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nmz-archiv
nmz 2003/05 | Seite 19-23
52. Jahrgang | Mai
Rezensionen
Kurz vorgestellt
CDs
Maurice Ravel: Ma mère l’oye; Gaspard de la nuit;
Pavane pour une infante défunte; La Valse; Juan José Chuquisengo,
Klavier
Sony SMK 87854
Es gibt ausgezeichnete Pianisten, die, aus welchen Gründen
auch immer, nicht im Zentrum der Öffentlichkeit stehen. Der
Peruaner Chuquisengo wählte vielleicht einen der künstlerisch
tiefgründigsten Wege in die Unöffentlichkeit. In den
80er-Jahren begegnete er Sergiu Celibidache, im Anschluss daran
zog er sich, von den neuen Erfahrungen tief beeindruckt, vom Konzertleben
weitgehend zurück: auf der Suche nach neuer Innerlichkeit.
Erst Jahre später spielte er wieder vor Publikum. Die Ravel-CD
lässt hören, wie intensiv er über Klang und seine
Genesis nachgedacht hat. Chuquisengo ist ein exorbitanter Musiker:
hochsensibel, jedem Ton nachlauschend, technisch stupend.
Eric Satie: Stücke in Bearbeitung für Saxophon und Klavier.
Bernfried Pröve: Hommage à Satie; Vlady Bystrov, Saxophon;
Nadia Naumova, Bernfried Pröve, Klavier
Edition Zeitklang ez-1109 (40328240 00122)
Satie in postmodernem Outlook, straight und gefühlig, salutiert
von einer Hommage von Bernfried Pröve, in der via Tonbandklänge,
Präperation des Klaviers und geschwungenem Melos die Sehnsucht
nach der radikalen Unabhängigkeit Saties anklingt.
Lieder von Claude Debussy und Wolfgang
Amadeus Mozart; Juliane
Banse, Sopran; András Schiff, Klavier
ECM 1772 (461899-2)
Mozart und Debussy unter verblüffend ähnlichem Lichteinfall.
Gute Musik hat ja so viele Brücken zueinander! Banse und Schiff
mit intensiver, darstellender Sensibilität, mit Witz und Innigkeit.
Klänge, die den Hörer locken, ihn betören, in den
Bann schlagen – und er braucht sein Folgen nicht (wie bei
den Sirenen) bereuen.
Portrait des Geigers Alois Kottmann (Werke von Bortkiewicz, Reger,
Finkbeiner, Händel, Kreisler, Schubert und anderen); Alois
Kottman, Violine; Richard Beckmann; Rudolf Dennemark, Günter
Ludwig, Klavier; Melisma 7202-2 (2 CDs)
Das Portrait eines Geigers, der die gewiss nicht immer ganz
souveräne
Technik absolut in den Dienst einer künstlerischen Idee steckt,
die heute zu verblassen droht: die Vermittlung humaner Werte durch
die Musik. Hierin setzte und setzt Kottmann nachdrücklich
Maßstäbe. Musik als mahnende Stimme, als Künderin.
Bratschenkompositionen von Mikhail
Glinka, Robert Schumann, Michael Kugel und Henryk Wieniawski (teilweise Bearbeitungen); Ilan Schneider,
Viola; Maria Meerovitch, Klavier
Podium WOW-018-2
Ilan Schneider, 1968 im litauischen Vilnius geboren, ist heute
erster Solobratschist im Philharmonischen Orchester von Luxembourg.
Neben dem grundsoliden, hellwachen und sehr musikantischen
Spiel verdient vor allem das entlegene Repertoire Beachtung.
Die Klassischen
Präludien von Michael Kugel (geb. 1946), eine Art von Reflexionen über
musikalische Stilformen, sind dankbar effektive Ergänzungen
für einen Bratschensonaten-Abend.
Reinhard Schulz
Buch
Peter Schleuning: Johann Sebastian Bach. Die Brandenburgischen
Konzerte (Bärenreiter Werkeinführungen), Bärenreiter,
Kassel u.a. 2003, zirka 194 S., € 12,90, ISBN 3-7618-1491-7
Dem bewährten Konzept der „Bärenreiter Werkeinführungen“ folgend,
stellt Schleuning im Hauptteil des Bandes die Konzerte nacheinander
in Werkinterpretationen vor, die einen unkomplizierten Zugriff
auf Analysen und Deutungen einzelner Sätze gewährleisten.
