[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2003/02 | Seite 5-6
52. Jahrgang | Februar
Musikwirtschaft
Der Markt verlangt Aktivität
Die Frankfurter Musikmesse 2003 · Ein Ausblick
Die Frankfurter Musikmesse, größte internationale Musik-Fachmesse
weltweit, war im vergangenen Jahr erneut attraktiver Anziehungspunkt
für rund 100.000 Besucher und etwa 1.450 Aussteller aus aller
Welt. Attraktivität und Effizienz des Branchentreffs müssen
jedoch gepflegt und weiterentwickelt werden, um den hohen Anforderungen
der Musikwirtschaft und des sich stets wandelnden Marktes zu genügen.
So gab es auf der Frankfurter Musikmesse in den vergangenen Jahren
bereits bedeutende Innovationen. Ein kurzer Streifzug durch die
Veränderungen zwischen Notwendigkeit und Vision.
Hochbetrieb auf der Music
China 2002. Foto: Messe Frankfurt
Für die Besucher am augenfälligsten war die im Jahr 2002
erstmals genutzte neue Halle 3. Das luftig-helle, futuristisch anmutende
Gebäude stellt den Ausstellern und Messebesuchern auf zwei
Ebenen jeweils eine säulenlose Fläche von 19.000 qm zur
Verfügung. Halle 3 bietet jetzt Platz für eine thematisch
bessere, harmonischer gestaltete Organisation der Aussteller. Dabei
wurde das Bestreben unterstützt, jedem Produktsegment der Musikmesse
einen adäquaten Ausstellungsplatz zuzuteilen (mit möglichst
optimaler Platzierung komplementärer Produktgruppen) sowie
eine räumliche Trennung zwischen Musikmesse und ProLight+Sound
in Ost- und Westgelände zu erreichen. Während auf Ebene
3.0 Drums & Percussion sowie Zubehör ausgestellt sein wird,
präsentieren sich in Halle 3.1 Verlage, Hersteller von elektroakustischen
Saiten- instrumenten und Akkordeons. Die Halle erfreute sich nicht
nur wegen ihrer modernen Architektur hoher Beliebtheit bei Ausstellern
und Besuchern. Von der besseren Akustik und dem verbesserten Hallenklima
profitieren Aussteller und Besucher gleichermaßen. Man verspricht
sich insgesamt verbesserte Rahmenbedingungen für Geschäfte,
Networking und Information. „Auf der Grundlage des gelungenen
Konzeptes von 2002 können wir uns noch mehr den inhaltlichen
Herausforderungen stellen …“, so Gerhard Glaitsch, Geschäftsführer
der Messe Frankfurt GmbH.
Das Messe-Motto in diesem Jahr (vom 5. bis 9. März) lautet
„Music sounds better with you“ – wer in der Vergangenheit
die Frankfurter Musikmesse besuchte, weiß, dass es dort nicht
immer „better“ klang. Das hat sich grundlegend geändert.
Denn durch die im Vergleich zum Vorjahr verbesserte Planung und
den damit verbundenen Umzug der Holz- und Blechbläser in die
individuelle Ebene 6.0 (im Vorjahr: zusammen mit Schlagzeug und
Perkussion in Halle 3) wird die Geräuschkulisse weiter entzerrt
und damit die Lärmbelastung für die eher ruhigen Präsentatoren
reduziert. Die Vorteile liegen auf der Hand: Aussteller und Besucher
können Fachgespräche ohne akustische Beeinträchtigung
führen, und die Nachbarschaft zu den neu in Halle 6.1 platzierten
Streichinstrumenten (ehemals Halle 1.2) bündelt die thematisch
verwandten Orchesterinstrumente optimal zusammen – das verspricht
Synergieeffekte und kurze Wege. Ein weiterer Vorteil liegt in der
nun insgesamt größeren Präsentationsfläche
für diese Instrumente. Neben der Showbühne „Acoustic
Village“ findet sich auf dieser Ebene auch ein Forum für
Podiumsdiskussionen, Produktpräsentationen der Verlage sowie
Buchvorstellungen.
