch an der Ecke ganz unentwegte Bläser
oder Sänger mit ihrem ganz persönlichen Nachtlied, dem
Abschiedslied an einen turbulenten Tag mit Laienmusik in der Stadt.