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nmz-archiv
nmz 2003/06 | Seite 44
52. Jahrgang | Juni
Kulturpolitik
Karriereträume möglich machen
Weltföderation der Wettbewerbe diskutiert
Wer braucht den Wettbewerb überhaupt, fragten sich die Manager
der weltweiten Dachorganisation der über 100 bedeutendsten
Musikwettbewerbe bei ihrem Jahrestreffen in Poznan. Dort, wo sich
im Fünfjahresturnus, das nächste Mal 2006, die junge Geigenelite
in memoriam Henryk Wieniawski rund 80.000 $ Preisgelder erspielen
und von einer Weltkarriere gleich jenem sagenhaften Virtuosen des
19. Jahrhunderts träumen kann. Aber der Traum ist fast ausgeträumt
und damit der ursprüngliche Sinn und Wert der vielen Musikwettbewerbe
immer mehr in Frage gestellt, weil sich auch die Konzertagenten
und Orchesterdirektoren schon gar nicht mehr blicken lassen. Die
Flut der konkurrierenden Musikwettbewerbe für den Profi-Nachwuchs
hat den Wettbewerb als möglichen Karriereeinstieg abgewertet.
Also bleibt die Attraktion das Preisgeld und je mehr Anschlusskonzerte
den Preisträgern zusätzlich zugesichert werden, desto
höher steigen Ruf, Rang und Zahl der Bewerbungen.
Die in Genf beheimatete Weltföderation der Musikwettbewerbe,
die bald ihr Halbjahrhundert-Jubiläum feiern kann, hat inzwischen
den Bremsgang eingelegt und ist mit der Aufnahme weiterer Musikwettbewerbe
zögerlich, weil anspruchsvoll geworden. Sie lehnte die Aufnahme
zweier Bewerbungen aus Italien ab, wo sich in diesem Land ohnehin
hunderte Concorsi gegenseitig den Rang streitig und kaum Promotion
Versprechen machen. Dagegen fand das Konzept von zwei Bewerbungen
aus Japan Zustimmung: Ein neuer Opern- und ein Orgel-Wettbewerb,
so dass auch der Ferne Osten die Aufmerksamkeit für den Künstlernachwuchs
mehr und mehr auf sich zieht. Auffallend die Tendenz in der Wettbewerbsszene,
die sich bisher allein der hehren Klassikfamilie verschrieben hatte,
sich zu öffnen, zum Beispiel in Richtung Weltfolklore, und
in Diskussion kommt Jazz und Popularmusik, zumal diese mehr zum
Hochschulfach aufsteigt. Oder neben Profi- auch Amateurkategorien
einzurichten und Publikumsjurierung einzubinden. Denn es wird immer
brennender, sich auch um der Künstler Hörerschaft von
Morgen Gedanken und Sorge zu machen und mit der Macht der Medien
auseinander zu setzen. Gelegenheit dazu ist erneut in Celle, wo
nächstes Jahr der Joachim-Wettbewerb Hannover seine Manager-Kollegen
willkommen heißen will.