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nmz-archiv
nmz 2003/05 | Seite 4
52. Jahrgang | Mai
Cluster
Spiegel-Eier
Zwei Seiten im „Spiegel“ über, sagen wir mal,
Musikwirtschaft: und sofort ein echtes Gipfeltreffen. Auf der Macher-Seite
Andreas Mölich-Zebhauser, Intendant und Geschäftsführer
des Festspielhauses Baden-Baden. In lumpigen fünf Jahren hat
es dieser Tausendsassa des Musik-Managements vermocht, aus der
mentalen und baulichen Investitionsruine mitteleuropäischer
Konzertsaal-Megalomanie eine offensichtlich rentable Kultur-Veranstaltungsstätte
zu zimmern. Auf der anderen Seite Deutschlands begabtester Musikjournalist:
Klaus Umbach. Der Zauberkünstler verworteter Klangsprache.
Treffsicherster Adjektiv-Fabrikant, wenn es um die Charakterisierung
von Maestri, Kompositeuren oder Ann-Sophie Mutter geht. Ein Gigantenmeeting,
das uns in Zeiten des Subventions-Abbaus, der Raub-Kopie, der Pisa-Katastrophe
und des superstaresken musikalischen Werteverfalles Erhellung verspricht über
den künftigen Werdegang der Musen, über ihre Ernährungslage,
ihr Schicksal. Was dürfen wir erfahren? Fünf oder sechs
Opernhäuser sind so überflüssig wie Gewerkschaften
im erfolgreichen Kunstschaffen.
Russische Musiker erweisen sich
als die billigsten, schon weil wir ihre Ausbildung nicht bezahlen
mussten. Große Namen ziehen nach wie vor ein kapitalkräftiges
Publikum, die Übernahme ferner Festival-Konzeptionen verhindert,
dass das Rad noch mal erfunden werden muss und private Sponsoren
sichern jenes Hohe, das unsere Gesellschaft zu finanzieren sich
nicht mehr in der Lage sieht. Das Heil liegt im Walkürenritt über
den Schuldenberg. Merkt Euch das, Deutscher Musikrat, Weimarer
Nationaltheater, Berliner Opernhäuser und nordrhein-westfälische
Musikpädagogen. Vor ein paar Jahren durfte Hans-Günther
Bastian mal im „Spie-gel“ schreiben, dass Musik intelligent
macht. Das ist vielleicht lange her...