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nmz-archiv
nmz 2002/11 | Seite 21
51. Jahrgang | November
Internet/Computer
Langfristige Lösung nicht in Sicht
Noten im Internet und das ewige Problem des Copyright
Es scheint fast nichts zu geben, was nicht im Internet verfügbar
ist. Das weltumspannende Datennetz bietet alles und noch viel mehr,
möchte man meinen. Doch wenn man sich als musikbegeisterter
Mensch auf die Suche nach Noten macht, sind schnell die Grenzen
des Möglichen erreicht.
Natürlich gibt es unzählige private Seiten, auf denen
eingescannte Noten zum Download angeboten werden. Doch dies ist
illegal, da das angebotene Material meist urheberrechtlich geschützt
ist. Die Suche nach legalen Quellen aktueller Stücke, beispielsweise
aus Musicals, hat schnell ein Ende, wenn man sich nicht strafbar
machen möchte.
Um das Problem der Urheberrechte zu umgehen, bieten viele Seiten
eigene Arrangements an. So findet sich beispielsweise unter http://www.kantoreiarchiv.de/
viel Bekanntes wie der Chorsatz zum „Halleluja“ aus
Georg Friedrich Händels „Messias“, aber auch Gospel-Songs.
Das relativ große Archiv enthält überwiegend klassische
Musik. Die Noten liegen (wie fast auf allen genannten Websites)
im PDF-Format vor, das mit dem kostenlosen Acrobat Reader auf nahezu
jedem gängigen Betriebssystem lesbar ist.
Auch das Archiv von Werner Icking erweist sich als wahre Fundgrube.
Von Mozarts Andante für Flöte und Orchester (KV 315) bis
hin zu Sonaten von Scarlatti sind Noten im Postscript-Format erhältlich.
Dies ist mit dem kostenlosen Programm Ghostscript lesbar. Allerdings
untersagt Icking aus urheberrechtlichen Gründen jegliche Aufführung
der zum Download stehenden Werke und macht darauf aufmerksam, dass
zu diesem Zweck die Erlaubnis des Komponisten einzuholen ist. Dies
dürfte sich allerdings – so man denn die Aufforderung
wörtlich nimmt – bei Künstlern wie Mozart und Scarlatti
eher schwierig gestalten ...
Gospel-Songs finden sich auf http://www.spirit-of-gospel.de.
Wie bei vielen anderen Seiten auch wird das Archiv ständig
erweitert, so dass sich auch ein erneuter Besuch nach einiger Zeit
sicherlich lohnt.
Liebhaber der Klezmer-Musik werden unter http://www.klezmer.de/
fündig werden. Hier findet sich neben Noten auch noch die Online-Version
des Buches „Von der Khupe zum KlezKamp“ von Susan Bauer,
das die Geschichte der Klezmer-Musik in aller Ausführlichkeit
behandelt.
Der Internet-Musikverlag Copy Us, unter http://www.copy-us.com/
erreichbar, geht einen anderen Weg: Er publiziert die Werke seiner
Künstler im Internet. „Noten sollen den Musikern gehören
und nicht den Lagerverwaltern eines Musikverlages“, bezieht
der Verlag schon auf der Startseite deutlich Stellung. In der Liste
der verfügbaren Komponisten finden sich bekannte Namen wie
Carl Philipp Emanuel Bach oder Edvard Grieg. Allerdings ist dies
etwas irreführend, da es sich auch in diesem Fall um spezielle
Arrangements handelt. Außerdem finden sich viele Werke eher
unbekannter Künstler. Umfangreiche Suchmöglichkeiten ergänzen
das Angebot. So ist es beispielsweise möglich, nicht nur nach
Gattung oder Erscheinungsjahr zu suchen, sondern auch nach Tonalität
oder Musikschuleignung.
Die Website http://www.noten-digital.de/
hat ebenfalls einen Weg gefunden, das Problem des Copyrights zu
umgehen: Musikbegeisterte Menschen können hier zum Preis von
20 Euro eine CD ordern, auf der über 2500 gescannte Werke enthalten
sind. Diese kann man dann in aller Ruhe am heimischen Computer ausdrucken.
Der Betreiber der Website weist explizit darauf hin, dass auf der
CD keinerlei geschütztes Material enthalten sei, da es sich
um „Scans alter deutscher, US- und anderen ausländischen
Editionen (ca.1870-1940)“ und „gemeinfreies Notenmaterial
(Notenstiche älter als 50 Jahre)“ handele. Leider steht
nur eine kleine Auswahl der angepriesenen Herrlichkeiten zum Download
bereit.
Die Stretta Music GmbH bietet unter http://www.noten-umsonst.de/
einen Newsletter an, der den Emfpänger alle 14 Tage per E-Mail
mit einem anderen Stück überrascht. Bei der Anmeldung
ist es möglich, mehrere bevorzugte Instrumente anzugeben, zu
denen Notensätze gewünscht werden. Bei der Suche nach
Noten im Internet stolpert man auch über manche Kuriosität.
So tauchte in den Suchergebnissen auch die Seite http://www.spielleut.de/
auf, die sich mit mittelalterlicher Musik beschäftigt. Hier
finden sich neben Noten bekannter „Hits“ aus dem 13.
und 14. Jahrhundert auch Hörbeispiele im MP3-Format zum kostenlosen
Download.
Die vorgestellten Seiten können naturgemäß nur
eine Auswahl aus der Vielzahl der Websites sein, die Noten anbieten.
Eine Suchmaschine wie http://www.google.de/
findet etliche mehr, die es sich anzusehen lohnt.
Trotz des mittlerweile ziemlich breiten Angebotes wird häufig
genug nur der Gang zum Händler oder die Bestellung bei einem
Verlag bleiben. Das Thema Urheberrecht ist nach wie vor eines der
diffizilsten, sobald es um den Zusammenhang mit dem Internet geht.
Und in absehbarer Zeit ist wohl nicht mit einer für alle Seiten
zufriedenstellenden Lösung des Problems zu rechnen ...
Andererseits gibt es Eines, was das Internet aber auf keinen Fall
bieten kann: die Atmosphäre einer gut sortierten Musikhandlung,
die schließlich auch eine umfassende Beratung mit einschließt.
Inga Rapp
Siehe auch:
Warum
das Fotokopieren von Noten kein Kavaliersdelikt ist · Von
Thomas Tietze, nmz 7/8 1999, S. 5-6 (http://www.nmz.de/nmz/nmz1999/nmz07/rumpf/kupo-tietze.shtml