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nmz-news
nmz 2003/05 | Seite 4-8
52. Jahrgang | Mai
Nachrichten
Nachrichten aus Musikwirtschaft,
Kulturpolitik und Musikleben
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet. Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten im Netz. An dieser Stelle können
Fragen gestellt, Informationen verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur Darstellung gebracht
werden.
Nachrichten aus der neuen musikzeitung 2003/05:
Im Jahr 50: Der Musikrat schwimmt oben auf
Der Deutsche Musikrat scheint gerettet. Die Gläubigerversammlung
hat am 25. April in Bonn den Insolvenzplan teils zähneknirschend
akzeptiert. Dies bedeutet den kompletten Verzicht von Bund und
Ländern auf irgendwelche Rückzahlungen. Die Forderungen
der „kleinen” Gläubiger aus der Musikszene konnten
so zu fast 80 Prozent bedient werden. Der Musikrat hatte im November
vergangenen Jahres wegen hoher Verschuldung Insolvenz angemeldet.
(Wir berichteten ausführlich, eine Dokumentation findet sich
unter www.nmz.de/kiz). Der Dachverband für die Musikorganisationen
in Deutschland finanziert sich überwiegend aus öffentlichen
Geldern. Er ist Träger des Bundesjugendorchesters und des
Bundesjugendjazzorchesters, sowie Ausrichter des Wettbewerbs „Jugend
musiziert“ und effektiver Fördermaßnahmen für
die zeitgenössische Musik. Der Deutsche Musikrat hatte im
November 2002 wegen einer Schuldenlast von rund einer Million Euro
Insolvenz angemeldet. Die aufgelaufene Schuldensumme lag schließlich
deutlich höher, je nach Rechenmodell zwischen 1,6 und 2,2
Millionen Euro. Der Fortbestand des Dachverbandes für rund
acht Millionen Laien- und Berufsmusiker schien lange ungewiss.
Vor allem Insolvenzverwalter Ludger Westrick richtete mit fragwürdigen
personellen und inhaltlichen Entscheidungen jede Menge fortwirkenden
Flurschaden an. Im Frühjahr beschloss die Generalversammlung
des Rates eine neue Organisationsstruktur. Der Verein „Deutscher
Musikrat e.V.“ wurde um eine gemeinnützige GmbH ergänzt,
die Projekte wie „Jugend musiziert“ und das Bundesjugendorchester
verwaltet. Dies soll eine wirtschaftlichere und transparentere
Arbeit ermöglichen. Bund und Länder signalisierten ihre
finanzielle Unterstützung. Im März konstituierte sich
das neue Präsidium mit einem geschäftsführenden
fünfköpfigen Spitzengremium. Ihm steht nun sehr rasch
die Aufgabe ins Haus, mit vernünftigen Struktur- und Personalentscheidungen
Weichen für die künftige Arbeit zu stellen. Auch ein
Blick zurück auf Ursachen und Verursacher des Desasters scheint
angebracht. Im Jahr des 50. Geburtstages der Institution sicherlich
ein unangenehmes, aber notwendiges Unterfangen.
Das Unmenschliche in der Annonce
Der Pariser Operndirektor möchte „Le Monde“ bestrafen Im
Musik- und Theaterleben kommt es immer wieder einmal vor, dass
Künstler und Kritiker aneinander geraten. Gelegentlich eskaliert
der Streit dabei sogar zu Hausverboten für mäkelnde Rezensenten
oder zum Entzug von Pressefreikarten für eine missliebige
Postille. Franz Xaver Ohnesorg sorgte in seiner Kölner Intendantenzeit
in dieser Hinsicht öfter für Schlagzeilen – um
nur ein Beispiel zu nennen. Jetzt lieferte der Direktor der Pariser
Oper, Hugues R. Gall, eine weitere Variante des Themas: Er will
der französischen Zeitung „Le Monde“ (immerhin
das erste Blatt im Lande) keine Anzeigen mehr zukommen lassen.
Aufgespürt hat den Vorgang der Pariser Korrespondent der Neuen
Zürcher Zeitung auf der Homepage der Pariser Nationaloper,
wo zugleich die Gründe für den energischen Schritt des
Direktors mitgeteilt werden. Man liest dort Folgendes: „Le
Monde mag (fast) keine unserer Aufführungen, und seine Kritiker
rechnen die derzeitigen Produktionen dem Register des ‚Zopfigen‘ zu,
dem jeder Innovationsgeist fremd sei... Zwar schien mir, dass unser
sehr zahlreiches Publikum unserer Arbeit zuspricht und sie unterstützt.
Wie dem auch sei, kommt es mir unter diesen Bedingungen unmenschlich
vor, ‚Le Monde‘ Anzeigen zuzumuten, die dazu einladen,
sich das anzuschauen, was das Blatt so radikal verurteilt.“ – Aus
eigener Erfahrung könnte man zum Thema nachtragen: Es lohnt
sich für Theater und Künstler nicht, sich über Ansichtssachen
und Geschmacksfragen mit der Kritik anzulegen – reine Sachkorrekturen
ausgenommen. Schweigen ist Silber, Gold und Platin zugleich, nach
dem Motto: Was kümmert’s den Mond, wenn der Hund ihn
anbellt. Dann: Der Publikumszuspruch allein kann nicht ästhetischer
Wertmassstab für künstlerische Hervorbringungen sein – dann
wäre Kritik ja nur Gesellschaftsreportage. So apart Galls
Strafexpedition auch sein mag, man gerät mit solchen Maßnahmen
allzu rasch in den Geruch, man wolle irgendwie Zensur ausüben.
