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nmz-archiv
nmz 2002/11 | Seite 23
51. Jahrgang | November
Hochschule
Zukunftsträchtige Nachwirkungen
Türkische Gäste beim Orchestercampus des Bonner Beethovenfestes
„Nicht verloren habt ihr ihn – ihr habt ihn gewonnen.“
Dieses Wort aus Franz Grillparzers Grabrede auf Beethoven hatte
sich das Bonner Beethovenfest 2002 zum Motto gesetzt. Mit dem Festival
in Beethovens 175. Todesjahr wollte man sich insbesondere mit der
lebendigen und zukunftsträchtigen Nachwirkung seines Werks
beschäftigen und nahm deshalb verstärkt zeitgenössische
Musik und junge Interpreten ins Programm.
Zum ersten Mal initiierte das Beethovenfest gemeinsam mit der Deutschen
Welle einen Orchestercampus: Aus Istanbul reiste das Orchester des
Konservatoriums der Universität an. „Die haben gespielt,
als wenn es um ihr Leben gegangen wäre“, berichtet Thomas
Daniel Schlee, stellvertretender Intendant des Beethovenfests, von
der Vorentscheidung.
Zu Gast beim Bonner Beethovenfest:
Das Orchester des Konservatoriums der Universität Istanbul.
Foto: Beethovenfest
Die 90 jungen Musiker blieben eine Woche in Bonn, lebten in Gastfamilien
und gaben ein Konzert, das traditionelle türkische Musik, Beethovens
Pastorale und die Uraufführung des Orchesterstücks „Portamento
lento“ des türkischen Komponisten Özkan Manav (Jahrgang
1967) verband. Ein Konzert in Beethovens Geburtstadt, bei einem
Festival, in dem Spitzeninterpreten zu hören sind – das
allein war natürlich schon eine aufregende Herausforderung
für das Hochschulorchester, das 1917 gegründet wurde.
Der Orchestercampus will aber mehr als nur ein Konzertpodium bieten.
Die Idee ist, so Thomas Daniel Schlee, „dass das Beethovenfest
selbst auch mit seinen Künstlern etwas zurückgeben und
den jungen Musikern etwas mit ins Reisegepäck tun will“.
Das sind Arbeitsphasen mit prominenten Mentoren, in diesem Jahr
drei Workshops mit den Dirigenten Helmuth Rilling, Peter Gülke
und Krzysztof Penderecki. Rilling erarbeitete eine Komposition von
Bach und gab eine Einführung in historische Aufführungspraxis,
Gülke – als Dirigent wie als Musikwissenschafter ein
ausgewiesener Beethoven-Experte – arbeitete mit dem Orchester
an der 5. Sinfonie und Penderecki probte das Adagio aus seiner Sinfonie
Nr.3. Auf diese Begegnung hat sich Merve, Klarinettistin des Orchesters,
am meisten gefreut: „Das ist einer der größten
Komponisten dieser Zeit und deswegen würde ich gerne einmal
mit ihm im Orchester proben, das ist eine große Sache für
mich.“
Ebenso interessiert war in Bonn das Publikum, das in öffentlichen
Werkstatt-Konzerten Einblick in die Arbeit nehmen konnte. Das Modell
Orchestercampus wollen Beethovenfest und Deutsche Welle in den nächsten
Jahren fortsetzen.
Ulrike Gondorf
Weitere Infos unter: http://www.beethovenfest-bonn.de