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nmz-archiv
nmz 2002/11 | Seite 18
51. Jahrgang | November
Repertoire
Repertoire
Antonio Rosetti
Vor ungefähr 250 Jahren wurde er geboren, man schätzt
seinen Geburtstag um das Jahr 1750 (Leitmeritz in Nordböhmen).
1792 ist er gestorben. Der Komponist Franz Anton Rösler ist
also Zeitgenosse Mozarts. Heute ist er unter seinem italienisierten
Künstlernamen Antonio Rosetti etwas besser bekannt und die
Kenntnis dürfte nicht zuletzt wegen der eifrigen, in Zürich
ansässigen Rosetti-Gesellschaft noch anwachsen. 1773 wird Rosetti,
der wohl in Böhmen seine musikalische Ausbildung erhielt, beim
Fürsten Kraft Ernst von Oettingen-Wallerstein (als Kontrabassist)
angestellt. Dort unterhielt man eine formidable Hofkapelle, die
zum Beispiel auch Joseph Haydn außerordentlich geschätzt
hat. Sie zählte zu den führenden Klangkörpern in
Europa, vergleichbar den berühmten Mannheimern, die in ihren
Fundamenten auch von böhmischen Musikern getragen waren.
Der klassische Stil befand sich zu dieser Zeit europaweit im Aufwind.
Und neben den Giganten Mozart und Haydn gab es eine stattliche Anzahl
von Musikern, die an diesem Stil schliffen. Rosetti zählt hierbei
fraglos zu den markantesten Erscheinungen. Mit der in letzter Zeit
energisch vorangetriebenen editorischen Erschließung seiner
musikalischen Werke wuchs auch das Interesse von Musikern und der
Plattenindustrie. Mehrere Labels widmeten sich in den letzten Jahren
seinem reichen Schaffen, dessen Schwerpunkt neben einigen geistlichen
Kompositionen ganz überwiegend im Bereich Sinfonik und der
Konzert- oder Kammermusik lag. Wieder einmal erweist sich: Der klassische
Stil entwickelte sich auf der Basis eines neuen Klang- und Satzverständnisses
durch Experimente, die an ganz unterschiedlichen Orten unternommen
wurden, und dann durch den regen Austausch der Erfahrungen.
Rosetti schrieb ansprechende, erfindungsreiche Musik, die in vielen
Wendungen an den jungen Haydn oder auch Mozart erinnert. In ganz
Europa genoss Rosetti große Anerkennung (sein Requiem wurde
zum Beispiel in Prag neun Tage nach Mozarts Tod zu dessen Gedenken
gegeben). Sein ganzes Schaffen strahlt große Sicherheit aus.
Wollte man etwas bemängeln, dann wäre es wohl in erster
Linie eine gewisse Stereotypie in der Erfindung. Freilich finden
sich, vor allem in den späteren Kompositionen, immer wieder
kühne und radikale Wendungen. Seine 1787 entstandene g-Moll-Sinfonie
etwa besticht durch genaueste thematische Ausarbeitung und durch
bestechende Sicherheit der klanglichen Durchgestaltung, auf die
Rosetti stets allerhöchsten Wert gelegt hat. Immer wieder trifft
man in den stets hochniveauvollen Arbeiten von Rosetti auf Spannendes,
auf Originelles. Unter den neueren Aufnahmen sei neben dem hingebungsvollen
Wirken des Dirigenten Johannes Moesus insbesondere auf Einspielungen
einiger Sinfonien durch „Concerto Köln“ verwiesen.
Aber auch in den anderen unten genannten Einspielungen (die Labels
CPO oder Arte Nova setzen sich intensiv mit dem Werk auseinander)
wird man immer wieder überraschende kompositorische Wendungen
in seinem Werk ausmachen können.
Reinhard Schulz
CD-Auswahl
Sinfonien I und II (Kaul-Verzeichnis I: 27, 23, 25, 32, 21,
30, 22). Concerto Köln. Teldec 4509-98420-218; 0630-18301-2.
Klarinettenkonzerte 1 und 2; Konzert für zwei Hörner
und Orchester. Dieter Klöcker, Klarinette; Klaus Wallendorf,
Sarah Willis, Horn; SWR-SO Baden-Baden und Freiburg, Holger Schröter-Seebeck.
CPO 999 621-2.