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nmz-archiv
nmz 2002/11 | Seite 49
51. Jahrgang | November
Dossier: Musikbuch / Noten
Kurz vorgestellt
Guiseppe Pino: Jazz my Love. 206 Fotografien in Farbe und Schwarzweiß,
Schirmer/Mosel 2002, 68,– €
Guiseppe Pino, 1940 in Mailand geboren, ist einer der bedeutendsten
und persönlichsten Porträtfotografen der Gegenwart.
Seine besondere Liebe gilt der internationalen Jazz-Szene, die
er seit den 60er Jahren mit Leidenschaft fotografierend verfolgt.
Der vorliegende Band enthält seine berühmtesten Fotografien
aus mehr als dreißig Jahren. Viele seiner Bilder –
vor allem die, die in intimer Nähe zu Miles Davis entstanden
sind – haben Jazzgeschichte geschrieben. Erstmals sind sie
hier in Buchform zusammengetragen.
Rudolf Kratzert: Technik des Klavierspiels. Handbuch für Pianisten.
Bärenreiter 2002, 284 Seiten, 36,90 €
Der Tasten-Kontakt eines Klavierspielers soll nichts anderes
sein als der körperliche Ausdruck eines seelischen Kontakts
zur Musik, die er spielt. Damit davon möglichst viel erhalten
bleibt und in höhere Musik umgesetzt werden kann, bedarf
der Spieler der Klaviertechnik. Rudolf Kratzert schließt
eine große Lücke im Bereich der Fachliteratur für
Pianisten. Erstmals werden in einem Band alle klaviertechnischen
Fragen angesprochen und präzise beantwortet.
Alexander L. Ringer: Arnold Schönberg – Das Leben im
Werk. Bärenreiter/Metzler 2002, 352 Seiten, 39,90 €
Im Falle Schönbergs sind Leben und Schaffen nicht voneinander
zu trennen. Der im Mai verstorbene Musikwissenschaftler Alexander
L. Ringer hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, das Schicksal
des Menschen Schönberg im Werk aufzuspüren.
Maren Köster: MusikZeitGeschehehen. Zu den Musikverhältnissen
in der SBZ/DDR 1945 bis 1952, Pfau Verlag 2002, 179 Seiten, 20,-
€
Obwohl die Denkmodelle des Kalten Krieges längst historische
geworden sind, wird die wissenschaftliche Aufarbeitung der Musikgeschichte
der Nachkriegszeit bislang noch immer von diesen Strukturen beeinflusst.
Dabei ist vor allem die Betrachtung der ostdeutschen Musikverhältnisse
von Vorurteilen und Tabus geprägt. Dem gegenüber geht
die Studie von Maren Köster von einer Heterogenität
in der ideengeschichtlichen und machtpolitischen Entwicklung aus,
die nur in ihrer Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit
angemessen dargestellt werden kann.
Yvonne Drynda
Abgehört und analysiert
Ekkehard Jost: Free Jazz. Stilkritische Untersuchungen zum Jazz
der 1960er Jahre, Wolke Verlag, Hofheim 2002, 255 Seiten, ISBN 3-93600-03,
24,- €.
Nach fast drei Jahrzehnten ist Ekkerhard Josts „Free Jazz“
wieder erschienen. Seine Habilitationsschrift, die erste jazzwissenschaftliche
überhaupt, wurde zum Standardwerk. Es blieb die einzige musikalisch-analytische
Arbeit über die revolutionären Strömungen im Jazz
der sechziger Jahre. Dass das Werk in einer unveränderten
Wiederauflage erscheint (lediglich Fotos wurden hinzugefügt),
hat mit seinem einmaligen Charakter zu tun. Es ist, wie Jost betont,
ein „Dokument seiner Zeit“, das für sich steht,
„ohne zurückliegende Einsichten korrigieren zu wollen“.
Aus heutiger Sicht wendet es sich zudem gegen Tendenzen des Neo-Traditionalismus
à la Marsalis mit all seiner „Geschichtsverfälschung
und Publikumsverdummung“.
„Free Jazz“ ist keine Geschichte jener Spezies, sondern,
wie es im Vorwort von 1972 heißt, „eine kritische
Auseinandersetzung mit seinen wesentlichen musikalischen Erscheinungsformen“.
In „stilkritischen Untersuchungen“ (Untertitel) und
Stilporträts gelingt Jost eine „detaillierte Darstellung
des Typischen“, das den Free Jazz auszeichnet. Grundlage
der analytischen Methoden sind Transkriptionen, die Jost aus hundert
abgehörten Platten destilliert hat. Eine Pionierleistung,
die mit einer Neuauflage nicht genug gewürdigt werden kann.
Reiner Kobe