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nmz-archiv
nmz 2003/02 | Seite 23
52. Jahrgang | Februar
Noten
Popklassiker und irische Folksongs
Zwei neue Songbücher für Gitarre bringen frischen Wind
ins Repertoire
Peter Bursch’s Songbuch für Gitarre (mit CD),
Voggenreiter Verlag 2002, ISBN 3-8024-0366-5
Das neueste Songbuch von Peter Bursch enthält 29 Rock- und
Popsongs, die überwiegend aus dem „goldenen Zeitalter“
der sechziger und siebziger Jahre stammen. Popklassiker wie „Hotel
California“, „Proud Mary“ oder „Imagine“
werden auch heute noch sehr gern gesungen, sei es in der Ski-Hütte,
beim Grillfest, am Lagerfeuer oder bei anderen geselligen Anlässen.
Dies zeigt auch ein Blick in die neuen, erfolgreichen Liederbücher
wie „Das Ding“ (400 Popsongs, Edition Dux) oder „Querbeet“
(Ketteler Verlag). Während in diesen modernen Liedersammlungen
im Gegensatz zu früher die Griffe bereits über allen Textstrophen
stehen, geht Peter Bursch in seinem „Songbuch für Gitarre“
(ohne Noten) noch einige Schritte weiter. Zu den ausgewählten
Songs wird nahezu alles geboten, was man als Gitarrenspieler wissen
und können möchte.
Die Anschlagstechniken und Begleitmuster für die rechte Hand
sind so ausführlich und genau beschrieben, dass man mit etwas
Übung schon bald die Zuhörer auf einer Party mit dem Originalsound
beeindrucken kann. Bei einem folkloristischen und getragenen Titel
wie „Mull of Kintyre“ geht das natürlich leichter
als bei „While my guitar gently weeps“ oder „Lola“.
Bei einigen Songs wie „Get back“ und „Leben, so
wie ich es mag“ gibt es zwei Begleitvarianten zur Auswahl:
zunächst ein einfaches Schlagmuster, das man Takt für
Takt wiederholt, und dann eine differenzierte Begleitung in der
Rock ’n’ Roll Technik, wobei jeweils zwei benachbarte
Saiten im Achtelpuls angeschlagen werden. Für den Chuck Berry
Hit „Johnny B. Goode“ ist eine Rock ’n’
Roll Begleitung dann natürlich unverzichtbar. Bei romantischen
Balladen wie „Words“ und „Leaving on a Jet Plane“
werden die dazugehörigen Zupfmuster in übersichtlicher
Tabulaturschreibweise vorgestellt und durch einen begleitenden Text
erläutert. Auch Einleitungen, Übergänge, Bassläufe
und sonstige Effekte lassen sich anhand der entsprechenden Tabulatoren
originalgetreu nachspielen.
Eine weitere, große Hilfe beim Üben ist die beiliegende
CD, deren Wert man nicht hoch genug einschätzen kann. Mit einer
wahren Engelsgeduld singt und spielt Peter Bursch alles so extrem
langsam vor, dass jeder sofort mitmachen kann. Mit dieser benutzerfreundlichen
CD ist der Herausgeber sozusagen als Privatlehrer rund um die Uhr
im Wohnzimmer der Lernenden verfügbar. Gesang und Begleitung
lassen sich mit dem Stereo-Balance-Regler wahlweise ausblenden,
so dass man den jeweiligen Part selbst übernehmen kann. Ideal
ist es, wenn das CD-Gerät auch eine Repeat-Funktion hat. Die
Tonarten hat der Herausgeber, falls es nötig war, so verändert,
dass die Melodien auch für Normalmenschen gut singbar oder
im Zweifel eher zu tief sind.
Patrick Steinbach: Irish Songs forever – For Guitar
(mit CD), AMA Verlag 2002, ISBN 3-89922-001-3
Lieder aus Irland sind hierzulande durch Gruppen wie „The
Dubliners“, durch Folk-Festivals und durch die zahlreichen
irischen Pubs in deutschen Städten populär geworden. Das
beliebte Trinklied „Wild Rover“ beispielsweise kam 1982
in einer deutschen Version („An der Nordseeküste“)
sogar in die Hit-Paraden. Dass die moderne Pop-Musik generell gern
aus den Quellen der traditionellen Volksmusik schöpft, zeigen
Hits wie „Scarborough Fair“ und „Mull of Kentyre“.
Schon allein deswegen ist es wichtig, die ethnischen Traditionen
auch einmal unverstellt kennen zu lernen. Steinbach bringt als Sohn
einer irischen Mutter (und eines deutschen Jazzmusikers) wohl die
besten Voraussetzungen mit, uns die Lieder seines „Mutterlandes“
authentisch zu vermitteln. Im Vorwort verweist er darauf, dass irische
Musik nicht zu trennen ist von irischer Geschichte: Hungersnot,
Auswanderung, Rebellion, Krieg und die unstillbare Sehnsucht nach
Freiheit gehören ebenso zur Themenpalette wie die beliebten
Trink- und Liebeslieder.
Gleich zu Anfang begegnet uns mit „Whisky in the Jar“
eines der bekanntesten irischen Trinklieder, das aber auch der Kategorie
„Roving Song“ zugeordnet werden kann, weil darin ein
räuberischer Vagabund im Mittelpunkt steht. Interessante Hintergrundinformationen
dieser Art gibt es zu jedem der 14 ausgewählten Lieder und
zwar in deutscher und englischer Sprache. Ebenfalls zweisprachig
sind die Erläuterungen zum Gitarrenspiel. Der Einführungsteil
bietet einen allgemeinen Überblick über die wichtigsten
Schlagmuster für die Akkordbegleitung. Passende Zupfmuster
werden dann (in Noten und Tabulatur) direkt beim betreffenden Lied
vorgestellt. Unter den Noten der Liedmelodie (mit Akkordsymbolen)
ist wie üblich die erste Strophe abgedruckt, die weiteren Strophen
folgen dann als Textblöcke – leider ohne Akkordsymbole.
Hier hilft allerdings die beiliegende CD weiter, auf der alle
Songs jeweils von der ersten bis zur letzten Strophe vorgesungen
werden. Die recht abwechslungsreichen Arrangements verbreiten mit
ihrem sehr flotten Tempo eine lockere Pub-Atmosphäre. Auf mehreren
Instrumenten hat der Herausgeber die Begleitung im Studio selbst
eingespielt und damit seine musikalische Vielseitigkeit auch vielsaitig
unter Beweis gestellt: Nylon- und Steelstring-Gitarre, Banjo und
Mandoline. Während man sich also die Melodien der Lieder anhand
der CD ganz gut aneignen kann, sind die im Buch vorgeschlagenen
Begleitmuster zwischen Banjo, Mandoline und Schellenring nicht herauszuhören.
Unberücksichtigt blieb auf der CD auch noch etwas: Die Bearbeitungen
der 14 Songs für Solo-Gitarre, die im Buch erfreulicherweise
in paralleler Notation (Noten/TAB) gut lesbar präsentiert werden.
Alles in allem bringt dieses Gitarrenbuch etwas frischen Wind von
der grünen Insel ins heimische Gitarrenrepertoire und informiert
sehr lebendig über die Geschichte eines Landes, in dem immerhin
ein Musikinstrument zum Nationalsymbol geworden ist.