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nmz-archiv
nmz 2002/11 | Seite 51-52
51. Jahrgang | November
Dossier: Musikbuch / Noten
Wie kann man Noten-Lesen leichter machen?
Arbeitshefte zum Noten-Lesen-Lernen unter der Lupe · Von
Katrin Rohlfs
Frau Haak nimmt eine Fingerpuppe heraus. „Diesen Vogel lässt
du hoch fliegen, wenn die Vogelmelodie steigt. Wenn sie hinunter
geht, fliegt der Vogel abwärts.“ Dann spielt sie eine
Melodie, während Lora den Vogel tanzen lässt. Immer wieder
neue Aufgaben lassen Lora das Lied hören und schließlich
versucht sie, es zu singen und dann zu spielen. Zuletzt gibt Frau
Haak ihr eine Kassette, auf der das Lied zu hören ist. Die
soll Lora beim Üben helfen.
Lora lernt am besten über das Gehör. Deswegen bekommt
sie ihre Stücke auf Kassette mit nach Hause. Noten hat sie
trotzdem davon, aber die schaut sie selten an.
Viele Kinder lernen leichter über den auditiven als über
den visuellen Sinn. Unsere traditionellen Lernmethoden favorisieren
jedoch das Lesen und Nachspielen. Dabei lernen die Kinder gerade
über das Hören, besonders musikalische Aspekte der Musik
umzusetzen, im Gegensatz zum Spielen nach schwarzen Punkten. Dennoch
ist auch das Lesen wichtig. Ein Ziel im Instrumentalunterricht sollte
sein, alle Lernsinne gleichermaßen zu fordern und zu fördern.
Lora muss auch lernen, die Notenschrift umzusetzen, so dass sie
auf die Diktate der Lehrkraft nicht immer angewiesen ist. Allerdings
fällt das Lesen manchen Kindern sehr schwer. Hier ist es ratsam,
den Umgang mit der Notenschrift vorerst vom Literaturspiel zu trennen
und durch Lese- und Lese-Spiel-Übungen einen lebendigen Zugang
zu schaffen, ohne das Potenzial der Kinder außer Acht zu lassen.
Zahlreiche Autoren, meist selber Musiklehrer, haben sich darüber
ausführlich Gedanken gemacht und verschiedene Konzepte zum
Noten lesen, lernen und üben herausgegeben.
Hier seien einige Neuerscheinungen der letzten Jahre vorgestellt:
Katharina Apostolidis: Der Notenclown, Mal und Rätselbuch
für Kinder von 6 bis 11 Jahren; Für Instrumente im Violinschlüssel
sowie eine Ausgabe für Instrumente im Bassschlüssel. Edition
Conbrio ECB 6042/6046, 1999
Es geht darum, spielerisch den Kindern die einzelnen Notennamen
zu vermitteln. Dafür verwendet die Autorin viele Bilder,
die den Kindern helfen sollen, Namen zu verinnerlichen. Die Kinder
werden auch aufgefordert, selber Noten zu schreiben. Viele unterschiedliche
Spiele und Aufgaben, die allmählich schwieriger werden, die
Kinder aber ganz am Anfang abholen, sollen den Kindern helfen,
allmählich immer flüssiger im Lesen und Benennen der
einzelnen Noten zu werden. Ausgehend von der C-Dur Tonleiter werden
später auch spielerisch Alterationen angesprochen.
Nicht enthalten ist die Verbindung zum Instrument, also die Verbindung
mit der jeweiligen Spielbewegung oder Anregungen, wie die Instrumente
hinzugezogen werden können. Die Bedeutung des Notenschlüssels
sowie der Notenlinien müssen zusätzlich vom Lehrer erfahrbar
gemacht werden. Kreative Aufgaben, etwa kleine Kompositionen oder
ähnliches sind im Konzept nicht enthalten. Dennoch können
die unterschiedlichen Ideen den Leseunterricht für jüngere
Schüler im Anfangsunterricht bereichern und sie können
sogar phasenweise selbstständig mit dem Buch arbeiten.
Gordon und Robina Spearritt: Lass dir keine Note mausen! Musiktheorie
für Kinder mit der Musikmaus, Heft 1–3, Lösungsheft.
Zimmermann, Frankfurt 1998
Auch dieses Heft ist für sehr junge Schüler konzipiert.
Im Laufe des Heftes 1 bis 3 sollen die Kinder das Lesen in Bass
– und Violinschlüssel erlernen, Theorie in der Rhythmuslehre
erhalten, bis hin zum Umgang mit Tonarten, Haltebögen, Ausdrucks-
und Lautstärkebezeichnungen, Intervalle, enharmonische Verwechslungen
sowie elementare Kenntnisse in der Instrumentalkunde. Gelegentlich
werden die Kinder angehalten zu schreiben und ein Bild von einer
Maus auf jeder Seite soll die Gestaltung auflockern. Das hat das
Konzept nötig, denn ganz im Gegensatz zum „Musikclown“
sind die Methoden äußerst traditionell: lesen, verstehen,
schreiben. Wenig Spiele zum Beispiel Malen nach Zahlen (das Ergebnis,
ein Instrument, ist meist vorher schon erkennbar), ein Kreuzworträtsel
im dritten Band machen die Art zu Lernen nicht weniger trocken.
Einige Lerninhalte stellen sich als solche in Frage, etwa die
Nummerierung der Finger für unterschiedliche Instrumente
oder die Benennung der Oktave bereits in der dritten Lektion.
