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nmz-archiv
nmz 2003/02 | Seite 48
52. Jahrgang | Februar
Kulturpolitik
Wer bildet die besseren Musiklehrer aus?
Zur angespannten Situation zwischen Konservatorien und Musikhochschulen
in Italien
Bis vor wenigen Jahren erfüllten die Konservatorien in Italien
eine ähnliche Funktion wie die Musikschulen in Deutschland,
von denen es in Italien nur wenige gibt. Man konnte in diesen Konservatorien
auch schulbegleitend, also ohne Abitur, absolvieren. Erst das sogenannte
„Sbarbati-Gesetz“ vor drei Jahren sollte sie den Hochschulen
gleichsetzen, aber noch fehlen dafür die Ausführungsbestimmungen.
Bei den dabei entstehenden Problemen dachte man bisher vorwiegend
an die Instrumentalausbildung. Nun ist ein Sonderproblem der Schulmusiker
an den Konservatorien aufgetreten. Das kleine Gesetz Nr. 268, Artikel
6 führt zu neuen Feindseligkeiten zwischen Hochschulen und
Konservatorien. Wollte man den Konflikt auf deutsche Verhältnisse
übertragen, könnte man sagen, ein Gesetz sollte die Schulmusikabsolventen
ohne Staatsexamen denen mit Staatsexamen gleichstellen und für
den Schuldienst befähigen. Die nmz bat Daniele Martino, Chefredakteur
von „Giornale della musica“, um einen Kommentar zur
aktuellen Situation.
Warum darf ein Absolvent der Didaktikschule nicht unterrichten?
Warum muss er dafür eine „Scuola di Specializzazione
per l’Insegnamento Secondario (SSIS)“ – „Weiterführende
Schule für den Unterricht an der Sekundarstufe“, das
heißt Hochschule für die Lehrerausbildung – besuchen,
2.500 Euro und zwei Lebensjahre drangeben in einer der wenigen Städte,
die diese Institute eingerichtet haben (die übrigens von einem
anderen, ganz jungen Gesetz des Senats instituiert wurden, das den
Universitäten die Aufgabe zuweist, neue Professoren auszubilden)?
Senator Franco Asciutti, ehemaliger Lehrer, Mitglied von Forza
Italia, Vorsitzender der Kommission für Öffentliches Bildungswesen
und Denkmalschutz des Senats, und die Abgeordneten der Mehrheit
sind der Ansicht, man sollte die Konservatorien unterstützen,
auch wenn das einem Stich ins Wespennest gleicht und Konflikte mit
den SSIS und anderen staatlichen Gesetzen heraufbeschwört.
Und so kam es zu der kleinen Bombe: Gesetz Nr. 268 vom 22. November
2002. Artikel 6 darin lautet: „Die Diplome, die am Ende der
Musikdidaktikkurse erreicht werden, einschließlich der, die
vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgestellt wurden, haben
den Wert der Lehrbefähigung für Musikerziehung in der
Schule und stellen ein Zulassungsrecht zu den entsprechenden Ausschreibungen
für Lehrstellen an der Sekundarstufe dar, sofern ihr Inhaber
über die Hochschulreife und das Diplom des Konservatoriums
verfügt.“ Und weiter: „Für den Zugang zu öffentlichen
Ausschreibungen sind die von den Konservatorien und gleichgestellten
Musikinstituten ausgestellten Diplome von Personen, die die Hochschulreife
haben, den Studienabschlüssen (ersten Grades, nach dreijährigem
Studium) gleichgestellt.“ Für die Universitäten
ist das eine Ohrfeige, für die Konservatorien wieder ein parlamentarischer
Blitzkrieg: Wir haben den gleichen Minister, also sind wir vor dem
Gesetz gleich. Steigt ab vom hohen Ross, Barone!