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nmz-archiv
nmz 2002/11 | Seite 1
51. Jahrgang | November
Leitartikel
Haus-Post
Herzlich willkommen zurück im Alltag, Christina Weiss. Dass
Sie sich in so schwierigen Zeiten an die Spitze der kulturpolitischen
Verantwortung für unser Land stellen, verdient alle Achtung.
Auch dass Sie, quasi als erste Amtshandlung, den Konflikt mit Ihrem
Minister-Kollegen Hans Eichel aufnehmen, dem es, zumindest was die
Situation der Künste angeht, offensichtlich an Sachverstand
mangelt, ehrt. Natürlich werden Sie, kaum vereidigt, mit Wünschen,
Bitten, Forderungen, die gelegentlich den Gestus der Bedrohung in
sich tragen, überhäuft. Die Gründe dafür liegen
auf der Hand: Kultur in Deutschland ist auf allen Ebenen und allerorten
existenziell bedroht. Als Kulturstaatsministerin sollen Sie dem
deutschen Film endlich zu internationaler Geltung verhelfen, die
Theaterlandschaft retten und – am besten – die Ergebnisse
der Pisa-Studie durch hochkarätige kulturelle Bildungspolitik
vergessen machen.
Eine sisyphusionelle Aufgabenpalette, zu der die Musik mit kräftigen
Klangfarben beiträgt.
Wir wollen hier heute – etwas untypisch – aber nicht
in den Gefangenenchor der Etatfeilscher einstimmen, sondern auf
mögliche Partnerschaften aufmerksam machen. Da gibt es den
Deutschen Musikrat, dem es – vor allem in auf eichelinische
Sicht verengter Betrachtungsweise – gerade nicht besonders
gut geht. Immer-hin hat dieser Rat in den vergangenen fünfzig
Jahren dafür gesorgt, dass mit den versammelten Kräften
bürgerschaftlichen Engagements die Strukturen eines in weiten
Teilen immer noch funktionierenden Musiklebens geschaffen und –
soweit möglich – erhalten wurden. Gern tragen wir Geigen
ins Streichorchester und erinnern an „Jugend musiziert“,
„Jugend jazzt“, Chor-, Orchester- und sonstige Wettbewerbe
mit Förder-Charakter. Bundesjugendorchester und BuJazzo entwickelten
sich zu Kultur-Botschaftern unseres Landes. Wir rekapitulieren den
zähen, wenn auch nicht immer mit Erfolg gekrönten Kampf
um die Grundversorgung im Bereich der musi(kali)schen Bildung und
scheuen uns nicht, auf die deutlichen Fortschritte hinzuweisen,
die das verjüngte Verbands-Präsidium bei der sicherlich
überfälligen Reform der Musikrats-Strukturen in den vergangenen
zwei Jahren erreicht hat.
Kurzum – da gibt es eine gestandene Bürgerinitiative,
die (bei allen behebbaren Defiziten) Ihr gerade formuliertes Kernziel
über die Zeit verfolgt hat und sicher auch in Zukunft teilt:
das Streben nach höchstmöglicher Qualität im Bereich
kultureller Bildung, nach bestmöglicher Qualifikation im kulturpolitischen
Handeln. Für die nächsten acht oder zwölf Jahre Ihrer
Amtszeit (parteiungebunden wie Sie sind, könnten Sie der Kultur
zur nötigen politischen Kontinuität verhelfen, Flatter-Männer
hatten wir da jetzt genug) wünschen wir Ihnen starke Partner.
Gut, dass Sie dafür auch selber sorgen können.