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nmz-archiv
nmz 2003/02 | Seite 14
52. Jahrgang | Februar
Forum
Entgegnungen eines Musikschullehrers i.D.
Ein Leserbrief zur monatlichen nmz-Kolumne von Klaus Matakas
Seit geraumer Zeit veröffentlicht die nmz die Kolumne „Geständnisse
eines Musikschulleiters a.D.“: Ein offensichtlich besonders
erfolgreicher, ehemaliger Musikschulleiter bekommt hier die Gelegenheit,
seine Erinnerungen aus dem Alltag einer ebenso erfolgreichen Musikschule
niederzuschreiben. Dem Leser bleibt, wie bei vielen anderen Artikeln
schließlich auch, die Wahl, ob er sich mit den sehr persönlich
gehaltenen Gedanken von Klaus Matakas intensiver beschäftigen
oder die Zeilen nur überfliegen will.
In der letzten Ausgabe der nmz fiel diese Entscheidung leicht:
„Das Klavier an der Musikschule“ lautete die Überschrift,
die bei mir als Klavierlehrer an einer Musikschule natürlich
auf Interesse stieß. Was ich dann aber lesen musste, empfinde
ich als so brisant, dass ich mir erlaube, auf Geständnisse
eines „a.D.“ mit Erwiderungen eines „i.D.“
zu antworten:
Klaus Matakas stellt eine Musikschule vor, die ihren Schwerpunkt
in der Streicher- und (?) Bläserarbeit hat. Schüler und
Lehrer seiner Schule werden extrem polarisiert, „klavierspielende
Orchestermusiker“, allen voran Frank-Michael, den zu kennen
mir nun mal nicht vergönnt ist, spielen auf Schulvorspielen
besser als die ohne- hin von der Vereinsamung bedrohten Nur-Pianisten.
Es sind bei Matakas folgerichtig auch nur die Klavierlehrer, die
„einfallslos unterrichten“, „althergebrachte Formen
des Nachspielens“ benutzen und „gouvernantenhaft“
auf ihrem Polstersessel hocken, Patrick Süskind lässt
grüßen! Natürlich gibt es diese beschriebenen Exemplare,
aber ist das instrumentenspezifisch? Jahrelang habe ich mich als
Kind auch auf der Geige bemüht, bekam von meinem Lehrer allerdings
nur die Aufmerksamkeit, die er nicht für das Staubwischen seiner
Regale und Ordnen der Urlaubfotos während meiner Unterrichtsstunde
brauchte. Durch Kolophonium verursachter Staub auf meiner Geige
wurde dabei direkt auf meiner Nase entsorgt. Grund für mich,
nun gegen alle Geigenlehrer zu wettern? Nein, es ist meine persönliche
Begegnung gewesen und für die Fachleserschaft der nmz einigermaßen
uninteressant. So wie die Mordpläne gegen Herrn Matakas auf
der einen Seite und dessen Begleichung alter persönlicher Rechnungen
auf der anderen, die mich, den Klavierlehrer aus Gütersloh,
herzlich wenig angehen.
Diesmal geht Matakas aber über seine persönlichen Fehden
hinaus. Scheinbar zufällig und belanglos streift er eine Thematik,
die angesichts leerer Kassen der Kommunen augenblicklich hochaktuell
ist: Wäre Klavierunterricht nicht im Privatunterricht, der
ja zur Genüge angeboten wird, besser aufgehoben? Kann man den
Fachbereich Klavier nicht vollständig aus dem Musikschulangebot
und damit aus der öffentlichen Förderung streichen? Letzteres
schreibt der Autor nicht, hier handelt es sich um einen Gedanken,
der in regelmäßigen Zeitabständen immer wieder einmal
die Musikschulleitungsetagen durchzieht. Nur Zufall? Matakas formuliert
zugegeben vorsichtiger, spricht von den Kindern und Jugendlichen,
„denen an den besonderen Ansprüchen und Möglichkeiten
des Klavierspiels nicht gelegen ist“. Die Bedingungen aber,
wie dieser Klavierunterricht auszusehen hat, stellt Musikschulleiter
Matakas, ein Streicher. Es sind zum Teil gute Vorschläge, die
er macht: eine komplexe Ausbildung auf dem Klavier, die von Solo-
bis Kammermusikliteratur reicht, von Harmonielehre bis zum Kennenlernen
sinfonischer Musik durch das Spielen von Klavierauszügen. Nur
der ständige Unterton ist nicht zu überhören, der
Unterton, dass nur so der Klavierunterricht seine Förderungswürdigkeit
an der Musikschule hat, nur so der Klavierlehrer eine Berechtigung,
an der Lahrer Musikschule mitarbeiten zu dürfen. Der Begriff
„Zweitinstrument“ wird von Matakas zwar mit großer
Geste von sich gewiesen, gleichzeitig werden aber als Beispiele
für Schüler, die so gerne in Lahr Klavier gespielt haben,
wieder diejenigen hervorgehoben, „die schon früh angefangen
hatten, ein Orchesterinstrument zu erlernen.“ Nur-Pianisten
und ihre Klavierlehrer, die Musikschulleiter Matakas ohnehin als
unkooperativ, verschlossen und einseitig beschreibt, geraten in
dieser Schule nicht ungewollt ins Abseits.
Ich würde es sehr begrüßen, wenn die „Geständnisse“
in der nmz einen Kontrapunkt in ebenso regelmäßigen Berichten
unterschiedlichster Musikschullehrer aus unterschiedlichsten Musikschulen
finden würden. Mosaiksteinartig könnte sich im Laufe der
Zeit ein Bild zusammensetzen von einer Musikschule, die das Potenzial
ihrer einzelnen Fachlehrer nutzt, den Austausch an Erfahrungen einzelner
Instrumentengruppen wünscht und letztendlich eine Institution
wachsen lässt, die viel stärker ist als ihre Einzelbausteine.
Diese Musikschule kann ihren Schülern daher viel mehr bieten
als den von ihnen belegten Instrumentalunterricht und verdient als
Ganzes, aber eben nur als Ganzes, die Unterstützung öffentlicher
Mittel.