Vielleicht könnte es den Direktor Gall trösten, dass
zum Beispiel die neue musikzeitung die Pariser Oper keinesfalls
zopfig findet, höchstens einmal einzelne Produktionen. Philippe
Manourys Kafka-Oper „K...“ oder Pascal Dusapins „Perela“ waren über
die französische Sicht hinaus interessante Uraufführungen,
die Barock-Opern im Palais Garnier (zuletzt Rameaus „Les
Boréades“ mit William Christie und von Robert Carsen
inszeniert) sind höchst vitale, vergegenwärtigte Adaptionen
barocker Opernästhetiken. Im Übrigen, und das führt über
den Pariser „Éclat“ hinaus, sollte man mit Musikkritikern
ein wenig mehr Mitgefühl entwickeln: Sie haben mit ihrer „Sache“ oft
einen schweren Stand in ihren Publikationen. Editoren und Chefredakteure
verstehen unter Musikkritik immer mehr schnuckelige Eventartikel,
Reportagen und Klatschkolumnen. Nur sollten Kritiker diesen ihren
Frust nicht auf die Theater lenken, sondern gegen ihr eigenes Zeitungshaus.
Das gilt nicht nur für Frankreich. Gerhard Rohde
Kurs Musikjournalismus
Vom 16. bis zum 18. Juli 2003 findet an der „Akademie der
Bayerischen Presse“ in München ein Seminar „Musikjournalismus
und Musikkritik“ (Nr. 03-124) statt, Dozent ist der bekannte
Musikkritiker Werner Burkhardt von der Süddeutsche Zeitung.
Im Kurs werden unter anderem folgende Themen behandelt: Die Stellung
der Musikkritik innerhalb des Feuilletons; Spagat zwischen Distanz
und Nähe: Die Rolle des Musikkritikers zwischen Künstler
und Publikum; Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Pop-, Klassik-
und Jazzkritik oder Schreiben über Musik: Klischees, Fallstricke
und Hürden. Zielgruppe sind Printjournalisten, die Teilnehmerzahl
ist auf zwölf begrenzt. Nähere Informationen und Anmeldungen:
Akademie der Bayerischen Presse (www.akademie-bayerische-presse.de),
Tel. 089/ 499 992-10, weitere Informationen erteilt der Seminarleiter,
Claus Lochbihler, Tel. 089/49 9992-17, E-Mail: c.lochbihler@akademie-bayerische-presse.de
GATS – Handlungsfreiheit erhalten
Die Bundesregierung setzt sich nach den Worten von Kulturstaatsministerin
Christina Weiss dafür ein, bei den anstehenden GATS-Verhandlungen
zur weltweiten Liberalisierung von Dienstleistungen die kultur-
und medienpolitische Handlungsfreiheit der EU zu erhalten. Dabei
gebe es auch einen engen Austausch mit ihrem französischen
Amtskollegen Jean-Jacques Aillagon. Die Förderung von Kultureinrichtungen
oder die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks müsse beibehalten und auch künftig in eigener
Verantwortung neuen Bedürfnissen angepasst werden können.
Die EU habe beschlossen, im Bereich der kulturellen und audiovisuellen
Dienstleistungen kein Liberalisierungsangebot zu unterbreiten.
Flankierend dazu würden die beteiligten deutschen und französischen
Vertreter im Herbst zu einem „Runden Tisch Kulturelle Vielfalt“ zusammen
kommen. Christina Weiss reagierte mit ihren Äußerungen
auch auf jüngste Forderungen des Deutschen Kulturrates, dessen
Geschäftsführer Olaf Zimmermann Weiss zu mehr Engagement
in Fragen des Schutzes der Kultur bei den GATS-Verhandlungen aufgefordert
hatte. Zimmermann hatte auch kritisiert, dass das Thema Kultur
in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Bundestages am 7.
April keine Rolle gespielt habe. KIZ/dpa
Chordirigenten-Forum
Das 1. Chordirigenten-Forum des Bayerischen Rundfunks findet vom
8. bis 12. September 2003 mit dem Chor im Chorsaal des BR statt.
Die Künstlerische Leitung hat Michael Gläser. Die teilnehmenden
Dirigenten haben die Gelegenheit, mit einem Profichor zu arbeiten
und sich künstlerisch weiterzuentwickeln. Sie erhalten Feedbacks
von Professor Gläser und von Mitgliedern des Chores. Ziele
dieses Forums sind unter anderem die Nachwuchsförderung
und das Schließen des Vakuums, dass an Hochschulen und
sonstigen Ausbildungsstätten keine Erfahrugen mit Profivokalensembles
gesammelt werden können. Interessenten senden ein Foto,
Lebenslauf, eine Repertoireliste sowie eine Chorpartitut des
Wahlstückes. Nach der Anmeldung wählt eine Jury zwölf
qualifizierte Kandidaten aus, Anmeldeschluss ist der 5. Juli
2003. Kontakt: Bayerischer Rundfunk, Chorbüro, Rundfunkplatz
1, 80300 München, Tel. 089/59 00-22 43, chordesbr@brnet.de