2003 wird, gewissermaßen als Schnittmenge zwischen Musikmesse
und ProLight+Sound, erstmalig ein Areal speziell für DJ-Equipment
eingerichtet. Auch in Zukunft will die Musikmesse, entsprechend
den Ergebnissen der Aussteller- und Besucherbefragungen, an einer
stetigen Optimierung in Hallenbelegung, Konzeption und Organisation
arbeiten.
Doch die Veränderungen betreffen nicht nur die Hallen- und
Standstruktur mit den entsprechenden Maßnahmen: Eine weitere
Neuerung gilt den ganz jungen Musikfans. Um auch schon den Nachwuchs
fürs Musizieren zu begeistern, entwickelte die Musikmesse zunächst
das Konzept der Mitmach-Ausstellung „music4kids“, die
sich speziell an Kinder im Vorschul- und Schulalter richtet. 2003
schließt das Konzept nun auch Teenager bis 14 Jahren ein,
also Schülerbands und Jugendorchester et cetera. Überhaupt
wird die Förderung von Newcomern auf der Messe stark unterstützt.
So bietet die Messe 2003 als weiteres Novum unter andrem ein Forum
für das erste School-Jam-Schülerband-Festival. Neu in
Sachen Termin ist die pro Tag um eine Stunde verlängerte Öffnungszeit
der Messe: Mittwoch bis Samstag von 10 bis 19 Uhr (Sonntag 10 bis
17 Uhr). Ab 2003 übrigens neuerdings erreichbar mit einem Kombiticket
für Messeeintritt/Fahrkarte der öffentlichen Verkehrsmittel.
Für die nächsten Jahre zeichnet sich – auch dies
eine Neuerung – ein tendenziell etwas späterer Messetermin
ab. Der Termin für 2004 ist auf die Tage vom 31. März
bis 4. April festgesetzt.
Neu eingerichtet wird auf der Musikmesse 2003 ein Gemeinschaftsstand
der Verbände GEMA, ver.di, DMV, BDMV, VVDM, FDK mit dem Deutschen
Musikrat. Kurz vor Redaktionsschluss wurde nach Auskunft des Insolvenzverwalters
bekannt, dass der insolvenzgebeutelte DMR sich für dieses Jahr
aus der Messebeteiligung zurückgezogen hat. Die bisher an Einzelständen
auftretenden Verbände wollten sich eigentlich unter dem Dach
des DMR auf etwa 255 qm (mit einer Bühne und Forum als Plattform
für Diskussionen und Veranstaltungen) mit vier großen
Themenbereichen als moderne Dienstleister kommunikativ zur aktuellen
thematischen Herausforderung des 21. Jahrhunderts präsentieren:
Urheberrecht, Laienmusik, Musikalische Bildung sowie Musikvermittlung.
Der erste Messetag am 5. März wird dort gleich mit Diskussionen
und Veranstaltungen ganz im Zeichen des musikalischen Urheberschutzes
stehen. Von den Verbänden darf trotz der drastisch veränderten
Umstände ein hochwertiger Input für die Podiumsdiskussionen
in Halle 3.1 erwartet werden.
In jüngster Vergangenheit hat sich die Frankfurter Musikmesse
mit den Musikmessen in Russland und China auch geographisch wichtige
neue Märkte erschlossen und damit an zwei Standorten im Ausland
etabliert: Vom 20. bis 23. Juni 2001 fand die erste Musikmesse/ProLight+Sound
in St. Petersburg statt (weiterhin alle zwei Jahre) sowie vom 16.
bis 19. Oktober 2002 die erste Music China in Shanghai. Man hoffte
bei den Premieren, mit diesen Auslandsmessen jeweils die Muttermesse
aus Frankfurt in den ausländischen Musikmärkten zu etablieren.
