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nmz-archiv
nmz 2003/7-8 | Seite 4
52. Jahrgang | Jul./Aug.
Cluster
Ausklang
Der Abschied ist leise, kaum einer hat ihn bemerkt, niemand hat
sich dagegen aufgelehnt. Mit Wolfgang Rihm und Siegfried Matthus
haben zwei prominente Komponistenpersönlichkeiten den Aufsichtsrat
der GEMA verlassen, beziehungsweise sind in einer Stellvertreterrolle
(Rihm) auf der Ersatzbank gelandet. Wir bedanken uns für die
ge- leistete Arbeit im Namen aller musikalischen Urheber. Macht’s
gut und noch ein schönes Wochenende. Denn man hat von Seiten
der Neuen Musik Szene einen adäquaten Ersatz gewählt bekommen:
Enjott Schneider, den Komponisten des besetzungstechnisch aufwändigsten
Wer-kes der Gegenwart, der Glockensinfonie „Lied an das Leben”
(1998), für Soli, Chor, Orgel und großes Sinfonieorchester,
nach Texten aus dem Konzentrationslager Buchenwald – mit rund
500 Mitwirkenden das größte sinfonische Werk.
Aber wo sind denn die andern aus der sogenannten E-Musik? Die
Lachenmanns, die Zenders, die Spahlingers, die Eggerts…? Hat
wirklich keiner Lust gehabt, für die Wahl in den Aufsichtsrat
der GEMA sich bereit zu stellen, oder war da gar eine Angst, nicht
gewählt zu werden? Man kann es ja verstehen, Komponieren und
Verwalten, Komponieren und gute Bedingungen für Komponisten
schaffen, das sind drei Dinge, die nicht gut zusammenpassen wollen,
nicht wahr? Das überlässt man dann lieber einem Jörg
Evers, dem Komponisten von Filmmusiken zu „Werner-Beinhardt”,
„Voll Normaal”, „Manta Manta” oder „Ballermann
6”. Wo bleibt da ihre Kontrakadenz, Herr Lachenmann? Aber
was soll‘s, im GEMA-Statement
von Enjott Schneider wird gezeigt, welchen Platz die „Neue
Musik” einnehmen möge: „,Neue Musik‘ sollte
sich attraktiver machen und statt eines 5-Prozent-Publikums jene
weiteren 30 Prozent zurückgewinnen, die aus Frustration vor
einem zu verengten Begriff zeitgenössischer Musik dann zu ,musealen
Musikformen‘, zu Popmusik oder zu Crossover-Musik sich zurückgezogen
haben… Mehr Wirkungsästhetik statt selbstreflexive Werkstrukturen.”
Eben! Wer wirken will, muss wirken wollen und wer mitwirken will,
muss auch mitwirken wollen. Also später nicht zetern, jammern
und klagen: über die GEMA, über das System und dass die
Welt so ungerecht ist – wer seine Recht nicht wahrnimmt, wird
seine Rechte nicht wahrnehmen können.