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nmz-archiv
nmz 2003/02 | Seite 1
52. Jahrgang | Februar
Titelbild
Wolfgang Rihm erhält Siemens Musikpreis 2003
Wolfgang Rihm besitzt Sinn für Humor und eine intelligente
Schlagfertigkeit, auch in eigener Sache. Als ein Gratulant an seinem
40. Geburtstag ironisch anmerkte, Mozart sei in diesem Alter schon
vier Jahre tot gewesen, replizierte Rihm nur: „...und Heinrich
Schütz lebte noch 47 Jahre“. Wie Rihm jetzt elf Jahre
später, ein Jahr nach seinem Fünfzigsten, replizieren
wird, ist noch nicht bekannt.
Der Gratulant könnte ironisch anmerken, Gidon Kremer hätte
den Ernst von Siemens Musikpreis anno 1982 schon als 35-Jähriger
erhalten. Darauf würde der 51-jährige Rihm vielleicht
mit Beethoven anworten, mit dem berühmten Zitat von der elenden
Geige, um die sich sein Genie nicht zu scheren bräuchte. Sei’s
drum: Wolfgang Rihm erhält in diesem Jahr den Siemens Musikpreis
und 150.000 Euro, womit er dann aber bis zu seinem 87. auszukommen
hätte. Zweimal gibt’s den Siemenspreis nicht. Unsere
Fotografin Charlotte Oswald traf den Komponisten in seiner Karlsruher
Wohnung, die vor allem dem Notenschreiben vorbehalten ist: eine
Art Mahler’sches Komponierhäuschen. Vor den Fenstern
keine Natur, sondern eine verkehrsreiche Straße – die
Gegenwart eben, in der Rihms weit gespanntes Werk entsteht.
Der Komponist Wolfgang Rihm erhält in diesem Jahr den Ernst
von Siemens Musikpreis 2003. Die Bayerische Akademie der Schönen
Künste wird ihm die Auszeichnung am 22. Mai 2003 bei einem
Festakt im Münchner Cuvilliéstheater überreichen.
Die Laudatio hält der Musikwissenschaftler Reinhold Brinkmann,
der 2001 den Siemens-Musikpreis erhielt. In der Begründung
der Jury heißt es unter anderem: Wolfgang Rihm ist einer der
fruchtbarsten und vielseitigsten Komponisten der Gegenwart. Mit
unerschöpflicher Phantasie, vitaler Schaffenslust und scharfer
Selbstreflexion hat er ein an Facetten reiches Œuvre geschaffen,
das schon heute über vierhundert Kompositionen aus allen musikalischen
Gattungen umfasst. In Rihms Musik manifestiert sich der Glaube an
die unzerstörbare Existenz des schöpferischen Individuums,
das seine Kraft und Würde gegen alle äußeren Gefährdungen
zu behaupten vermag.