Dabei wurden die erwarteten Aussteller- und Besucherzahlen bei beiden
Veranstaltungen erheblich übertroffen, die fulminanten Debüts
erreichten weltweit große Aufmerksamkeit. Doch zunächst
die Fakten: St. Petersburg zog mit 202 Ausstellern aus 23 Ländern
(doppelt so viele wie ursprünglich geplant) auf 6.000 qm Fläche
8.150 Besucher aus 31 Ländern an, die Music China überzeugte
durch 274 Aussteller (davon etwa ein Drittel aus dem Ausland) 18.072
Facheinkäufer und Privatbesucher auf 15.000 qm Fläche.
Das Messekonzept ist dabei immer auf das jeweilige Gastland zugeschnitten.
Die Pressearbeit und Werbung weltweit wurde parallel von den Tochtergesellschaften
in Russland und China in enger Zusammenarbeit mit den nationalen
Partnern Lenexpo (St. Petersburg) und INTEX (Shanghai) sowie der
Marketingkommunikation der Musikmesse in Frankfurt durchgeführt.
Die internationale Berichterstattung gestaltete sich dann insgesamt
sehr positiv. Um die auch entfernungs- und sprachbedingt erschwerte
Vorbereitung eines Neustarts auf hohem Niveau, den Anforderungen
und Bedürfnissen der Aussteller und zu erwartenden Besucher
entsprechend durchzuführen, waren im Vorfeld der Messen vor
allem die jeweiligen Tochtergesellschaften der Messe Frankfurt als
unerlässliches praktisches Bindeglied in die Organisation vor
Ort eingebunden. Vertreter des Frankfurter Standorts waren während
der Veranstaltungen vor Ort, um die Einhaltung der Frankfurter Qualitätsstandards
bei den Auslandsveranstaltungen zu garantieren. Babylonische Sprachverwirrung
war jedoch nicht zu befürchten: Die Kommunikation fand auf
den Messen jeweils in der Landessprache und in Englisch statt, wobei
die Messevertreter aus Frankfurt durch die jeweils nationale Sprachkenntnis
entscheidende Weichen stellen und Hürden entschärfen konnten.
Mittelfristig soll die Positionierung in beiden Ländern weiter
verfestigt werden. Klar formulierter Plan ist es, mit diesen beiden
Messeveranstaltungen mittelfristig die führende Rolle in Russland
und Asien zu übernehmen, um dann mit der international größten
Musikmesse in Frankfurt das Messe-Trio für den Weltmarkt zu
schaffen. Ein weiterer Ausbau wird erwartet, da beide Länder
über beachtliche Marktpotenziale für ausländische
Hersteller von Musikinstrumenten, Licht- und Tonequipment verfügen.
Für die Aussteller war dies nach eigenen Aussagen der optimale
Anfang für eine Markenplatzierung, Imagebildung und natürlich
Geschäftsabschlüsse in beiden Ländern. Die Messe
in Shanghai gilt bereits als Chinas neue Spitzenveranstaltung für
die Musikinstrumentenbranche. Als besonderes Highlight erwartet
die Besucher in St. Petersburg dieses Jahr eine Reihe von Feierlichkeiten
zum 300-jährigen Bestehen der Stadt an der Newa. Die nächsten
Termine der Musikmesse im Ausland sind für St. Petersburg:
Musikmesse/ProLight+ Sound vom 18. bis 20. Juni 2003, für Shanghai
Music China sowie als weitere Neuerung erstmals ProLight+ Sound
Shanghai vom 15. bis 18. Oktober 2003.
Die Musikmesse konzentriert sich vordringlich darauf, die neu erschlossenen
Märkte zu stabilisieren, auszubauen und sich damit jeweils
fest zu positionieren. Man agiert nahe am Markt und flexibel, deshalb
sind den Veranstaltern Aussagen zu den Perspektiven über die
unmittelbare Zukunft hinaus zu starr und langfristig. Der Markt
verlangt Aktivität, allerdings nicht um jeden Preis. Man darf
gespannt sein auf die weitere konzeptionelle, bauliche und internationale
Entwicklung im Spannungsfeld zwischen Notwendigkeit und Vision am
Musikmarkt.