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nmz-archiv
nmz 2002/11 | Seite 48
51. Jahrgang | November
Dossier: Musikbuch / Noten
Hafentavernen und Tanzpaläste
Freiheit und andere Eigenschaften des Rebetiko
Ioannis Zelepos: Rebetiko. Die Karriere einer Subkultur, Romiosini
Verlag Köln 2002, kt., 204 S., 20,35 €.
Umstritten ist noch immer, was es nun eigentlich sei: das Re(m)betiko.
Für Europäer (West) ist es eine Subkultur, in die sie
gerne sozialromantische Wünsche projizieren. Für Griechen
ist es oft eine unbequeme Erinnerung, weil Haschischkonsum und Halbwelt
mit dieser Musik verbunden werden. Statt abzuwägen, welche
Sichtweise nun die richtige sei, lässt Ioannis Zelepos unscharfe
Begriffe und ungeklärte Sachverhalte zu. Er nähert sich
dem Phänomen „Rebetiko“ empirisch, indem er sich
an Fakten hält und diese in „dichten Beschreibungen“
(eine Methode des Anthropologen Clifford Geertz) zur „Karriere
einer Subkultur“ zusammenfügt.
Nun kommt Ioannis Zelepos nach sorgfältiger Analyse der möglichen
Wortherkunft und -bedeutungen zu dem Ergebnis, dass die interne
Vielfalt des Rebetiko eindeutige Zuordnungen ausschließt.
Zwar sei Rebetiko als typisch städtische Subkultur in Hafentavernen
entstanden, doch mit der Verbreitung der Schallplatten haben sich
die improvisatorischen Merkmale zurückgebildet. Gewisse maskuline
Gebärden wichen „zivileren“ Formen, etwa im Massenerfolg
manches Rebetikoliedes auf LP und in Tanzpalästen.
Kleinster gemeinsamer Nenner aller Erscheinungsformen des Rebetiko
ist ein starker Freiheitsimpuls, allerdings nicht politisch ausgerichtet,
sondern individuell. Vor allem ist Rebetiko, so Zelepos, eine spezifisch
griechische Musik, die weder klar westeuropäisch noch klar
orientalisch sei, sondern sich eigene Schnittmengen der mediterranen
Musik schuf. Ioannis Zelepos kritische Untersuchung des „Rebetiko“
ist also eine notwendige und fundierte Korrektur, räumt mit
Vorurteilen und falschen Erwartungen auf. Lesenswert.