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nmz-archiv
nmz 2003/12 | Seite II
52. Jahrgang | Dez./Jan.
Weihnachtsbeilage 2003:
Bücher, Hörbücher und CDs
Warm, anziehende Ausstrahlung
Porträt der „zentralen Frau in Wagners Leben“:
Minna
Eva Rieger: Minna und Richard Wagner. Stationen einer Liebe,
Artemis & Winkler, Düsseldorf/Zürich 2003, 444 S.,
Abb., € 28,00, ISBN 3-538-07154-3
Die Ehe von Minna Planer und Richard Wagner dauerte etwa 30 Jahre.
Als Minna 1866 in Dresden starb, lebte das Paar nach langjährigen
Reibungen und Kämpfen bereits vier Jahre getrennt. Das Minna
Wagner-Bild ist bis heute sehr widersprüchlich. Anhand der
umfangreich erhaltenen Zeitdokumente hat Eva Rieger ein Bild der
ersten Ehe des Komponisten nachgezeichnet und laut Angaben des Verlages
„das gültige Porträt der zentralen Frau in Wagners
Leben“ vorgelegt.
„Das gültige Porträt der zentralen Frau in Wagners
Leben“, dieser Slogan liest sich wie eine Flucht nach vorn.
Das Gefühl bestärkt sich mit zunehmender Lektüre.
Zwar waren die Eheleute lange und bis zur Erbitterung aneinander
gebunden,doch, dass Minna die „zentrale“ Frau in Richard
Wagners Leben gewesen sei, bleibt auch am Ende von Eva Riegers sozialwissenschaftlicher
Studie mehr als fraglich. Es sei denn, man beharrt bei der Lesart
des Begriffs „zentral“ auf der Anzahl gemeinsam verbrachter
Jahre. Es ist jedoch weder fair noch korrekt, Minna als blasse Persönlichkeit
zu zeichnen. Ein solches Minna-Wagner-Bild ist tatsächlich
unbefriedigend. Ein unterschiedlicher Bildungsstand muss kein Gradmesser
des „Miteinan-der-leben-könnens“ sein.
Auch macht die Dialektik von Ausbildung und monetären Möglichkeiten
der Elternhäuser im 19. Jahrhundert die Charakterisierung eines
Menschen nach Herkunft und Schulbildung eher schwierig. Minna Wagner
beweist in ihrer Ehe häufig Vernunft, Stehvermögen und
bewahrt sich lange eine warme, anziehende Ausstrahlung.
„Stationen einer Liebe“ heißt der Untertitel
des Buches. Hier ist wohl Endstation.