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nmz-archiv
nmz 2003/02 | Seite 33
52. Jahrgang | Februar
Oper & Konzert
Auf dem Theaterschiff zu Hause
Dem Regisseur und Intendanten Claus Helmut Drese zum Achtzigsten
„Der Kapitän gehört aufs Schiff”, lautete
die Devise von Claus Helmut Drese, der über drei Jahrzehnte
als leitender Theatermann die Bühnenwelt beeinflusst, vor allem
für die Oper Wichtiges geleistet hat. Gewiss war er auch ein
ehrgeiziger Regisseur, doch in erster Linie hat er sich als Prinzipal
verstanden, dem für sein Haus nur das Beste gut genug sein
kann. Am 25. Dezember 1922 in Aachen geboren, promovierte er über
die „Theorie des Tragischen“. Ein robuster Macher war
er nicht, eher haftete ihm leicht bildungsbürgerlich Professorales
an. Aber stets setzte er auf neue Namen und Tendenzen – vielleicht
gerade, weil ihm kulturrevolutionäre Umbrüche eher fremd
blieben. Aber in Wiesbaden, wo er 1963 Intendant wurde, hat er immerhin
einen Hansgünther Heyme entschieden gefördert. Und mit
seinen „Rosenkavalier”- und “Tristan”-Inszenierungen
gelang es ihm, die alles auflösende Morbidezza in Bühnen-Entgrenzungen
zu überführen.
Claus Helmut Drese. Foto:
Ch. Oswald
Über Köln kam Drese dann an die Zürcher Oper, wo
es seine Hauptleistung war, Nikolaus Harnoncourt an ein reguläres
Opernhaus, abseits puristischen Alte-Musik-Spezialistentums, zu
binden. Zusammen mit Jean-Pierre Ponnelle hat Harnoncourt einen
legendär gewordenen Monteverdi-Zyklus in Zürich realisiert,
dem ein ebenso spannungsvoller Mozart-Zyklus folgte. Der teure Opernhaus-Umbau
bescherte Drese in den frühen achtziger Jahren Unruhen auf
der Straße, wo die Zürcher Jugend gegen die Kosten und
wohl auch gegen die etablierte Kultur allgemein protestierte –
ein verspäteter schweizerischer Reflex auf die 68er-Zeiten.
Danach wagte Drese den Sprung in die Löwengrube: an die Wiener
Staatsoper. Er hat im Haus am Ring viel bewirkt. Das Repertoire
wurde erweitert, Abbado kam als Musikdirektor ins Direktorium, und
sogar die Regie-Avantgarde durfte in Wien arbeiten, sorgte dafür,
dass aus dem Touristen-Tempel für fünf Jahre ein modernes
Musiktheater wurde. Aber Wien blieb auch in diesem Fall Wien: Mit
kakanischer Intrigenkunst wurde Drese ausgebootet. Die Bitterkeit,
mit der Drese seine Erfahrungen in zwei Büchern kommentierte,
war nur zu verständlich. Wenn man achtzig Jahre alt geworden
ist, obsiegt schließlich doch die Altersmilde und der Blick
zurück auf eine große Zeit als „Kapitän”
auf mehreren imposanten Theaterschiffen.