Den Rahmen bildet eine übersichtliche Darstellung der verschlungenen
Forschungsgeschichte.
Berthold Kloss/Heike Prange: Die Gitarre
(Reihe „Mein Instrument“),
Bärenreiter-Verlag, Kassel 2003, 32 S., € 14,90, ISBN 3-7618-1902-1
Zum Lustmachen auf das Instrument oder als ergänzende Lektüre
zum Gitarrenunterricht ist das großformatige Bilder-Lesebuch
gleichermaßen geeignet. Heike Prange, die bereits die Bände „Das
Klavier“ und „Die Violine“ aus der Reihe illustriert
hat, veranschaulicht die Texte in der „kleinen Gebrauchsanweisung“ zur
Gitarre auch bei komplizierteren technischen Erläuterungen
in instruktiver und ansprechendster Weise.
Robert Schumann: Musikalische Haus-
und Lebensregeln. Faksimile, Übertragung,
Textabdruck, hrsg. von Gerd Nauhaus (Schumann-Studien Sonderband
2), Studio Verlag, Sinzig 2002, 105 S., € 18,00, ISBN 3-89564-055-7
„Klimpere nie!“, wird einigen Klavierschülern noch heute in
den Ohren klingen. Die in Zusammenhang mit dem „Album für die Jugend“ entstandenen
Aphorismen hat das Robert-Schumann-Haus in Zwickau als Faksimile mit buchstabengetreuer Übertragung
zugänglich gemacht. Unter den angefügten Übersetzungen findet
man neben den drei klassischen fremdsprachlichen Fassungen von Liszt (französisch),
Pierson (englisch) und Cajkovskij (russisch) Übertragungen ins Italienische,
Spanische und Japanische.
Michael Wackerbauer
Noten
Marin Marais: Les Folies d’Espagne für Blockflöte
und Basso continuo, hrsg. von Johannes Tappert. Zimmermann ZM 30620
(2001)
Diese Tanzstücke vom Hofkomponisten Ludwig XIV. erhalten
mit ihren reichen Verzierungen improvisatorischen Charakter.
Ein anspruchvolles
Opus, bei dem die Gitarre sich in ihrer Rolle als Continuo-Partner
beweisen kann.
Francis Schneider: Musik-Porträts. Klingende Momentaufnahmen
für Klavier. Nepomuk MN 12030.
Visitenkarten für 19 Charakterfiguren, in der Klavierstunde
abzugeben: ob Clown, Spaßvogel, Plaudertasche oder Forschertyp – das
weckt Fantasie, belebt das Tastenspiel, mal ruhig gelangweilt,
mal gestresst, auf jeden Fall erfrischend und nicht schwer.
Ursula Keusen-Nickel (*1932): Fantasie
und Sardana für Piccolo,
Flöte, Violine (Altflöte) und Violoncello (1995). Partitur
und Stimmen. Tonger 3081-1 P.J.T.
Im Ensemble unkompliziert losmusizieren und nachempfinden:
Gemüt
und Lebensfreude katalanischer Landsleute im Kontrast sind
hier musikalisch eingefangen.
Johann Joachim Quantz: Zwölf Sonaten für Flöte
und B.c. in vier Bänden, hrsg. von Jost Nickel, Ursula Keusen-Nickel,
Roswitha Trimborn. Bd.I Nr. 100, 267, 279; Band II Nr. 280, 283,
289; Bd. III Nr. 291, 293, 297; Bd. IV Nr. 298, 306, 309. Tonger
3123-1/3122-1
Sechs aus 200 für Friedrich den Großen geschriebenen
Sonaten sind hier der Berliner Staatsbibliothek entlockt und erstmals
mit Bc-Aussetzung für die Spielpraxis in der Form publiziert
worden, dass neben dem Klavierpart die doppelt beigegebene Spielpartitur
Solo- und Cello vereinigt und zugleich die Urfassung erkennbar
bleibt. Ein die Musizierlust anspornendes, anspruchvolles großartiges
Sonatenwerk für die Traversflöte in gewissenhafter Edition.
Gehört zum Pflichtrepertoire.