Ein zweifelhaftes Bewertungssystem soll die Kinder motivieren,
weiter zu pauken. Im Vorwort wird aufgefordert, die Übungen
mit dem Instrument zu verbinden. Anregungen hierfür im Rahmen
des Konzeptes wären hilfreich. Das Unterrichtswerk ist nur
für äußerst ehrgeizige Schüler zu empfehlen,
die einen Bezug zu Formulierungen wie „Der Punkt verlängert
die Note um die Hälfte ihres Wertes...“ entwickeln
können.
Sabine Holtkamp-Wippich: Cosima die Musik-Katze. Arbeitsbuch
zu den Grundlagen der Musik. Ab zirka acht Jahren, für alle
Instrumente, Einzel- und Gruppenunterricht. Edition Conbrio Zürich
2000.
Ab acht Jahren steht bereits auf dem Titelblatt von „Cosima”
und die Herausgeber hätten noch hinzufügen sollen, dass
die Kinder bereits etwas fortgeschritten sein sollten.
Nichts desto trotz hat sich Holtkamp-Wippich einiges einfallen
lassen. Lesen und Benennen der Notennamen nimmt nur einen kleinen
Bereich zum Einsteigen ein, dann geht es weiter mit Vorzeichen,
Enharmonischen Verwechslungen, italienischer Musiksprache, Auftakt/Volltakt,
Rhythmuslehre, Bindebögen und Haltebögen, Bass- und
Violinschlüssel und anderem.
Ihre Methoden beinhalten Würfelspiele, Puzzle, Geheimschriften,
Geschichtchen, Improvisations- und Kompositionsaufgaben, Notenkärtchen,
Domino, Verbindungsspiele ... Die Musikkatze bildet einen Rahmen
für das Konzept. Die Inhalte gehen über C-Dur und den
4/4-Takt weit hinaus und verbinden immer wieder das Lesen mit
dem Spielen. Ein lebendiges Werk, getrost bis 13 Jahre (Angabe
der Hg.) verwendbar, das mit Kreativität und Spiel den Unterricht
bereichern kann.
Barbara Metzger, Elke Häublein, Andreas Pöppel, Birgit
Frech-Hirschler: Der Globetrotter. Eine Reise durch die Rhythmen
für den Klassenunterricht Musik. Für den instrumentalen
Gruppen- und Einzelunterricht für jedes Alter. Edition Conbrio,
ECB 6047, 1999.
Im „Globetrotter“ geht es nicht um das Lesen lernen
von Noten, sondern um Rhythmus. Dennoch wurde er in diesen Kreis
mit hinzugezogen, denn auch das rhythmische Spiel stellt oft ein
Problem im Instrumentalunterricht dar. Ähnlich wie das Noten
lesen kann auch das Entwickeln von rhythmischem Empfinden separat
vom Instrument gepflegt werden. So ist es den Autoren an erster
Stelle wichtig, dass Rhythmen erlebt, gehört, geübt
und schließlich erst bewusst gemacht (das heißt notiert)
werden. Ihr roter Faden gestaltet sich durch das Buch als Reise
durch verschiedene Länder.
In jedem Land werden neue rhythmische Aspekte und dem Lernen
eine neue Dimension hinzugefügt. Die Lerninhalte vertiefen
sämtliche Taktarten sehr differenziert. Die Autoren haben
vielfältiges methodisches Material zusammengetragen. Zahlreiche
Spiele regen an zum Zuhören, Erkennen, Nachklatschen und
–sprechen, Improvisieren, Erfinden und Verwenden von Sprache
in Bezug auf Rhythmen, Einsatz von Körperinstrumenten, Mitspielen,
Spielen mit Rhythmuskärtchen und Suchbildern, Komponieren,
Mitzeigen, Aufschreiben leichter Gehördiktate und vieles
mehr. Die Bildhaftigkeit der Aufgaben und das sich durchziehende
Thema helfen, die Schüler zu motivieren. Im anschließenden
Lehrerkommentar sind die Lern- und Lehrziele der einzelnen Spiele
aufgezeigt. Gearbeitet wird mit einer CD, die dem Buch hinzugefügt
ist. Ohne diese machen die Übungen wenig Sinn. Eine Ergänzung,
die dem Lehrer ermöglicht, die Musik selber zu musizieren,
wäre wünschenswert. Da das Thema „Weltreise”
und die vielen differenzierten Rhythmen dem Entwicklungsstand
von Grundschulkindern entsprechen, kann das Buch besonders für
Kinder ab circa acht Jahren empfohlen werden; einzelne Spiele
bereits früher.
Josephine Koh und Florence Koh: Abenteuer Musiktheorie; Band
1, Bosworth Edition o. J.
Erinnern Sie sich an die Vorschulblätter: Kreise alle Äpfel
ein...? Dann sind Sie hier richtig. Einkreisen und Ausmalen, verbinden
und benennen heißen die Spiele in diesem Werk. Zeilenweises
Malen von vorgedruckten Notenwerten und Notenschlüsseln wird
ebenso gefordert, wie die Verbindung der Tonhöhen mit Notenwerten.
Einige Abbildungen von Instrumenten und deren Benennung sollen
die Orchesterinstrumente den Kindern nahe bringen. Halbtonschritte
und Alterationen werden an Hand der Klaviertastatur erklärt.
Rhythmus wird gezählt und geklatscht. Einige Bilderrätsel
oder Bildersuchspiele sollen das relativ trockene Lernen auflockern.
Zuletzt sollen musikalische Zeichen und Wörter auswendig
gelernt werden.
Einzelne Seiten können hiervon sinnvoll den Unterricht
ergänzen – je nach Aufgabenstellung in verschiedenen
Altersstufen. Diskutabel ist, ob die Verwendung der Klaviertastatur
zum Erklären musiktheoretischer Phänomene wirklich auch
für Schüler anderer Instrumente geeignet ist. Sollten
sie diese Gegebenheiten nicht auf ihrem eigenen Instrument erfahren?